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„Im vorderen Teil des Auges, da bin ich zu Hause"
Prof. Dr. med. Andreas G. Böhm kann für dem Kampf gegen das Glaukom auf das Equipment seiner hochmodernen Augenarztpraxis zurückgreifen.
Zwischen zwei Operationsterminen trafen wir den Augenarzt und Spezialisten für die Glaukombehandlung. Wir fragten Professor Böhm, der zusammen mit Frau Dr. med. Anne Lux das AugenCentrum Dresden in der Trompeterstraße leitet, nach den Eigenarten und Therapiemöglichkeiten des auch „grüner Star“ genannten Glaukoms.
Wie stellt man bei sich ein Glaukom fest ?
Böhm: Im Grunde hat der Betroffene keine Möglichkeit, die Krankheit selbst wahrzunehmen. Häufig haben wir Patienten, die nie zum Augenarzt gegangen sind, deren Sehfähigkeit über die Jahre abnimmt und die dann erst beim Optiker erfahren, dass mit Sehhilfen nichts mehr zu machen ist. Beim Augenarzt angekommen, kann der dann nur noch eine starke Schädigung des Sehnervens feststellen und versucht alles, um wenigstens die aktuelle Sehfähigkeit zu retten. Der Volksmund spricht zu Recht von einer „schleichenden Erblindung“ von der man einfach nichts mitbekommt. Weder spürt also der Patient den hohen Augeninnendruck, noch nimmt er die faktische Einschränkung des Sichtfeldes durch die ausgefallenen Nervenfasern wahr, da zunächst nur das periphere Sehen betroffen ist. Eine Ausnahme ist das sogenannte Winkelblockglaukom, bei dem es zu einer akuten Abflussstörung des Kammerwassers aus dem Auge kommt. Der Patient sieht die Umwelt verschwommen, ihm wird übel und es sind vor allem die starken Schmerzen, die ihn notfallmäßig zum Augenarzt treiben. Dann misst der Augendruck nicht nur 20 sondern 50 oder 65 Torr und das tut richtig weh!
Wie erkennt der Augenarzt die Glaukomerkrankung?
Böhm: Der Augenarzt erkennt die Glaukomerkrankung durch die Untersuchung des Sehnervenkopfes, denn dort zeigt sich die Schädigung. Zusätzlich sollte der Augeninnendruck gemessen werden, da ein zu hoher Augeninnendruck meist die Ursache für die Sehnervenschädigung ist. Es kann tückischerweise aber auch vorkommen, dass ein Sehnervenschaden entsteht und der Druck ganz normal ist. Der Sehnerv ist dann einfach empfindlicher als normal.
Das heißt, der Augeninnendruck ist nicht notwendig, um ein Glaukom zu erkennen?
Böhm: Der Augeninnendruck ist der wichtigste Risikofaktor für ein Glaukom, den wir kennen. Aber knapp die Hälfte der Glaukompatienten hat einen normalen Augeninnendruck und trotzdem ein Glaukom. Deshalb ist es so wichtig bei der Glaukomvorsorge nicht nur den Augeninnendruck zu messen, sondern auch den Sehnervenkopf zu beurteilen, um eine eventuelle Schädigung festzustellen. Neben dem Augeninnendruck gibt es noch weitere Risikofaktoren, wie ein zu niedriger oder zu hoher Blutdruck oder eine starke Kurzsichtigkeit. Auch Krankheitsfälle in der Familie deuten auf ein Glaukomrisiko hin. Auf jeden Fall sind dies gute Gründe, um beim Augenarzt eine Glaukomvorsorge durchführen zu lassen. Leider wird die Glaukomvorsorge nicht von den Krankenkassen übernommen. Die Kosten von ca. 20 Euro müssen von den Patienten leider aus eigener Tasche bezahlt werden. Die Untersuchung sollte ab dem 40. Lebensjahr geschehen und sich etwa alle zwei Jahre wiederholen.
Wie gehen Sie dann hier im AugenCentrum gegen die Krankheit vor?
