• 3120 Aufrufe

131. Beitrag: "Der letzte Hafen" (30. Mai)

Letzter Hafen vor dem Ende der Weltreise, letztes Land, letzter Ausflug. Louisa und ich entschieden uns für einen gemütlichen Stadtbummel zu zweit. Meine 6-Jährige Tochter und ich wollten noch einmal Hand in Hand ein neues Land erkunden. Staunen, entdecken, uns gemütlich in der Sonne an den Hafen setzen und die Ruhe genießen. Doch aus der Ruhe wurde nichts...

Dubrovnik ist viel zu klein, als dass sich die 520 Passagiere und rund 300 Crewmitglieder beim Landgang nicht begegnen würden. Wenn sich sonst die Passagierströme verteilen und Ausflugsbusse die Amadea-Gäste in größeren Gruppen zu verschiedenen Zielen bringen und sich die individuellen Landgänger aufgrund unterschiedlicher Interessen wie Tauchen, Baden, Shopping, Geschichte, Golf  usw. splitten, zog es am letzten Tag der Weltreise alle gemütlich an einen überschaubaren Platz, die Altstadt von Dubrovnik. Wir trafen also innerhalb der Stadtmauern rund 700 Bekannte (ein Teil der Besatzung musste aus Sicherheitsgründen immer an Bord bleiben).

Schon als wir durch das Stadttor gingen, das 1537 gebaut wurde und "griechisches Tor" genannt wird,trafen wir die ersten Bekannten. Wir gingen durch das äußeren und das innere Tor, über eine steinerne Brücke zur alten Zugbrücke, dann vorbei an der Statue des Heiligen Blasius, dem Schutzpatron von Dubrovnik. Auch auf der Hauptstraße der Altstadt, dem Stradún, sahen wir neben vielen wunderschönen Gebäude aus den Zeiten der Gotik, des Barocks und der Renaissance Bekannte, Bekannte und Bekannte. Der Stradún übrigens war früher ein Meereskanal, der die beiden Siedlungen Dubrava und Ragusa trennte, den man später zuschüttete, im Jahr 1648 darauf Straßenpflaster verlegte und der heute eine lebhafte Hauptstraße mit Musikanten, Touristengruppen, Geschäften und Cafés ist. „Hallo, hallo!“ „He, hallo!“ „Ja hallo, was macht ihr denn hier?“ Es war nicht möglich, in Ruhe die wunderschönen Gebäude, Plätze und Brunnen anzusehen.

Am Anfang nervte es mich gehörig, dass wir immer wieder auf Amadea-Leute trafen. Später empfand ich es als eine Satire und in den letzten zwei Stunden genoss ich es. Auf eine bestimmte Art war es genau richtig, sich am letzten Tag nicht zu verkrümeln, sondern mit den Bekannten, relativ unbekanten Bekannten und Mitpassagieren zusammen Klöster, Kirchen, schmale Gassen und Wege zu erkunden. Die Cafés der Stadt ähnelten gästetechnisch der Jupiterbar auf der Amadea und so saßen wir am Tisch mit den Mädels aus dem Beautysalon, gingen später mit den Künstlern ein Stück, trafen die Rezeptionsmitarbeiter und ließen uns von unseren Freunden Ilona und Rainer den Weg zum Hafen zeigen. Zum Fotografieren brauchten wie keinen fragen, weil mehrere Passagiere uns von sich aus anboten, uns vor Säulen, Statuen oder mit der zum jeweiligen Passagier gehörenden Ehefrau abzulichten. "Dürfen wir auch mit unserer Kamera ein Foto von Ihnen zur Erinnerung machen", wurden wir oft gefragt und wie in Japan oder China waren wir neben der Stadtmauer ein begehrtes Fotomotiv. Ich verstand die Fotografierfreude am letzten Tag gut. Schließlich konnten unsere Mitpassagiere ihre Geschichten über die alleinreisende Frau mit Kind auf der Amadea mit einem Foto zu Hause bei den Freunden besser untermalen. Alles zusammen war es ein amüsanter Tag, desse Freude mit Wehmut wegen des nahenden Abschieds gemischt war.

