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57. Beitrag: "Diese Amerikaner" (4. März)

Sie wollten uns nicht. Und offensichtlich haben sie das Recht, uns nicht zu wollen. "Welcome to Guam?" Von wegen. Amerikanische Gastfreundschaft sieht anders aus.

http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1258.jpg Über Bordlautsprecher kündigte Kreuzfahrtdirektor Christian Adlmaier am Morgen vor Guam eine Sondersendung im "Amadea – TV", dem bordeigenen Sender an. Dort erklärte er uns, dass wir Guam nicht wie geplant anlaufen würden. Erst hätten die amerikanischen Behörden sich Kopien aller Pässe mit Visa schicken lassen, dann hätten sie von plötzlichen Einreiseänderungen gesprochen und dass alle Passagiere und Crewmitglieder für Guam ein Visum bräuchten. Das war neu. Wir könnten Guam zwar anfahren, müssten dann aber pro Person mehr als 1000 Dollar Strafe zahlen und dürften nur im Hafen liegen. Kein Passagier und kein Crewmitglied dürfte vom Schiff egal ob mit oder ohne Visum. Aha! Der Kreuzfahrtdirektor versicherte, dass von Seiten des Veranstalters Phoenix Reisen im Vorfeld alles ordnungsgemäß organisiert wurde. Sogar, dass Phoenix, als die ersten Probleme auftauchten, mit Washington telefonierte. Keine Chance! "So etwas habe ich in 25 Jahren als Chefreiseleiter und Kreuzfahrtdirektor noch nicht erlebt", schüttelte Christian Adlmaier verblüfft den Kopf. Tja, die Amerikaner dürfen das.

Um schon mal klar zu stellen. Ich mag Amerika. Ich habe einige Zeit in Boston bei einer Zeitung gearbeitet, später ein Jahr bei einem Fernsehsender in Hollywood. Das war mit die schönste Zeit meines Leben. Klar bin ich gegen die amerikanische Politik und deren Überheblichkeit. Aber das Land und die meisten Leute sind toll. Dazu stehe ich.

Schade war es trotzdem. Louisa und ich hatten eine Tour durch den Dschungel Guams geplant, wollten ein Chamorro-Dorf besuchen (Chamorros sind die dunkelhäutigen Ureinwohner) und mit einem Katamaran fahren. Guam ist die größte Insel Mikronesiens (550 qkm) und gehört zu den USA. Heute sind die 130000 Einwohner amerikanische Bürger, 90 Prozent der Touristen dagegen sind Japaner. Die Japaner schätzen den zollfreien Einkauf im Freihafen. Es entstehen in rasantem Tempo Shopping Malls und Hotelanlagen.

Wir fuhren dafür nun eben in für uns rasantem Tempo an Guam vorbei. Ob bewusst geplant oder nicht: Ich fand cool, dass kurz nach der Sondersendung auf Deck 9 ein russischer Frühschoppen stattfand und die Gäste ihren Ärger über die Amerikaner mit Wodka runter spülten.

Ein paar Tage später, als Phoenix-Reiseleiter Linus bei einem Vortrag in der Atlantik-Lounge technische Probleme hatte und die Zeit überbrücken musste, las er eine Geschichte vor, die ihm ein Passagier übergeben hatte. Ich schreibe euch die Geschichte nur auf und weiß nicht ob sie stimmt und wo sie herkommt. Die Passagier auf der "MS Amadea" jedenfalls amüsierten sich köstlich, als Linus vorlas:

"Dies ist ein realer Funkspruch, der zwischen Galiziern und Amerikanern stattgefunden hat - aufgenommen von der Frequenz des spanischen maritimen Notrufs, Canal 106, an der galizischen Küste "Costa de Fisterra" am 16. Oktober 1997. Dieser Funkspruch hat wirklich stattgefunden und wurde erst im März 2005 von den spanischen Militärbehörden zur Veröffentlichung freigegeben. Alle spanischen Zeitungen haben ihn nun gedruckt und mittlerweile lacht sich ganz Spanien kaputt.

