• 3545 Aufrufe

„Entweder du begeisterst, oder du scheiterst.“

Was verdienen Bill Clinton, Gerhard Schröder, Joschka Fischer (Foto) und Co. für ihre Vortragsauftritte? Was sind die höchsten Honorare für Top-Speaker? Wann sind diese ihr Geld wert und wann nicht? Und wie ist Erfolg vorprogrammiert? Disy- Chefredakteurin Anja K. Fließbach interviewte Siegfried Haider, den Gründer der German Speakers Association (GSA) und Geschäftsführer von experts4events. 

 

Sie haben einmal gesagt, wenn die Produkte stimmen und die Story begeistert, dann entstünden Fans und der unternehmerische Erfolg sei vorprogrammiert.
Haider:
Davon bin ich felsenfest überzeugt. Ein richtig gutes Produkt, ein exzellenter Service und eine Geschichte, die begeistert, sind mehr als die halbe Miete, um in je- der Branche durchzustarten. Dann braucht man als Initiator, Gründer, Vertriebler oder Unternehmer natürlich eine gewisse Anfangsenergie, eine Überzeugungs- und Ansteckungskraft. Daraus folgen Fans, die vom Produkt und der Geschichte begeistert sind, die uns empfehlen. Und dann kommt alles andere von selbst. 

 

Haben Sie das selbst so erlebt, als Sie 2006 die erste Convention der German Speakers Association durchführten?
Haider:
Ja, das war der absolute Wahnsinn. Wir hatten ca. 15 nationale und internationale Referenten und nur 100 Gäste. Aber diese 100 Menschen waren so euphorisch von dem, was sie da erlebt hatten, dass wir plötzlich viele Mitglieder und 100 Botschafter hatten. Von da an lief die Erfolgsstory der GSA wie ein Lauffeuer. 

 

Was hat die Menschen so entflammt?
Haider:
Es war das Live-Erlebnis der Redner und das Format der Convention, also das Erleben des Produkts der GSA. Vorher konnten wir nur theoretisch das Prinzip oder unsere Ziele formulieren. Und obwohl ich vorher schon sehr gut vernetzt war, war der Aufbau schwierig und es gab viele Zweifler. Aber als die Speaker dann ihre Botschaften auf der Bühne präsentierten und alle von den Stühlen rissen, ging es richtig los. Menschen kaufen am liebsten von Menschen, die vom Gleichen überzeugt sind. 

 

Es gab auf Ihrem Weg auch Schwierigkeiten. Wie haben Sie sich selbst motiviert?
Haider:
Der Glaube an die Idee und an die Philosophie dieses Netzwerks haben mir geholfen. Ich musste erst einmal Interessantes versprechen und Vertrauen aufbauen. Begeisterungsfähigkeit ist eine der wichtigsten Kompetenzen. Entweder du begeisterst oder du scheiterst. Du musst die Leute mit einer richtig guten Idee infizieren. 

 

„Das Honorar eines guten Speakers sollte bei 4.000 Euro und mehr liegen. Sonst fragt sich der Unternehmer, ob der Redner gut genug ist.“ 

 

So wie ein guter Speaker?
Haider:
Ja! Er muss für einen Themenbereich, eine Expertise stehen. Diese sollte für Jedermann klar erkennbar und nicht nur angelesen sein. „Talk your walk“ ist die beste Devise. Ein Beispiel dafür ist Rein- hold Messner. Der gute Speaker sollte den Beruf des Speakers pro- fessionell erlernen und sich in seiner Nische klar positionieren. Eine attraktive Website gehört natürlich auch dazu. 

 

Und die Bühnenpräsenz?
Haider:
Die ist das Wichtigste überhaupt. Hier entscheidet sich, ist der Speaker gut oder Durchschnitt. Nach dem Vortrag müssen viele Zuhörer auf den Redner zukommen und mehr wollen, z.B. Bücher, Seminare usw. Dann war er gut, denn er hat für seine Botschaften begeistert und motiviert. Wir bewerten einen Redner als gut, wenn er folgende Punkte in seinen Vorträgen erfüllt: Content (Inhalte), Entertainment (humorvoll, motivierend), Easement (komplexe Sachverhalte einfach darstellen), Efficiency (Preis-/Leistung), Prominenz. Das Gesamtkunstwerk des Speakers ist entscheidend. 

 

Da sind Sie in Ihrer Beurteilung ja gnadenlos, stimmt‘s?
Haider:
Naja, unsere ganze Branche ist gnadenlos. Wenn wir als Agentur ein Häkchen hinter den Speaker setzen, übernehmen wir Verantwortung. Wir garantieren Qualität und unsere Agentur-Kunden verlassen sich darauf. 

 

Sind deswegen die meisten Speaker, die bei Ihnen oder der GSA registriert sind, so teuer?
Haider:
Das Honorar eines guten Speakers sollte bei 4.000 Euro und mehr liegen. Sonst fragt sich der Unternehmer, ob der Redner gut genug ist. Honorarhöhe und Speakergüte hängen eng zusammen. 

