- Januar 23, 2022
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Richard Fordham ist der Experte für gutes Fleisch in Dresden
Was ist für Sie gutes Fleisch?
Fordham: Ein wichtiger Punkt ist die Herkunft des Fleisches. Von einem kleinen Bauern mit Herz schmeckt es am besten. Das Fleisch aus diesen Läden ist qualitativ häufig sehr gut. Auch die verschiedenen Rassen sind wichtig. Angus oder Wagy ist ein Unterschied. Und natürlich wie die Tiere gehalten werden. Wenn sie in Massen gefüttert, sehr jung geschlachtet und mit Wasser gespritzt werden, weiß man, dass das kein gutes Fleisch ist. Wir haben das alles schon erlebt in dieser Branche. Manchmal wundert man sich, warum ein Steak dampft, wenn man es auf den Grill legt. Das liegt am Wasser. Das Steak ist am Anfang sehr groß und wird während des Grillens ganz klein. Das Fleisch der Tiere wird gespritzt, dadurch gibt es mehr Masse und mehr Geld, denn Fleisch wird in Kilo bezahlt. Billiges Fleisch sollte es nie geben. Lieber teurer, aber weniger. Das ist ganz schlimm heutzutage.
Macht Sie das wütend?
Fordham: Es ist schwer. Für viele Menschen ist das eine Geldfrage. Aber so ein Steak aus dem Supermarkt ist einfach kein Fleisch und hat nichts damit zu tun, was wir hier anbieten. Unsere Steaks haben eine Marmorierung. Denn das Fett ist sehr wichtig.
Haben Sie Verständnis dafür, dass viele Leute kein Fett mögen?
Fordham: Nein, das verstehe ich nicht. Erstens ist Fett nicht schlecht, sondern wichtig für den Geschmack. Manche Leute denken Fett macht dick oder schwächt das Herz. Das ist Quatsch, es gibt Energie. Kohlenhydrate und Kartoffeln oder Pasta nach 18 Uhr Abends - das sollte man lieber lassen.
Woher beziehen Sie Ihr Fleisch?
Fordham: Ich fahre jeden Monat zu Möbius nach Chemnitz. Wenn wir Fleisch holen, achten wir daher immer darauf, dass das Fleisch nicht zu klein ist. Bei Möbius schaue ich mir die Tiere an und wie sie gehalten werden. Es gibt 25 Rinder.
25 Tiere…ist das der Durchschnitt?
Fordham: Der Durchschnitt in Europa liegt bei 20-25. Dazu haben wir auch noch einen Lieferanten aus Australien. Er hat 85000 Rinder. Das ist nicht vergleichbar zu Deutschland. Die Tiere sind immer draußen auf der Weide und können laufen. Das Grundstück ist fast halb so groß wie England und das Fleisch ist einfach top. So etwas ist in Europa nicht möglich.
Und wie ist das Fleisch aus Deutschland?
Fordham: Es gibt viele kleine Händler, die gutes Fleisch anbieten. Man zahlt aber auch das Doppelte. Es geht hoch bis 300 Euro das Kilo. Das Fleisch was wir beziehen, reifen wir selber in unserem Reifeschrank.
Sie haben Ihren eigenen Reifeschrank? Wie funktioniert der?
Fordham: Unser Modell ist deutsch. Das Verfahren funktioniert mit Luftfeuchtigkeit, ca. 84-90 Prozent. An der hinteren Seite des Schrankes sind Ventilatoren, die die Luft verteilen. Die Temperatur muss bei 2,1 bis 2,4 Grad liegen. Bei höheren Temperaturen würden sich Bakterien schneller ausbreiten. Außerdem reifen wir junges Fleisch, unter 18 Monaten, da die ganzen Nährstoffe noch im Fleisch enthalten sind.
Kann man jedes beliebige Fleisch in den Reifeschrank hängen?
Fordham: Jedes Fleisch, das einen gewissen Fettanteil hat. Man braucht eine Marmorierung. Ohne Fett, kann nichts damit passieren.