Galizier: ...Hier spricht A853 zu Ihnen, bitte ändern Sie Ihren Kurs um 15 Grad nach Süden, um eine Kollision zu vermeiden … Sie fahren direkt auf uns zu, Entfernung 25 nautische Meilen...

Amerikaner: ... Wir raten Ihnen, Ihren Kurs um 15 Grad nach Norden zu ändern, um eine Kollision zu vermeiden.

Galizier: Negative Antwort. Wir wiederholen: Ändern Sie Ihren Kurs um 15 Grad nach Süden, um eine Kollision zu vermeiden.

Amerikaner (eine andere amerikanische Stimme): Hier spricht der Kapitän eines Schiffes der Marine der Vereinigten Staaten von Amerika zu Ihnen. Wir beharren darauf: Ändern Sie sofort Ihren Kurs um 15 Grad nach Norden, um eine Kollision zu vermeiden.

Galizier: Dies sehen wir weder als machbar noch als erforderlich an. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Kurs um 15 Grad nach Süden zu ändern, um eine Kollision zu vermeiden.

Amerikaner (stark erregter Befehlston): Hier spricht der Kapitän Richard James Howard, Kommandant des Flugzeugträgers "USS Lincoln" von der Marine der Vereinigten Staaten von Amerika, des zweitgrößten Kriegsschiffes der Nordamerikanischen Flotte. Uns geleiten zwei Panzerkreuzer, sechs Zerstörer, fünf Kreuzschiffe, vier U-Boote und mehrere Schiffe, die uns jederzeit unterstützen können. Wir sind in Kursrichtung Persischer Golf, um dort ein Militärmanöver vorzubereiten und im Hinblick auf eine Offensive des Irak auch durchzuführen.

Ich rate Ihnen nicht... ich befehle Ihnen, Ihren Kurs um 15 Grad nach Norden zu ändern!!! Sollten Sie sich nicht daran halten, so sehen wir uns gezwungen, die notwendigen Schritte einzuleiten, die notwendig sind, um die Sicherheit dieses Flugzeugträgers und auch die dieser militärischen Streitmacht zu garantieren. Sie sind Mitglied eines alliierten Staates, Mitglied der NATO und somit dieser militärischen Streitmacht... Bitte gehorchen Sie unverzüglich und gehen Sie uns aus dem Weg!!!

Galizier: Hier spricht Juan Manuel Salas Alcántara. Wir sind zwei Personen. Uns geleiten unser Hund, unser Essen, zwei Bier und ein Mann von den Kanaren, der gerade schläft. Wir haben die Unterstützung der Sender Cadena Dial von la Coruna und Kanal 106 als Maritimer Notruf. Wir fahren nirgendwo hin, da wir mit Ihnen vom Festland aus reden. Wir befinden uns im Leuchtturm A-853 Finisterra an der Küste von Galizien. Wir haben eine Scheiß-Ahnung, welche Stelle wir im Ranking der spanischen Leuchttürme einnehmen. Und sie können die Schritte einleiten, die sie für notwendig halten und auf die Sie geil sind, um die Sicherheit Ihres Scheiß -Flugzeugträgers zu garantieren, zumal er gleich an den Küstenfelsen Galiziens zerschellen wird, und aus diesem Grund müssen wir darauf beharren und möchten es Ihnen nochmals ans Herz legen, dass es das Beste, das Gesündeste und das Klügste für Sie und Ihre Leute ist, nämlich Ihren Kurs um 15 Grad nach Süden zu ändern, um eine Kollision zu vermeiden."

Auf Saipan, auch amerikanisches Gebiet, galt die Visumpflicht übrigens nicht. Dorthin fuhren wir als Alternative - morgen mehr.

PS: Der Beitrag erscheint zeitversetzt, weil wir momentan in den Häfen kein Internetsignal haben.

Anja Fließbach: Sonntag, 4 März 2007, 23:23 Uhr