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99. Beitrag: "Ayurveda auf Sri Lanka" (20. April)

Erst rubbelte sie meinen Kopf, dann massierte sie mit sanften Kreisen über dem Nacken und zum Schluss bearbeitete sie die Stelle in der Mitte oberhalb der Stirn. Kaum spürbar verringerte sie den Druck, weniger, noch weniger, noch... Schwupp war ich in einer anderen Welt. Weiß war es da, ruhig und friedlich. Als sie mich weckte, blickte ich in die dunklen Augen der alten Sri Lankalesin. Diese ayurvedischen Massagen hatten es in sich...
Ayurveda ist eines meiner Steckenpferde. Wenn ich es schaffe, gönne ich mir einmal im Jahr eine Ayurveda Kur im Parkschlösschen in Traben Trarbach. Diese Entgiftung ist nicht nur Erholung, sondern beinhaltet auch unangenehme Anwendungen. Reinigung für Körper und Seele. Hier auf Sri Lanka, wo die Amadea vor Anker lag, hat sich die 3000 Jahre alte Gesundheitslehrer in den letzten Jahren für Touristen hervor getan. Obwohl Ayurveda ursprünglich aus Indien stammt, muss man als Fans des "Wissens vom Leben" nach Sri Lanka. Ich konnte also als Ayurveda-Freak nicht an der Massageabteilung vom Hotel "The Beach" vorbei gehen.
Louisa und ich waren mit Freunden in das eine Stunde von Colombo entfernte Negombo gefahren, ein Badeort mit 100.000 Einwohnern. "Ihr müsst unbedingt in ´The Beach´", hatte uns Kreuzfahrtdirektor Christian Adlmaier empfohlen. Der musste es wissen, schließlich lebt er auf Sri Lanka und war am Umbau des Fünfsterne - Hotels beteiligt gewesen. Das "The Beach" war ein schönes Haus, edel und minimalistisch (75 Zimmer, drei Suiten). Die Liegen am Strand unter Palmen waren Postkartenmotive, der Strand so breit wie ein Fußballfeld, die Pools scheinbar ohne Ränder und Einstiege in die gepflegten Wiesen zwischen Hotel und Strand eingelassen. Hier war garantiert ein Feng Shui - Experte am Werk gewesen.
Nach ein paar Runden mit Louisa im Pool und Wellenhüpfen im Meer, gönnte ich mir spontan besagte Massage. Louisa blieb mit unseren Freunden am Strand. Das Massagezentum war ebenso minimalistisch eingerichtet wie das Hotel und die friedliche Grundstimmung vertiefte sich beim Eintritt durch ruhige Musik und einen angenehmen Duft. Den Blick durch die Öffnung der Massageliege hatte ich auf einen Holztrog mit bunten Blüten und vor der Massage hielt mir die alte Frau ihre geölten Hände zum Riechen unter die Nase. Hm, das war gut. Ich verabschiedete mich für eine Stunde aus den hiesigen Sphären und kam nur wiederstrebend zurück. Aber wir mussten nach Colombo zurück, weil zwei von unserer Gruppe zum Dienst auf dem Schiff hatten.
Auf der abenteuerlichen Fahrt zwischen mit Menschen überladenen LKWs, kleinen Tuk - Tuks, hupenden Taxifahrern und gefährdeten Mopeds betrachtete ich die Gegend. Sri Lanka hatte sich verändert.
Bei meinem ersten Besuch vor vor acht Jahren hatte der Bürgerkrieg gerade seinen traurigen Höhepunkt erreicht. Ich erinnere mich an die vielen Militärstationen, Soldaten, an die ärmlich aussehenden Menschen und zerfallenen Häuser. Der Bürgerkrieg, der zwischen 1983 und 2003 hier wütete, hatte 70000 Opfer gefordert. Die Menschen wirkten damals zermürbt und müde. Als ich zum zweiten Mal auf Sri Lanka war, das ist reichlich zwei Jahre her, hatte vier Wochen zuvor Tsunami gewütet. Die Flutwelle des Seebebens vom 26. Dezember 2004 hatte mit einem Schlag 35.000 Opfer gefordert. Viele Hundertausend verloren ihre Wohnungen und Häuser. "Es war das schrecklichste, was ich jemals erlebt habe", hatte Christian Adlmaier erzählt, der zu dieser Zeit auf Sri Lanka war. Ihm war nichts passiert, aber die Situation nach dem Unglück und die schrecklichen Bilder der Aufräumarbeiten hatten sich in sein Gedächtnis gebrannt. Als ich selbst ein paar Wochen später auf Sri Lanka war, von wo aus ich einen Bericht über die Folgen des Tsunami recherchierte, wirkte die Insel wie gelähmt, hatten alle Tourismusbeteiligten Existenzangst vom Souvenirverkäufer bis zum Hotelier.
Dieses Mal sah ich Sri Lanka zum ersten Mal relativ friedlich. Obwohl die Unruhen und Anschläge durch die tamilischen Separatisten nie ganz aufgehört haben. Wir passierten nach wie vor Militärposten und wurden kontrolliert. Trotzdem gefiel mir Sri Lanka viel besser als bisher. Es war eine tropische Insel mit hellen Stränden, vielen Palmen und schönen Menschen mit farbigen Kleidern. "Teich der Lotosblüten", wurde die Insel in der Antike genannt und auch in der folgenden Zeit schwärmten Dichter und Autoren von Sri Lanka. "Es ist das Paradies", soll zum Beispiel Hermann Hesse gesagt haben, als er 1911 nach Sri Lanka kam.
In der quirligen Hauptstadt Colombo (zwei Millionen Einwohner) geht es nicht sehr paradiesisch zu. Es ist laut und hektisch. Kühe schieben sich zwischen modernen Autos durch, englische, portugiesische und holländische Kolonialbauten stehen zwischen Tempeln,  Hütten und einigen Hochhäusern. Zwischen dem 18. Jahrhundert und 1948 waren die Engländer die Herrscher von Ceylon, wie Sri Lanka früher hieß und was auch heute noch auf den berühmten Tees steht, dessen Pflanzen hier auf großflächigen Plantagen angebaut werden.
Beim letzten Besuch waren Louisa und ich in Pinnawela gewesen, dem Waisenhaus für Elefantenkinder. Louisa erinnerte sich, wie die Tiere im Oyafluss gebadet hatten und wie sie als kleines Mädchen die großen Elefanten streicheln durfte. "Die waren ganz lieb", erzählt sie unseren Freunden im Auto.
Die Elefanten haben wir zwar diesmal nicht besucht, aber dafür haben wir in zwei Tagen Sri Lanka in neuem Licht gesehen. "Ihr müsst mindestens drei Wochen herkommen", so der Wahl - Sri Lankalese und Amadea - Kreuzfahrtdirektor Christian Adlmaier. Warum nicht.

Anja Fließbach: Freitag, 20 April 2007, 15:19 Uhr