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114. Beitrag: "Männer, Öl und sehr viel Geld" (7. Mai)

Ich fand sie sexy. Nein, es gab keinen anderen Ausdruck. Diese dunklen Typen mit ihren weißen Gewändern und weißen Kopfbedeckungen, mit ihrer stolzen Haltung, den schwarzen Augen und dem durchdringenden Blick fand ich extrem männlich und attraktiv. Die ersten Weißgewandeten trafen wir bei unserer ersten Station im arabischen Raum - in Muscat, im Oman...

Es war mein erster richtiger Besuch in diesem Teil des arabischen Raumes. Bisher hatte ich nur Ägypten, Tunesien und Marokko als bereiste Länder vorzuweisen und war so mittelmäßig bis wenig  begeistert gewesen. Vor rund zehn Jahren, auf einem Zwischenstopp nach Bali, war ich auch schon mal für einige Stunden auf dem Flughafen in Abu Dhabi gewesen und hatte mich verrückt gefürchtet vor eben diesen Herren in den weißen Gewändern. Dieses Mal, tja. Lag es an den stetigen Schiffsbewegungen oder an der Sonne auf dem Weg in den Oman, nach Dubai und Abu Dhabi – keine Ahnung. Auf jeden Fall haute mich der Anblick dieser Kerle um und jeder Blick… Schluss jetzt. Ihr habt es verstanden.
Der Oman jedenfalls. Der Unterschied zwischen Porbandar und Muscat hätte krasser kaum sein können. Dort Armut und Elend, hier blitzblanke Straßenpisten, grüne Vorgärten mit Springbrunnen und demonstrierter Reichtum durch Petrodollars. Muscat (übersetzt "Ankerplatz"), die Hauptstadt des Oman, lag in einer schmalen Bucht und überraschte durch moderne Gebäude im Verwaltungs- und Regierungsviertel, Downtown mit mehreren Einkaufs- und Geschäftszentren, Restaurants und Cáfes. Das war nicht das, was ich von Marokko und Co in Erinnerung hatte. Vom moderne Hafen mit 12 Pieranlagen führte eine gepflasterte und sehr gepflegte Uferpromenade am Meer entlang. Die Corniche, die Verbindungsstraße, führte über einen Hügel zur Altstadt. Doch trotz der Offenheit dem Westen gegenüber gab es für uns ein paar Tabus: Das Fort Miarani, aus dem Jahr 1587 und Sitz der Garde, durften wir nicht besuchen. Das Fort Jalali, ein Privatmuseum des Sultans, war für uns nicht zugänglich und in das Viertel Liwtyah durften wir nicht, weil hier die pakistanischen Schiiten lebten. Auch der Palast Al Alam war nicht für Besucher geöffnet. Der alte Palast war abgerissen worden und 1974 neu errichtet. Auch große Teile der Altstadt hatten den modernen Ideen der Architekten weichen müssen, die die Pedrodollars in neue Bauwerken anlegen wollten. Das Öl und das Erdgas hatte das kleine Land Oman mit seinen 2,7 Millionen Einwohnern offenbar extrem verändert.
Schon in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hatte ein Franzose den Europäern über Ölvorkommen in Persien erzählt. Dennoch dauerte es bis 1920, als der von den Engländern belächelte Neuseeländer Frank Holmes von den Scheichs und Sultanen der Region die Erlaubnis erwirkte, nach Öl zu bohren. Mit Hilfe der Amerikaner führten seine Bohrungen 1932 zum Erfolg und legten den Grundstein zu dem Reichtum der ganzen Region. Kein Wunder, dass die Araber Holmes den Namen Abu Naft verliehen - "Vater des Öls". Im Oman wurde das Geschäft mit dem Öl  durch einen langjährigen Streit zwischen dem Sultan und dem Imam erschwert und erst 1967 verließen die ersten