Was ist das Besondere an Ihrem Restaurant?
Fordham: Wir bieten Fleischsorten an, die in Deutschland nicht so gängig sind, aber sehr lecker und besonders. Wir schneiden zum Beispiel unser eigenes Tomahawk Steak. Das ist der absolute Trend seit Franck Ribéry sein Rip-Eye Steak vergolden ließ. In diesem Sommer haben wir 200 Stück davon verkauft, das sind ein bis zwei Kilo pro Stück. Keiner in Dresden hat ein vergleichbares Sortiment an Steaksorten, wie wir. Zum Beispiel bieten wir Terese Major an. Der Terese ist ein Muskel im Oberarm. Das Fleisch ist zwar etwas zäher, aber schmeckt viel besser. Das ist unser Filet Ersatz. Das klassische Filet isst man mit Soße und es hat keinen Geschmack. Meiner Meinung ist es überteuert und doof.
Bieten Sie trotzdem Filet an?
Fordham: Ja, wir müssen. Es wird häufig gewünscht. Wir versuchen zwar immer die Gäste zu überzeugen, dass sie mal etwas Neues probieren, zumal es deutlich günstiger ist, aber viele wollen ihren Gewohnheiten treu bleiben.
Haben Sie außer Teres Major noch andere besondere Steaks?
Fordham: Wir haben ein Entrecote Deckel, ein Cap Steak. Das bekommen wir von der Fleischerei Korch. Das kennt sonst keiner in Deutschland. Ich war da und habe gefragt, was sie mit diesem kleinen Stück Fleisch machen. Sie machen daraus Wurst, was verrückt ist, weil dieses Fleisch das Beste ist. In den USA würde man 100 Dollar pro Kilo zahlen und hier wird es zu Wurst verarbeitet. In Deutschland kennt keiner dieses Fleisch. Ich kaufe das gnadenlos. Das hat kein anderes Restaurant in Dresden.
Das Cap-Steak ist Ihre Spezialität?
Fordham: Genau. Leider kennen das viel zu wenige Gäste.
Haben Sie auch verschiedene Rassen?
Fordham: Ja wir haben zum Beispiel irisches Rind, Black Angus und das andere ist Deutsch. Das schmeckt ganz anders.
Wie schmecken denn die beiden Rassen?
Fordham: Das irische Fleisch ist wie Butter. Die Konsistenz ist feiner. Das liegt ganz klar an der Haltung und dem Klima. Der Geschmack ist besser, das Fleisch zart und es hat weniger Fett. Das Deutsche kaufen wir vor allem wegen des Preises. Es ist ein bisschen günstiger und schmeckt auch sehr gut. Wenn man das deutsche Fleisch grillt riecht man die Weide. Das Fleisch ist richtig dunkel. Zwei Frauen würden wir also eher ein irisches Rindersteak empfehlen.
Und die Rinder aus Südamerika?
Fordham: Wir haben Argentinisches Fleisch – Argentinisches Entrecôte (Rib-Eye) und Argentinisches Rumpsteak (Sirloin). Ansonsten haben wir viel australisches Black Angus. Markant dafür ist die besondere Marmorierung.
Medium oder durch?
Fordham: Es tut uns weh zu hören, wenn jemand sein Steak well done möchte. Das machen wir sehr ungern. Wir wollen lieber, dass die Gäste Medium probieren. Das Steak braucht seine Zeit. Es wird in den Ofen geschoben und dann braucht es 5-10 Minuten Ruhe.
Wie viel Zeit muss man sonst einplanen?
Fordham: Immer unterschiedlich, weil wir genau die Größe schneiden, die bestellt wird. Wenn man ein 300, 400 oder 500 Gramm Filet möchte, bekommt man das auch. Bei 200 Gramm kann man schon mit 25 Minuten rechnen. Wir kaufen nur 5+, das heißt mehr als 2,2 Kilo. Das sind erwachsene Tiere und die haben viel mehr Geschmack. Ich mag kleine Tiere nicht, da ist fast nichts dran. Man sollte einfach Zeit mitbringen. Es soll was Besonderes sein so ein gutes Rindersteak. Das isst man nicht jeden Tag. Das mache ich auch nicht.
