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Georg H. Leicht: Voller stolz auf den Opernball
Georg H. Leicht, Juwelier, Mitbegründer und Vize-Vorstandschef vom Opernballverein
Wer hatte die Idee zum SemperOpernball?
Leicht: Hans-Joachim Frey und ich hatten uns gemeinsam überlegt, was sich für Möglichkeiten in Dresden ergeben könnten. Ich war damals schon zweimal beim Opernball in Wien gewesen. Wir sind dann auf Einladung eines guten Freundes, der uns dann auch beim ersten Ball hier in Dresden sehr geholfen hat, wieder in Wien gewesen.
Also haben Sie ein bisschen von Wien abgeguckt?
Leicht: Während wir in Wien waren, haben wir gesagt, was wir genauso und was wir anders machen wollen. Aus der Überlegung heraus sind dann Ideen wie der Open-Air-Ball entstanden. In Wien fahren Sie zum Ball hin und kommen
in eine Bannmeile. Da stehen Polizisten und grenzen alles ab. Und draußen stehen Demonstranten, demonstrieren dagegen und schmeißen Steine. Es ist eine richtige Konfrontationsstellung, natürlich nicht aller Wiener, die meisten freuen sich riesig. Aber es gibt auch Leute, die sagen: Das ist nicht unseres, das ist Kommerz, das ist nicht mehr die Kultur, die wir wollten, das sind nur die Großkopferten.
Das wollten Sie in Dresden vermeiden?
Leicht: Ja, wir haben gesagt, dass wir es in Dresden schaffen müssen, die Dresdner mitzunehmen. Da hatten wir die Idee, auf den Theaterplatz zu gehen. Das ist für mich nach wie vor eines der Alleinstellungsmerkmale des
Balles. Es gibt kein Drinnen und Draußen.
Trotzdem wollten Sie auch internationale Prominenz dabei haben.
Leicht: Es war gleich im ersten Entwurf mit dabei, dass wir hochkarätige Gäste einladen. Aber wie bekommen wir einen Hans Dietrich Genscher, einen Lothar de Maziere und einen Putin nach Dresden? Deshalb hatte ich die Idee, wir zeichnen außergewöhnliche Persönlichkeiten aus, und das in Verbindung mit einer Skulptur, einer Figur, die es nur in Dresden in der Form gibt. Damit waren wir ganz schnell beim Heiligen Georg aus dem Grünen Gewölbe, der den Kampf des Guten gegen das Böse symbolisiert. Der Orden wird schon seit Jahrhunderten vergeben. Wir haben ihn umgearbeitet, sodass er ein bisschen anders aussieht, ergänzt um den lateinischen Spruch „Adverso flumine“, gegen den Strom. Auch das war eine Idee von mir. Wir wollten keinen Karnevalsorden vergeben, sondern einen Orden aus echtem Gold mit echten Brillanten und echten Steinen.
Wie wertvoll ist so ein Orden?
Leicht: Es sind immer Unikate. In Serie kostet er um die 5.500 Euro, je nachdem. Aber der Orden selbst wäre sicherlich teurer, weil er immer speziell gefertigt wird.
Wer waren die liebsten Preisträger, denen Sie den Orden angesteckt haben?
Leicht: Ich war natürlich sehr von Hans Dietrich Genscher, Franz Beckenbauer
und Wladimir Putin angetan. Wir sind, nachdem Putin den Orden bekommen hat, echt gescholten worden. Ich habe bei der Gelegenheit aber auch ein bisschen erlebt, wie Politik funktioniert. Öffentlich haben die Leute gesagt: Wie kann man ihn einladen? Inoffi ziell wurde gesagt: Tut bitte alles, damit er wirklich kommt, denn wir wollen mit ihm reden.
Waren Sie erstaunt, dass er dann so volksnah und unkompliziert aufgetreten ist?
