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Das Außer-Gewöhnliche passiert nicht auf gewöhnlichem Weg

Wie Europas Motivationstrainer Nummer eins aus trägen Typen dynamische Unternehmer macht

Als ich zu dem Vortrag von Motivationstrainer Jörg Löhr fuhr (der „Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft“ hatte eingeladen), motivierte ich mich schon mal vorab: Dach auf, Musik an und laut singen. Das machte im Kostüm und im Stau zwischen den Anzugträgern, die auch auf dem Weg zum Vortrag waren, schon mal Spaß.

Ich persönlich mache so etwas nur, wenn ich zu einem Motivationsseminar fahre. Also das erste Mal und sonst nie. Aber ich dachte, es wäre ein guter Einstieg.

Den fand Jörg Löhr auf der Bühne dann auch schnell. Mit dem Mikrofon am Headset motivierte er zuerst mal die Zuschauer zum Zuhören. Schnell sprang der Funke über.

Zuerst erklärte er, was Selbstständigen, Chefs, Menschen in Führungspositionen und Leuten, die im Leben etwas erreichen wollen, die Tage so schwer machen kann, dass man sagt: „Keine Lust mehr!“ Es ist der ständige Preiskampf, die ständige Veränderung der Märkte und der Kampf um Wahrnehmung. Was nützt ein guter Mensch, wenn ihn keiner bemerkt. Was soll ein gutes Produkt, wenn es keiner sieht.

Der Motivationstrainer sprach über Entscheidungen. „Wir sind Menschen. Jede Entscheidung ist emotional. Wenn man Ihnen mit Zahlen und Fakten kommt, ist das nur eine rationale Begründung für eine emotionale Entscheidung.“

Dann sprach er über Unternehmensführung und die „lieben Mitarbeiter“. Was allen klar wurde, ein Chef hat es nicht leicht. Nach einer Studie der Towers Perrin Gobal Workforce Study 2006 teilen sich die Mitarbeiter in drei Gruppen: 70 Prozent sind bei der Arbeit nicht mit dem Herzen dabei, 15 Prozent unterstützen die gegenwärtigen Methoden des Unternehmers und 15 Prozent boykottieren das eigene Unternehmen sogar. An dieser Stelle wollte ich aufstehen und gehen. Meine Illusion, alle meine Mitarbeiter (na zumindest die meisten) würden genauso für unsere Produkte brennen und bei Erfolgen jubeln wie ich, wurden von diesem Herrn auf der Bühne weggeblasen. Doch wenn ich es mir recht überlegte, fielen mir auch für die 15 Prozent der Boykotteure Beispiele ein. Das war eigentlich eine Frechheit, sie mussten den Job doch nicht machen. „Die Boykottierenden haben innerlich schon gekündigt, trauen sich aber den Schritt nicht zu oder brauchen das Geld“, so Löhr. Nach einer Studie von Kienbaum würde durch diese gemeinen Mitarbeiter ein „Motivationsloch“ von 240 Milliarden Euro jährlich entstehen. Irre!

Nach aktuellen Erkenntnissen sind den Angestellten im Job folgende drei Dinge am wichtigsten:

1. Ein Interesse des Chefs am Wohlergehen seiner Mitarbeiter.
2. Die Förderung ihrer beruflichen Fähigkeiten.
3. Der Chef soll Vorbild sein im Sinn der Unternehmenswerte. 

Erst an letzter Stelle stehe der Lohn, und den machten die Mitarbeiter nicht an der Höhe fest, sondern daran, dass er nachvollziehbar und angemessen sei. Ich war noch nicht gegangen, sondern saß immer noch zwischen den rund 500 Zuhörern und wartete auf seinen Lösungsvorschlag. Erst der Schock, dann der Weg heraus aus der Krise. Oder nicht?