Ölexporte das Land. Das Rohöl wird im Oman hauptsächlich in Fahud gewonnen und durch eine 280km lange Pipeline zum Hafen Mina al-Fahal geschickt, der ganz bei uns in der Nähe von Muscat lag. Ich hatte selten ein Land gesehen, in dem die Einwohner so souverän und zufrieden wirkten. Fast würde ich es als cool und lässig bezeichnen, was aber wegen des nach wie vor streng islamischen Glaubens nicht angebracht wäre. Es war selbstverständlich, dass die - sagt man eigentlich Omaner oder Omanesen oder Omenser - jedenfalls die Einwohner Omans wie alle Muslime fünf Mal am Tag beteten. Allerdings war es den Gläubigen selbst überlassen wann und wo, obwohl sich wohl fast alle an die vorgegebenen Zeiten hielten, die sie aus der Zeitung erfahren konnten. Die Traditionen im Oman mischten sich zunehmend mit der Moderne und genau das hatte der Vater des gerade amtierenden Sultans befürchtet gehabt und deshalb die Einnahmen aus den Ölvorkommen einbehalten. Doch als sein Sohn 1970 an die Macht kam, ging die Entwicklung rapide voran, wurde nach dem Ende des Dhofar - Krieges das Land aufgebaut. Und obwohl die Ölvorkommen im Oman viel geringer sind als die in den Emiraten oder in Saudi - Arabien und das Öl nach Schätzungen nur noch maximal 20 Jahre reichen wird, wirken die Menschen gelassen und zuversichtlich. Es werden weitere Vorkommen gesucht und inzwischen setzt man sicherheitshalber schon mal auf andere Bodenschätze wie Erdgas, Kupfer und Kohle. Wohl dem, der hat...
Ich habe mich im Oman sehr wohl gefühlt. Das Land wirkte ruhig und freundlich. Die Frauen werden hier mehr geschätzt, als in den meisten anderen arabischen Gebieten. Es gibt sogar weibliche Mitglieder in der Volksvertretung, ein großer Unterschied zum Nachbarland Saudi - Arabien, wo Frauen sich fast nur im Haus aufhalten, nicht Auto fahren dürfen und nur bis auf die Augen verhüllt außerhalb der Privaträume erscheinen dürfen. Im Oman geht es fortschrittlicher und verhältnismäßig frei zu. "Nach Saudi - Arabien dürfen Sie als Frau gar nicht allein einreisen", erzählte uns Fathira, eine Christin aus Lybien später im Taj Palace Hotel in Dubai. "Es ist das strengste muslimische Land."
Der Sultan im Oman, er heißt übrigens Qaboos, ist so fortschrittlich, dass er sogar die Kleinfamilie als Zukunftsmöglichkeit akzeptiert. Heute hat eine Familie im Oman immerhin noch durchschnittlich sieben Kinder.
Der Wandel war zu spüren im Oman, der Aufbruch und eine gewisse Dynamik. Doch was wirklich Aufbruch und Dynamik hieß, sollten wir in der nächsten Stadt erfahren, die unsere "MS Amadea" anlief und wo wir drei Tage bleiben sollten - in Dubai.
Mehr zu einem tollen Mann, den ich dort kennen lernen sollte, meiner Tour mit dem Porsche durch die Stadt, dem Mittagessen im Burj Al Arab, einer "Fremdübernachtung" und neuen Geschäftsideen - morgen.
Dann auch wieder mit vielen Fotos, so die Technik will und die Internetverbindung schnell ist.

Spruch des Tages: "Wenn sich ein Tor des Glückes schließt, öffnet sich ein anderes. Aber oft schauen wir so lange auf das verschlossene Tor, dass wir das andere, das sich für uns geöffnet hat, gar nicht sehen." Helen Keller

Musiktipp zur Stimmung: "I believe (Give a little bit)", Joana Zimmer
Anja Fließbach: Montag, 7 Mai 2007, 23:09 Uhr