Leicht: Als Putin dann da war, sprach er zu einem Empfang im kleinen Kreis russisch. Der Übersetzer war dabei. Es war eine sehr angespannte Atmosphäre. Putin ging vor, griff sich an die Fliege und sagte scherzhaft auf Deutsch ins Publikum: „Ich trage das selten, das ist unbequem, geht Ihnen das nicht ähnlich, meine Herren?“ Da gab es den ersten Lacher. Dann sprach dieser Mann deutsch, was völlig vom Protokoll abwich. Das haben viele überhaupt nicht begriffen. Ich hatte extra Alexander und Irina von Bismarck eingeladen. Er
ist von altem deutschen Adel, sie gebürtige St. Petersburgerin, ehemals Bratschistin bei Justus Franz. Die haben mir erst bewusst gemacht und gesagt,
dass es das eigentlich gar nicht gibt, dass ein amtierender Staatspräsident im
Ausland bei einem offi ziellen Anlass nicht seine Muttersprache, spricht sondern
deutsch. Das war ein Riesenkompliment und eine Liebeserklärung, die letztendlich in vielen Fällen überhaupt nicht wahrgenommen wurde.
Warum machen Sie vor dem Ball immer so ein Rätselratespiel um die
Preisträger?
Leicht: Ich bin ja als stellvertretender Vorsitzende immer involviert in alle Pläne. Aber wir haben immer gut daran getan, die Klappe zu halten und nichts zu erzählen, bis es so weit war. Letztes Jahr Bob Geldof, das war eine Sache, die hat sich innerhalb der letzten Stunden vor dem Ball entschieden. Da braucht man Nerven wie Drahtseile.
Wen würden Sie sich denn als Preisträger wünschen?
Leicht: Ich würde mich freuen, wenn es uns gelingen würde, einen amerikanischen Politiker oder eine amerikanische Persönlichkeit auszuzeichnen. Das wäre wichtig. Die Amerikaner haben auch viel für Dresden getan. Ich könnte mir ein gekröntes Haupt mal vorstellen. Da gibt es Ideen. Das Schöne ist, dass es immer eine ganz individuelle Zusammenstellung aus menschlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Hintergründen ist, die dem Ball
immer eine persönliche Note geben.
Ist der SemperOpernball inzwischen einer der wichtigsten Opernbälle Europas?
Leicht: Er ist etwas Besonderes. Jeder, der etwas anderes sagt, würde lügen. Der Ball ist das erste große Highlight jedes Jahres. Deshalb fiebern wir dem Ball immer entgegen. Es ist auch für uns die größte Einzelveranstaltung gesellschaftlicher Art. Ich freue mich jedes Mal.
Haben Sie auch Lampenfieber, wenn Sie mit den bekannten Persönlichkeiten offiziell vor Publikum über die Bühne hereinlaufen?
Leicht: Lampenfieber nicht, aber vorher eine gewisse Ungeduld.
Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere am SemperOpernball?
Leicht: Dem Ball merkt man an, dass er von Menschen gemacht wird, die mit großer Liebe zum Detail alles immer wieder neu überprüfen und nicht nachlassen. Jeder Ball ist auf seine Art ein völliges Unikat gewesen. Aber jedes Mal haben wir auch aus dem Vorjahresball Ideen und Dinge verbessert und mitgenommen. Anfangs war es natürlich ein bisserl auf die Trommel gehauen und den dicken Max markiert: Wir sind besser als Wien. Aber in der Zwischenzeit wissen wir, dass wir uns nicht verstecken müssen. Die Dresdner können voller Stolz auf ihren Ball sein. Es ist ihr Ball, es ist unser Ball. Durch das Drinnen und Draußen ist es ein Ball, der beide zusammenführt. Die Dresdner begrüßen zu Beginn des Jahres mit ihrer schönsten Visitenkarte, der Semperoper, die Gäste aus der ganzen Welt. Das ist wirklich ein ideales Kommunikationsmedium, ein Anlass, der Spaß macht.
Und der im Fernsehen live übertragen wird…
Leicht: Es ist wichtig, dass der MDR das überträgt. Ohne Öffentlichkeit geht gar nichts. Dass er in diesem Jahr vier Stunden berichtet, ist ein Riesenkompliment.
Ich war schon immer der Meinung, dass die Ballübertragung zu früh abgebrochen wird. Jetzt haben auch die normalen Gäste die Möglichkeit, in Erscheinung zu treten. Man will das ganze Umfeld sehen, will wissen, welche Prominenten da sind, welches Ballkleid besonders gut aussieht, was passiert anschließend draußen auf dem Theaterplatz? Dafür hat man jetzt mehr Zeit, das in die Tiefe gehend zu zeigen. Ich fi nde das gut.
2012