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Conchita Wurst: „Alle sollen sich nach dem Ball freuen, dass ich da war.“
Erstmals in Erscheinung trat Conchita Wurst, mit bürgerlichem Namen Tom Neuwirth, 2011. Der Sieg beim European Song Contest 2014 war für sie der große Durchbruch. Seitdem ist die Frau mit dem Bart eine Ikone für Akzeptanz.
Sie sind eine Opernballexpertin. Was haben Sie denn bisher vom SemperOpernball gehört?
Conchita: Natürlich sind wir Wiener wahnsinnig stolz auf unseren Opernball. Deswegen blicken viele sehr kritisch auf andere Opernbälle. Aber ich freue mich sehr auf Dresden, denn ich liebe Opernbälle und bin überzeugt, dass der SemperOpernball genau so schön wird wie der in Wien.
Was glauben Sie, welche Unterschiede es zum Wiener Opernball gibt?
Conchita: Ich denke, dass es sich die Semperoper nicht nehmen lässt, eigene Traditionen zu präsentieren. Die Häuser haben eigene Ideale und Philosophien. Das wird sich im Ablauf ausdrücken. Beispielsweise wie die Eröffnung strukturiert ist und welche Gäste geladen sind.
Ich kann Ihnen bereits den Tipp geben, dass das Essen beim SemperOpernball auf jeden Fall besser ist. In Dresden kommt es von einem Sternekoch.
Conchita: Da muss ich Ihnen vertrauen. Ich habe bisher noch nie bei einem Opernball gegessen. Ich habe mir offensichtlich die richtige Veranstaltung ausgesucht, um das zu ändern.
Ein weiterer Unterschied sind die bis zu 15.000 Menschen beim Openairball vor der Oper. Schauen Sie dort auch vorbei?
Conchita: Das möchte ich gern einmal erleben. Wenn ich schon da bin, möchte ich mir alles anschauen. Den SemperOpenairball kenne ich aus dem Fernsehen. Ich finde es großartig, dass die Menschen in Dresden so an diesem Ball interessiert sind. Das ist für das Opernhaus ein großes Kompliment. In diesem Punkt haben die Wiener noch Nachholbedarf.
Was fasziniert Sie an Opernbällen?
Conchita: Ich finde die Atmosphäre wahnsinnig toll. Tanzen und Feiern in schönen Locations ist in meiner Familie sehr etabliert. Ich verromantisiere Bälle seit ich denken kann: es gibt schöne Kleider, schöne Menschen und gute Musik. Man hat einen eleganten Abend vor sich. Bei meiner Vorliebe für Show und Inszenierung lässt so ein Ball mein Herz höher schlagen.
Wie wichtig ist das Outfit?
Conchita: Ich habe früher sehr viele Kleider getragen, inzwischen bin ich davon gelangweilt. Mein Outfit wird trotzdem spektakulär und festlich sein.
Haben Sie einen Lieblingsdesigner?
Conchita: Nein, das nicht. Ich bin in der privilegierten Situation, dass mir viele Labels ihre Stücke zur Verfügung stellen und ich sie einige Stunden tragen darf. Mein Stylist präsentiert mir immer eine Auswahl der schönsten Stücke und wir suchen daraus zusammen aus.
Der Moderator Guido Maria Kretschmer würde Ihnen sicher auch gern weiterhelfen. Haben Sie sich schon kennengelernt?
Conchita: Ich war mit ihm bei Inas Nacht in Hamburg. Das war sehr lustig. Wir haben uns dort zum ersten Mal getroffen und gleich gut verstanden. Deshalb freue ich mich sehr darauf, ihn wieder zu treffen.
Waren Sie schon einmal in Dresden?
Conchita: Nein, noch nie. Das ist das erste Mal.
Was haben Sie bisher von der Stadt gehört?
Conchita: Natürlich habe ich von der Oper und der berühmten Frauenkirche gehört. Und natürlich von der schönen Architektur. Ich bin immer sehr gespannt darauf, Plätze und Menschen kennen zu lernen, von denen ich vorher noch nicht viel wusste. Ich hoffe, mir bleibt ein wenig Zeit, um mir die Stadt anzuschauen.
Das Motto des 11. SemperOpernballs war ‚Dresden ist Bunt‘, das des 12. lautet ‚Dresden strahlt - grenzenlos in alle Welt‘. Beides passt sehr gut zu Ihnen, oder?
Conchita: Jeder sollte sein Leben bunt gestalten. In die Welt zu schillern, ist in der momentanen Lage in Europa ein gutes Zeichen. Deswegen finde ich es auch toll, dass ich eingeladen wurde. Mir ist durchaus bewusst, dass es bei meiner Person eine 50:50 Chance gibt, dass man mich mag oder eben nicht. Ich provoziere viele Fragen. Am Ballabend können wir zeigen, dass wir alle zusammen ein schönes Fest feiern können. Es freut mich sehr, ein Teil davon zu sein.
Ist Toleranz ein wichtiges Thema für Sie?
Conchita: Es wurde zu einem wichtigen Thema für mich gemacht. Für mich wird der Begriff Toleranz überstrapaziert. Ich denke, jeder kann nachvollziehen, dass ich nicht toleriert, sondern akzeptiert werden möchte. Toleranz ist mir etwas zu wenig. Wenn man etwas akzeptiert, so wie es ist, dann muss man sich nicht mehr damit beschäftigen.
Ist Ihr Bart ein bewusstes Markenzeichen oder Ausdruck Ihrer Persönlichkeit?
Conchita: Zuerst war er einfach nur ein Resultat meiner Faulheit. Ich hatte damals, mit ein bis zwei Gläsern zuviel, zugesagt, eine Burlesque-Show als Frau zu moderieren. Dann ist mir aber aufgefallen, dass ich mich dann ständig rasieren müsste. Ich habe beschlossen, nicht für den Rest meines Lebens auszusehen, als wäre ich zwölf Jahre alt. Deswegen wurde ich zu einer bärtigen Frau. Daraus wurde mit der Zeit mehr als ich erwartet habe. Durch die Reaktionen darauf wurde es zu einem Statement und zum Markenzeichen.
Welche Reaktionen löst der Bart bei den Menschen aus?
Conchita: Ich erfahre viel mehr Reaktionen und komme mit mehr Menschen ins Gespräch. Aber ich bin nach wie vor davon überfordert, dass es so vielen Menschen etwas ausmacht, das ich einen Bart habe. Ich versuche in den Dialog zu treten und den Menschen meine Überzeugungen näher zu bringen. Es geht um dem Menschen. Der Rest sind nur ein Paar Haare und Make-Up.
Sind Sie Opernfan?
Conchita: Ich muss mich als Laie outen. Ich bin nicht so sehr mit der Oper vertraut, wie ich es gern wäre. Ich habe aber definitiv eine Affinität. Ich mag diese großen Gesten, die großen Inszenierungen und die großen Melodien. Mir fehlt zwar das Fachwissen, aber ich bin immer unglaublich beeindruckt. Ich nehme auch klassischen Gesangsunterricht, denn die klassische Technik ist die Basis für alles, was man mit der Stimme machen kann. Das ist sehr schwierig. Seit dem ich das mache, habe noch größeren Respekt vor der Oper.
Worauf freuen Sie sich am meisten bei Ihrer SemperOpernball-Premiere?
Conchita: Ich versuche immer, Erwartungshaltungen zu vermeiden. Ich konzentriere mich darauf, meinen Job gut zu erledigen. Sowohl die Veranstalter als auch die Besucher sollen sich nach dem Ball darüber freuen, dass ich da war.