Als das Schiff abfuhr, kam noch mehr Traurigkeit dazu. Mit Blick auf Dubrovnik, von dem wir uns immer weiter entfernten, unterhielt ich mich mit Robert. Er war Safety Offizier auf der Amadea und stammte aus Kroatien. Er erzählte mir, wie er 1991 gerade auf Hoher See war, als am 19. Juni der Kroatien-Krieg ausbrach. Er berichtete auch, wie er wartete bis er endlich nach Hause durfte und die sechs Kriegsmonate, die Belagerung und den Beschuss durch die JNA miterlebte. "Stell dir vor, da wo du lebst ist plötzlich Krieg. Damit rechnest du nicht, so wie wir das damals nicht geglaubt haben“, erklärt Robert. In Dubrovnik waren damals mehrere tausend Granaten eingeschlagen, über 100 Zivilisten und 200 Soldaten ums Leben gekommen. "Es war so viel kaputt in der Stadt",, erinnert sich unser Safety Offizier. Kaum vorstellbar beim Anblick dieser idyllischen, völlig neu rekonstruierten Stadt. Mehr als 11.000 Gebäude waren zerstört oder beschädigt worden. Unser sonst so lustiger Robert wurde bei dem Thema sehr ernst und schimpfte: "Das ist UNESCO-Weltkulturerbe und die Serben sind nie für die Zerstörungen bestraft worden." Seit 1979 ist die Altstadt von Dubrovnik UNESCO-Weltkulturerbe, seit 1996 auch Teile außerhalb der Stadtmauern.

Ein trauriges Thema. Geschafft schlurften wir in unsere Kabine. Unsere Stimmung war gedämpft. Auch der nahende Abschied spielte eine Rolle. Es war nur noch ein Nachmittag, ein Abend, eine Nacht und ein Morgen. Wir waren so müde. Aber Zeit zum Schlafen hatten wir nicht.

Es folgen die letzten Berichte: "Wie geht es weiter?", "Die Geheimnisse der Amadea-Crew"", "Good bye, Freunde"

Ab Juni: Der Blog bleibt noch ein paar Wochen bei Brigitte.de stehen und ihr könnt noch eure Kommentare einfügen. Wir werden in diesem Blog auch noch über unsere Party berichten, wenn sich genügend Teilnehmer finden. Ab der nächsten Woche beginnt ein neuer Blog von mir auf der Disy-Seite, der sich chronologisch anschließt und in Abständen berichtet, wie es uns geht und ob und wann wir wieder auf dem Schiff landen werden:
www. disy-magazin.de/weblog

"Amadea" - Spruch des Tages: "Ich wünschte, ich hätte mit allem früher angefangen, dann würde es länger dauern." Isabella Rosselini
Musiktipp zur Stimmung: Piano Sonata No. 13 in B Flat Major, Wolfgang Amadeus Mozart

Anja Fließbach: Mittwoch, 30 Mai 2007, 22:39 Uhr

Kommentare



Ich freue mich auf die Geheimnisse der Amadea-Crew. An deiner Stelle würde ich mir aber vor dem Schreiben genau überlegen, ob du irgendwann vielleicht einmal wieder auf das Schiff möchtest...

Kommentiert von: M. | Donnerstag, 31 Mai 2007, 17:28 Uhr



...so, jetzt wirds auch mal zeit für einen kommentar: über eine längere zeit durfte ich die dame fliessbach und ihre kleine an bord miterleben...und irgendwie wirds da zeit mal mit ein paar "idyllen" aufzuräumen. mich schauderts jedesmal wenn hier von ihren "freunden" an bord gesprochen wird, ich hab zum glück selber miterlebt was wirklich abging. aber über die beliebtheit der autorin an bord kann sich vermutlich jeder selber anhand ihrer eigenen kommentare ein bild machen.

ich habe wohl selten eine so von sich selber überzeugte und übertriebene person wie die frau fliessbach getroffen. alles muss laufend und immer nach ihrer pfeiffe tanzen, wenn nicht...au backe. kriegt die liebe tochter mal für einen moment nicht die aufmerksamkeit die die mutter für sie gerne hätte...ebenso übel.

und dann muss natürlich alles für jeden wunsch sofort sputen - und jede extrawurst ist natürlich selbstverständlich...ansonsten stehts am nächsten tag im blog...auch klar.

liebe leser, denkt euch eure eigene sache - aber ich kann euch versichern, viele an bord waren gar nicht traurig an dem tag als die frau a.k.f ausgestiegen ist...

Kommentiert von: Bescheidwisser | Donnerstag, 31 Mai 2007, 23:00 Uhr



So eine Person gehört über Bord,aber nicht auf die MS Amadea

Kommentiert von: Gast | Dienstag, 5 Juni 2007, 20:50 Uhr