Wie oft essen Sie Fleisch?
Fordham: Fleisch jeden Tag, manchmal Lamm oder Hähnchen. Und Rind vielleicht vier Mal pro Woche.
Wie stehen Sie zu den anderen Fleischarten?
Fordham: Wir schneiden das Lamm selber und bieten neuseeländischen Lammrücken an. Meist wird es extra dick geschnitten, weil man ein dünnes Stück Fleisch nicht wirklich medium rosa braten kann. Außerdem bieten wir noch französisches Mais Huhn an. Das wird artgerecht gehalten und besser gefüttert, als herkömmliches Hähnchen. Die Hühner laufen frei herum und bekommen zusätzlich Mais als Nahrung. Man isst mal etwas Anderes, als zu Hause. Auch Schweinefilet bieten wir an. Unser Hauptaugenmerk liegt auf dem Rodizio, all you can eat. Da kommen wir dann an den Tisch und die Gäste können frei wählen welches Fleisch sie gerne essen wollen.
Wie viel Prozent Ihrer Gäste nehmen das Rodizio?
Fordham: Jetzt zurzeit 50 Prozent. Sonntag machen wir einen reduzierten Preis für Familien, da wird viel Rodizio bestellt. Ab Mitte November bis Mitte Januar haben wir jeden Tag Reduzierungen und da bestellen schon 90 Prozent Rodizio. Das eignet sich super für Firmenfeiern. Wir haben Reservierungen bis zu hundert Mann und man muss nie auf das Essen warten. Es ist fertig und warm und man kann direkt anfangen. Da gibt es alles, Rind, Lammkeule aus Neuseeland, Ferse und viele Beilagen. Wenn man kein Rind mag, kann man anderes Fleisch essen. Mag man kein Fleisch, bieten wir Fisch an und für die Vegetarier haben wir leckere Beilagen wie Gemüse in einer großen Auswahl. Typisch südamerikanisch.
Warum ist Dry Aged Fleisch so teuer?
Fordham: Vor allem wegen des Gewichtsverlustes. Man verliert bestimmt 20 Prozent der Masse, wenn man das Fleisch grillt. Außerdem kommen dazu die Kosten für die Lagerung, Strom, Wasser und so weiter.
Sind Ihre Mitarbeiter alle Fleischexperten?
Fordham: Ja, das müssen sie sein. Die Jungs und Mädchen die hier arbeiten, kennen sich alle gut mit Fleisch aus und wir versuchen natürlich unseren Gästen diese besonderen Fleischarten schmackhaft zu machen. Die meisten sind schon sehr lange im Team. Natürlich muss man ihnen am Anfang viel beibringen. Jeden Monat dürfen sie ein besonderes Fleisch essen, damit sie auch wissen wovon sie reden. Normalerweise kennt man Hüftsteak und solche Dinge, die man an jeder Ecke bekommt. Das kann man sich im Supermarkt kaufen und zu Hause essen. Das schmeckt vielleicht, aber das ist kein gutes Steak. Das Fleisch was wir anbieten ist besonders in Herkunft und Geschmack und das muss man lernen, da man es nicht so oft isst.
Wie sind Sie so ein großer Fleischfan geworden?
Fordham: Ich komme aus Südafrika. In Südafrika würden wir bei der Frage, was es zu essen gibt sagen, Rumpsteak oder Chicken. Wir brauchen nichts dazu. Wir haben immer gutes Wetter und machen Barbecue. Ein Hüftsteak in Südafrika heißt das Ganze. Nicht diese kleinen Fleischstücke die wir hier essen. Wir essen das mit viel Fett.
Wieso waren Sie so angetan von Dresden?
