• Dezember 19, 2021
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Fayan im Gespräch: „Der Song Pandora ist das Persönlichste, was ich je geschrieben habe“.

Cloud-Trap, Friedrich-Nietzsche-Referenzen und hier und da eine ordentliche Ansage: Fayans „Genuin EP“, die Ende Oktober veröffentlicht wurde, ist ganz bestimmt nicht langweilig. 

Deine neue EP trägt den Titel „Genuin“, was echt bedeutet. Was macht dich zu einem authentischen Künstler?

Fayan: Es gibt für mich keine wichtigeren Prinzipien als Ehrlichkeit, Loyalität und Aufrichtigkeit. Egal ob in zwischenmenschlichen Beziehungen oder eben in der Musik. Deswegen sind großartige Künstler für mich zum Beispiel Michael Jackson, Kendrick Lamar, Kid Cudi oder Casper. Ich finde, dass diese Menschen vor allem als Person – und folglich dann als Künstler – authentisch wirken, weil sie in ihrer Musik die verschiedensten Charakterzüge zulassen. Ich bin ja auch nicht jeden Tag übertrieben nachdenklich oder rund um die Uhr im Turn-Up-Modus, sondern immer irgendwo dazwischen – und genau diese Stimmungen tauchen komplett in meiner Musik auf. Ich rappe nur das, was ich bin, was ich erlebe und was mich ausmacht.

Deine Texte sind deep und voller Inhalt. Welche Themen sprichst du auf „Genuin“ an?

Fayan: Weil ich kryptische Sprache und Symbolik liebe, bin ich kein Fan davon, Dinge eins zu eins zu benennen. Aber es gibt beispielsweise den Song „Credo“. Darin geht’s um den ewigen menschlichen Drang, etwas auf der Erde zurückzulassen und das obwohl alles auf der Welt vergänglich ist. In „Holy Water“ spreche ich über das (dann doch verhinderte) Sich-Selbst-Verlieren in völlig durchzechten und in Alkohol getränkten Partynächten. Es gibt aber auch Tracks, die extrovertiert nach vorne brettern, wie der Titelsong „Genuin“, das US-Westcoast-angehauchte „Narkolepsie“ oder der mittlerweile dritte Teil der „lndigo“-Reihe.

Welcher Song liegt dir besonders am Herzen?

Fayan: Definitiv „Pandora“. Das ist das Persönlichste, was ich jemals geschrieben habe – mein Leben, meine Erlebnisse, all meine unausgesprochenen Geheimnisse, meine Pandora. Der Song basiert auf der Erzählung aus der griechischen Mythologie und genauso habe auch ich meine ganz eigene metaphorische Büchse, in der alles drin ist. Der Song wirkt erstmal easy, aber wenn man genau hinhört, merkt man, was da wirklich dahinter steckt. Das war auch der Plan, als PzY und ich im Studio an dem Track gearbeitet haben: Wir haben einen musikalisch einfacheren Zugang als sonst, dem gegenüber steht aber der deepe Text.

In der Single „Credo/Holy Water“ finden sich Referenzen zu George Orwell und der heiligen Schrift. Liest du viel, um dich zu inspirieren?

Fayan: Ich bin einfach ein von Grund auf interessierter Typ. Ob Bücher, Magazine, Blogs, Gespräche mit Menschen, Menschen an sich… ich habe immer Bock, neue Sichtweisen, Meinungen und Geschichten zu hören. Auf dem Song „Pandora“ gibt es auch einen Querverweis auf Friedrich Nietzsches Schrift „Menschliches, Allzumenschliches“ aus dem Jahre 1878 und seiner Vorstellung von der Hoffnung, weil ich diese Beschreibung unfassbar interessant und stark fand.

Oberkirch in Baden ist definitiv beschaulicher als Berlin oder New York. Wie stark bist du deiner Heimat verbunden?

Fayan: Ich glaube, dass der Geburtsort eines Menschen viel im Leben vorbestimmt, vor allem wenn man aus einer Kleinstadt im Schwarzwald kommt. Entweder liebt man seine Heimat oder man hat diesen extremen Drang danach, raus in die weite Welt zu ziehen. Bei mir vereinen sich gerade beide Gefühle. Ich beschreibe Oberkirch immer als hässlichschönste Stadt, denn eigentlich ist es hier perfekt: Die Landschaft, die Umgebung usw. Aber wenn man hier geboren und aufgewachsen ist und wie ich an etwas Größeres glaubt und versucht, rauszukommen, dann kann die kleinstädtische Realität sehr ernüchternd sein.

Zusammen mit deinem Produzenten PzY hast du einen melodischen Sound zwischen Rap und Trap kreiert. Bist du immer so gechillt? Oder gibt es auch Songs, die wütender klingen?

Fayan: Khrrr, gute Frage. Also ich bin tendenziell gechillt, weil ich mir immer vor Augen führe, dass das Leben doch gar nicht so schlimm ist. Deswegen mache ich auch niemals aus einer Mücke einen Elefanten – wahrscheinlich eher umgekehrt. Dass ich immer so entspannt bin, bringt gerne auch mal mein Gegenüber zur Weißglut. (lacht.) Es gibt aber auch definitiv Sachen, die mich auf die Palme bringen: Ungerechtigkeit zum Beispiel oder wenn missgünstige Leute meinen, mir völlig aus dem Nichts an den Karren pinkeln zu müssen. Und daraus entstehen dann eben auch angriffslustige Songs wie „Genuin“ oder „Indigo #3“.

Was wird dein nächster Schritt sein, jetzt wo die EP released ist?

Fayan:  Wir haben bis zum Release-Tag insgesamt vier Songs visualisiert – und es werden noch weitere Videos zur „Genuin EP“ folgen. Wir schauen dann, wie sich der Release entwickelt und in welche Richtung es gehen wird. 2018 planen wir auf jeden Fall, im Vier- bis Sechswochentakt neue Songs zu droppen und nicht nachzulassen. Wir sind aus eigener Kraft und Leidenschaft schon bis hier gekommen und wir haben jetzt nicht vor, das Feld zu räumen. Es geht gerade erst los.