„Raus aus der Komfortzone“, rief er ins Publikum und holte uns aus unserem Selbstmitleid. Zuerst müssen wir uns selbst motivieren, dann klappt das auch mit den anderen Mitarbeitern. „Draußen ist der wilde Spaß!“ Erklärend meinte er: „Die Komfortzone kann nach einer gewissen Zeit zur Komfortfalle werden. Man wird träge, hängt an Gewohntem und kann nicht wachsen.“ Entscheidungen, Veränderungen, Flexibilität. Er gab uns 72 Stunden Zeit, in unserem Leben, Job oder Unternehmen gravierende Veränderungen vorzunehmen. „Wer nach einem Entschluss länger wartet, schafft es nie.“ Wow - 24 Stunden sind schon vorbei … Den „Wow-Effekt“ stellte der Motivationstrainer übrigens als Basiselement für Erfolg und Zufriedenheit dar. Wer keine Situationen mehr hat, bei denen er und seine Geschäfts­partner oder Mitmenschen „Wow“ sagen können, hat verloren.

Nach diesem Teil wusste ich wieder, warum ich so viel Kraft und Mühe in meine Ideen und Projekte steckte. 

„Man muss für eine Sache brennen“, rief Löhr. „Nur dann kann man bei anderen ein Feuer entfachen.“ Nun, ich „brenne“ immer noch für die Ferne, die Freiheit, das Leben, fremde Länder. Aber ich „brenne“ natürlich auch für meine Magazine, meine Sprachschule und für mein Kind. Ich bin wie das Tau beim Tauziehen und zerre selbst an beiden Enden. Und dabei bin ich doch bei beiden Richtungen äußerst motiviert. Was nun, Herr Löhr?

Nun, wie immer hatte ich anscheinend ein besonderes Problem, das die anderen Teilnehmer nicht betraf. Denn man sah, wie sich ihre Mienen aufhellten und sie eine gewisse Körperspannung entwickelten. Der Mann da vorn war aber auch gut.

 

„Die Ansprüche erhöhen“, empfahl er gerade. Je höher die eigenen Ansprüche, desto mehr Energie hätte man zur Verfügung, diese zu erfüllen. Außerdem müsste man alte Glaubenssätze und Überzeugungen hinterfragen und ändern, Strategien finden und den Erfolg visualisieren. „Ihr Unterbewusstsein unterscheidet nicht zwischen einer gemachten und einer vorgestellten Erfahrung.“ Wenn man denkt, es hätte einmal geklappt, wäre man überzeugt vom nächsten Erfolg. Außerdem sollten wir den Blickwinkel ändern, weil wir uns dann anders verhalten würden und andere, im besten Fall bessere, Resultate bringen würden. Eine Richtung, ein Ziel und Optimismus empfiehlt der Trainer, der selbst mehrere Firmen besitzt.

Die eigene Persönlichkeit spiele beim Erfolg eine wichtige Rolle. Der Erfolg hinge zu 15 Prozent von der Fachkompetenz und zu 85 Prozent von der persönlichen Kompetenz ab. Jörg Löhrs persönliche Kompetenz war gewaltig. Sein Charisma überzeugte, seine Rhetorik riss die Leute mit.

„Das Außergewöhnliche passiert nicht auf gewöhnlichem Wege“, gab er uns mit, und ich nickte meinem Nachbarn lächelnd zu. Er nickte kräftig zurück und ballte die Fäuste. Löhr erinnerte uns an die 72 Stunden … „Aufschub ist die tödlichste Form der Ablehnung“, meinte er, bevor der Applaus losbrach.

Jörg Löhr ist 94-facher Handball-Nationalspieler, Europa-Cup-Sieger, Deutscher Pokalsieger und mehrfacher Deutscher Meister und gilt heute als der angesehenste und kompetenteste Management- und Persönlichkeitstrainer im deutschsprachigen Raum. Er betreut Spitzensportler, Nationalmannschaften sowie Bundestrainer, und seine Referenzen im Firmenbereich lesen sich wie das „Who is Who" der Unternehmenswelt. Als Redner und Trainer wurde Jörg Löhr mehrfach ausgezeichnet und als erster deutscher Referent im Jahr 2006 von der German Speakers Association anlässlich der Ehrung für sein Lebenswerk in die „Hall of Fame" aufgenommen. In seine Vorträge lässt der Bestsellerautor ständig neueste Erkenntnisse und Erfolgstechniken einfließen und gibt diese nicht nur als Referent, sondern auch als Lehrbeauftragter der Uni Augsburg weiter.

Anja K. Fließbach