- Januar 22, 2022
- 3599 Aufrufe
Disy sprach mit dem Präsidenten des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, DeHoGa, Guido Zöllick
Das Gastgewerbe ist eine wachsende Dienstleistungsbranche mit mittelständischer Prägung. In rund 220.000 Betrieben sind fast zwei Millionen Menschen beschäftigt. Dazu kommen noch einmal 56.000 Auszubildende. In Dresden gibt es insgesamt 4.890 Restaurants und ähnliche gastronomische Einrichtungen. Warum ist die Gastronomie und Hotellerie so wichtig für die Deutsche Wirtschaft?
Zöllick: Was wäre ein Dorf ohne Wirtshaus? Richtig - die Mitte würde fehlen. Unsere Branche hält regionale Wirtschaftskreisläufe am Leben. Wir stehen für Lebensqualität, Lebensfreude und Genuss. Wir sind die öffentlichen Wohnzimmer und Orte der Kommunikation.
Vertreten Sie eine Boombranche?
Zöllick: Gastronomie und Hotellerie gehören zu den größten Arbeitgebern und Ausbildern im Land. Wir sind standorttreu. Wir verlagern keine Arbeitsplätze ins Ausland. Wir zahlen hier unsere Steuern.In den vergangenen zehn Jahren haben die Betriebe des Gastgewerbes fast 290.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen. Das ist ein Plus von 39 Prozent. Nur zum Vergleich: 18 Prozent waren es in der Gesamtwirtschaft. Die Branche steuert auf das siebte Wachstumsjahr in Folge zu. Dennoch wächst die Branche nicht so wie sie könnte?
Welche Aspekte muss man optimieren, damit das Wachstum noch stärker ausfällt?
Zöllick: Nachwuchsgewinnung, den Bürokratieabbau, die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes sowie die steuerliche Gleichbehandlung der Gastronomie.
Warum gibt es in Ihrer Branche eine große Personalnot?
Zöllick: Unser Geschäft ist sehr personalintensiv. Als Beispiel: Wenn wir einen Euro Umsatz machen wollen, brauchen wir sechs Mal so viel Personal, wie im Lebensmitteleinzelhandel. Oder 15 Mal so viel wie in der Automobilindustrie. Das heißt, wir müssen sehr viele Menschen für unseren Bereich gewinnen. Die Hauptgründe für den Nachwuchsmangel liegen in der Demografie und im Trend zum Studium. Vor lauter Bachelor- und Masterabschlüssen haben wir vergessen, worum uns die ganze Welt beneidet: um die duale Ausbildung. Heute gibt es doppelt so viele Studenten wie Azubis, auf der anderen Seite einen nie gekannten Fachkräftemangel in vielen Branchen. Wir erwarten, dass die Politik aufhört, das Studium einseitig zu glorifizieren Wir müssen gemeinsam für die duale Ausbildung werben. Sie ist für viele junge Menschen das bessere Rüstzeug für einen erfolgreichen Berufsweg.
Was kann denn das Hotel- und Gastronomiegewerbe potentiellen Bewerbern bieten?
Zöllick: Da ist viel dabei. Bei einem Hotel z. B. geht es vom Ingenieur, der in der Technik arbeitet, über Leute, die Abitur benötigen, um ihre Ausbildung im dualen Studium zu machen oder eben auch Schulabbrecher, die eine Fachkraft in der Küche werden können. Das Profil unserer Branche ist sehr vielfältig und das ist eine große Chance, die wir haben. Aber wir müssen zu den Menschen gehen. Es ist nicht mehr so wie früher, dass die jungen Menschen zu uns kommen und sagen, dass sie eine Ausbildung bei uns machen möchten. Wir als Arbeitgeber müssen uns mehr bewegen. Das haben noch nicht alle verstanden.
Welche Rahmenbedingungen muss die Politik verbessern?
Zöllick: In unserer Branche gibt es viel zu viel Bürokratie. Da geht es um Hygienevorschriften, da geht es um Arbeitsschutz in der Küche oder um bauliche Regularien da geht es um Arbeitszeiten, um Dokumentation bezüglich des Mindestlohngesetzes. Es gibt viele Bestimmungen, die nur für unsere Branche gelten und uns das Leben schwer machen.
Wird die Hotellerie und Gastronomie unfair behandelt?
Zöllick: Die Politik muss dafür sorgen, Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen. Für frisch zubereitetes Essen in den Restaurants bezahlen sie 19 Prozent Mehrwertsteuer. An der Pommes-Bude bezahlen sie sieben Prozent und sie müssen im Laufen essen. Das ist nicht gerecht. Denn es geht in beiden Fällen darum, Menschen zu versorgen und wenn wir einen geminderten Mehrwertsteuersatz einsetzen, um einen Grundbedürfnis zu erfüllen, dann ist dieses Bedürfnis ebenfalls in einem Restaurant erfüllt und nicht nur an der Imbissbude. Wahrscheinlich ist es im Restaurant noch gesünder als an der Imbissbude. Es gibt so widersprüchliche Dinge wie Hundefutter, das mit sieben Prozent besteuert wird und somit vom Staat bezuschusst wird. Schulessen nicht. Da fehlt einem schon ein bisschen das Verständnis.
Was macht ein Gutes Gasthaus aus?
Zöllick: Als Gast würde ich jetzt antworten: Die Herzlichkeit und die Wärme, die ich in einem Haus verspüre. Das kann man über die Einrichtung erreichen, aber überwiegend wird das über über die Menschen transportiert, die dort arbeiten.