Fordham: Dresden ist einfach eine unglaublich schöne Stadt und ich habe damals großes Potenzial gesehen. 2002 war hier noch nichts los und mittlerweile hat sich die Stadt toll entwickelt.
Wann haben Sie das Restaurant eröffnet?
Fordham: Im Jahr 2006. Am Anfang haben wir nur Rodizio angeboten mit ein paar kleinen Beilagen. Im Jahr 2010 habe ich mir dann den Reifeschrank angeschafft und beschlossen selber zu reifen und mehr Fleisch à la carte anzubieten. Während den ruhigen Sommermonaten hat man nicht wirklich Lust all you can eat zu essen und dagegen mussten wir was machen.
Gab es auch schlechte Zeiten?
Fordham: Ja es gab auch mal ein Tief. Als Geschäft sind wir gerade so aus der Insolvenz gekommen, weil wir ein zweites Lokal eröffnen wollten und zur gleichen Zeit war hier Pegida vor der Tür und hat demonstriert. Das war eine schlimme Zeit.
Und die Konkurrenz schläft ja auch nicht…
Fordham: Richtig. Mittlerweile gibt es in Dresden viele neue Ketten. Das ist nicht schlimm, das ist gut. Wir haben gesehen wie der ganze Postplatz gebaut wurde. Früher war das eine Baustelle mit einem eigenen Restaurant. Wir sind aber gut integriert. Wir sind nie die letzten und nie die besten. Wir haben so viele Reservierungen, bestimmt 70 Prozent. Der Rest ist Laufkundschaft.
Wie haben Sie es geschafft, sich in schweren Zeiten zu motivieren?
Fordham: Ich bin einfach so. Ich habe nie aufgehört zu arbeiten. Ich komme aus einem Land da gibt es kein Essen und kein Geld jeden Monat, wenn du nicht arbeitest. Entweder du arbeitest, oder du hast Pech. Meine Eltern waren immer selbstständig, deswegen habe ich das im Blut.
Haben Sie auch Azubis?
Fordham: Wenn wir welche finden, ja. Es gibt aber keine. Die meisten Azubis arbeiten in einem Burgerladen oder so. Hier ist es auch ein höheres Risiko, weil wir teures Fleisch haben. Abgesehen davon finden wir auch keine Azubis.
Woran liegt das?
Fordham: Das ganze Gebiet der Gastronomie ist wirklich nicht einfach. Du musst den ganzen Tag rumlaufen, Teller tragen und auch noch freundlich sein. Man kann auch nur im Laden sitzen und kassieren und bekommt das gleiche Geld. Entweder man ist für Gastronomie geeignet und das Herz ist dabei, oder nicht. Wir haben sieben Tage die Woche geöffnet, von acht bis 24 Uhr. Man muss jeden Tag fit sein.
Wie sieht dann die Zukunft aus?
Fordham: Darüber mache ich mir nicht so viele Sorgen. Die Gastronomie wird immer einen Platz haben. Auch wenn hier der Preis ein bisschen höher ist, als bei anderen Lokalen zum Beispiel. Zu einem 50. Hochzeitstag zum Beispiel würdest du eher zu uns kommen. Wenn man etwas Tolles erleben möchte, dann bekommt man ein riesen Steak auf den Tisch.
Und Sie sind die Nische für seltenes, sehr gutes Fleisch?
Fordham: Ja genau. Das hoffe ich.
Darf Fleisch schwarz sein?
Fordham: Nein. Wir grillen bei 380 bis 400 Grad auf einem Lavastein. Das ganze Steak wird nur schwarz, wenn du eine Flamme hast und der Rauch macht es dann schwarz. Außen sollte das Fleisch immer knusprig sein und in der Mitte saftig und rosa. Wir marinieren auch unser Fleisch nicht.
Sie essen gar keine Beilagen zum Fleisch?
Fordham: Doch, Salat. Oder auch mal Pommes, aber nicht nach 18 Uhr.
Wein oder Bier zum Steak?
Fordham: Ich mag eigentlich beides. Im Sommer Bier und im Winter eher Wein.