Böhm: Ist der Augeninnendruck zu hoch, versuchen wir zunächst mit Augentropfen oder Laserbehandlung den Augeninnendruck zu senken. Ob Augentropfen oder Laser, das ist im Grunde eine Geschmacksfrage; oft bevorzugen Patienten die Laserbehandlung, um die Augentropfenanwendung hinauszuzögern. Die Laseranwendung mindert den Druck, hält aber meist nur wenige Jahre an. Man kann den Eingriff zwar wiederholen, hat aber letztlich keine Lösung für die Ewigkeit vollbracht. Wenn wir merken, dass beide Methoden nicht mehr fruchten, müssen wir operieren. In der Regel präparieren wir eine Art Überdruckventil in die Augenwand. Alternativ führen wir auch mikroinvasive Eingriffe durch, um das Auge durch die Operation möglichst wenig zu belasten. So setzen wir z. B. einen Gelstent mit einem Lumen von nur 45?m in die Augenwand ein, über den die Flüssigkeit unter die Bindehaut abfließen kann und somit der Augeninnendruck sinkt.
Wie sehen Sie als Forscher, der am Uniklinikum zu diesem Thema geforscht und veröffentlicht hat, die Entwicklung der Glaukomtherapie?
Böhm: Die in der Glaukomforschung tätigen Kollegen in Deutschland sind sehr zahlreich vertreten, und auch international gibt es eine große Forscher-Community zu dem Thema. Es wird dort in letzter Zeit viel über Stammzellentherapie nachgedacht, mit der die hochsensiblen, durch das Glaukom geschädigten Sehnervenfasern ersetzt werden sollen. Dabei stehen die Wissenschaftler aber immer wieder vor dem Problem, das hochkomplexe System der Ganglien und Rezeptoren nicht punktgenau regenerieren zu können. Man könnte sich vorstellen, dass spätere Generationen im Rahmen der Gentherapie heilen könnten, aber das ist dann wirklich Schnee von über-, über-, übermorgen. Es bleibt dabei: Das einzige was wir therapeutisch heutzutage machen können, ist schlicht, den Augeninnendruck zu senken.
Wird man das Glaukom jemals heilen können?
Böhm: Für uns Augenärzte wird immer wieder deutlich: Wir haben die Ursache der Krankheit noch nicht richtig verstanden. In der Forschung kann es deshalb zunächst nur darum gehen, die Pathomechanismen, sprich: die Krankheitsverläufe im Augeninnern zu verstehen. Man versucht durch Medikamente die Sehnerven widerstandsfähiger gegenüber dem hohen Augeninnendruck zu machen. Es wird auch versucht den programmierten Zelltod, also den Selbstzerstörungsmechanismus der Nervenzellen, zu stoppen, der letztendlich durch den zu hohen Augeninnendruck ausgelöst wird. Außerdem werden neue Diagnostikverfahren entwickelt, um schon frühe Veränderungen des Glaukoms erkennen und so die Erkrankung schon frühestmöglich behandeln zu können.
Wie sind Sie selbst zum Glaukom gekommen?
Böhm: Gleich nach meinem Studium in Hamburg hatte ich das Glück in dem Glaukomlabor der dortigen Universitätsaugenklinik mitarbeiten und forschen zu dürfen. Diese mich faszinierende Arbeit habe ich während eines Fellowships in den USA vertieft, mit dem sich dort die Augenärzte nach der allgemeinen Augenarztausbildung weiter spezialisieren können. Neben der Glaukomchirurgie liegt mein Schwerpunkt in der Linsenchirurgie, also im vorderen Teil des Auges, da bin ich zu Hause.
Wie entstand das AugenCentrum Dresden?
Böhm: Nach meiner Tätigkeit als leitender Oberarzt an der Dresdner Universitätsaugenklinik wurde ich Chefarzt der Augenklinik Radebeul. Es war immer mein Wunsch neben der Kliniktätigkeit auch in einer eigenen Praxis zu arbeiten. Als dann im Rahmen des demographischen Wandels eine neue KV-Ausschreibung stattfand, habe ich mich zusammen mit meiner Oberärztin Frau Dr. Lux mit dem Augenzentrumsprojekt beworben. Mit der Zulassung in der Hand, gelang es uns, eine Augenarztpraxis auf die Beine zu stellen, die mit Diagnostikzentrum, einem OP-Zentrum mit zwei Operationssälen eine Patientenbetreuung sichert, die in technischer und fachlicher Hinsicht auf dem modernsten Stand ist. Durch die zentrale Lage in der Nähe des Hauptbahnhofs sind wir auch für Patienten aus dem Umland, in dem oft Augenarztmangel herrscht, sehr gut erreichbar. Die Operationen, die wir am häufigsten durchführen, sind Operationen an der Augenlinse: Von der „Standard“ Grauer Star Operation bis hin zu Speziallinsen wie torischen Multifokal-linsen, die ein Sehen ohne Brille ermöglichen, führen wir alle Eingriffe durch.