 

Sie haben einmal in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ Steinbrücks 15.000 Euro – Honorare gerechtfertigt...
Haider:
Wenn ein Redner wie Peer Steinbrück 15.000 Euro pro Stunde verdient und Veranstalter und Unternehmer bereit sind, das zu zahlen, ist er dieses Honorar auch wert. Denn er zieht viele Menschen an und begeistert. Das habe ich Moderator Frank Plasberg und den Zuschauern erklärt. 

 

Welchen Speaker würden Sie selbst für Ihr Event buchen?

Haider: Das hängt vom Eventziel ab. Aber grundsätzlich nur die, die die Teilnehmer mitreissen. Aus dem Segment Politiker Herrn Kubicki beispielsweise. Der ist klasse! International ist Bill Clinton ganz vorn dabei, der spielt aber Champions League. Zwei Drittel der bei uns gebuchten Speaker sind prominent. 

 

Bedeutet das, dass Sie bekannt mit der internationalen Prominenz sind?
Haider:
Als Kunde dieser Persönlichkeiten, ja. Im Rahmen der Buchungen bin ich Partner und Insider der prominenten Redner. Sie freuen sich über die professionelle Betreuung und tauschen sich gern mit mir aus. Die meisten sind sehr zugänglich. Ich habe die Erfahrung gemacht, je höflicher man fragt, desto offener und bereitwilliger antworten sie. Verehrung und Bewunderung hilft zudem. 

 

Auf der Rednerliste der GSA sind knapp 800 Personen registriert. Kennen Sie die alle persönlich?
Haider:
Die meisten schon. Wir haben seit 1992 mehr als 2000 nationale und internationale Speaker live gesehen. 

 

„Einmal wurde angeblich für die Rede des US-Immobilien-Magnaten Donald Trump eine Million Dollar bezahlt.“ 

 

Da haben Sie sicher auch eine persönliche Bestenliste.
Haider:
Also bei den Politikern gehören ganz klar Persönlichkeiten wie Peer Steinbrück (Finanzen und Euro), Heiner Geißler (Allgemeinpolitik), Wolfgang Clement (Wirtschaftspragmatiker), Gerhard Schröder oder Klaus Töpfer (Umwelt) dazu. Bei den Sportlern sind es beispielhaft Reinhold Messner oder Helga Hengge (die erste deutsche Frau auf dem Mount Everest). Bei den Unternehmern sind es Hans- Rudolph Wöhrl oder Prof. Götz Werner, der dm-Gründer. 

 

Neben den Promis gibt es auch viele Speaker, die das hauptberuflich machen...
Haider:
Da ist im Moment Johannes Warth, der Ermutiger, mein Favorit. Ich mag auf gleichem Level René Borbonus und seine Präsentationen zum Thema Kommunikation sehr gern und natürlich ist man mit Jörg Löhr immer auf der richtigen Seite. Der Grandseigneur der Branche ist natürlich Nikolaus B. Enkelmann. Über den haben Sie in der Disy ja auch schon oft berichtet. 

 

Wie macht man auf sich aufmerksam, wenn man noch nicht prominent ist, aber denkt, ein guter Redner zu sein?
Haider:
Durch selbstgemachte Positionierung und Präsenz, vielen Veröffentlichungen, allen voran Bücher sowie durch TV-Auftritte und konstante, strategische, langjährige PR. Hier gilt: Klotzen statt Kleckern! 

 

Wer bekommt die höchsten Honorare?
Haider:
Top-Politiker wie ehemalige Kanzler oder Außenminister so- wie Unternehmer. Fischer, Schröder und Co. sind sehr beliebt. Die, die bekannt aus Amt und Würden sind, verdienen ca. 15 bis 25.000 Euro und mehr pro Vortrag, Wer – wie Precht und Schätzing - regelmäßig im TV zu sehen ist und Bestseller geschrieben hat, kann es auf ca. 10 bis 15.000 Euro bringen. Wer sehr bekannt, aber nicht flächendeckend prominent, wie Gansch oder Löhr, kann bis ca. 10.000 Euro Honorar nehmen. Ausnahmen bestätigen die Regel…

 

Wer war der bisher teuerste Redner?
Haider:
Zur Top-Liga gehört natürlich Bill Clinton. In den USA werden durch Speaker manchmal ganze Stadien gefüllt. Einmal wurde angeblich für die Rede des US-Immobilien-Magnaten Donald Trump eine Million Dollar bezahlt. 

 

Ist das wirklich das Geld wert?
Haider:
Wenn der Unternehmer einen Top-Speaker nur wegen seines Egos einlädt, ist das nicht rentabel. Wenn Speaker hausintern auftreten, zählt die Weiterbildungswirkung tendenziell weit mehr als die Prominenz des Speakers. Wenn die Investition aber in Richtung Kunde und Umsatzwirkung geht, werden auch sehr hohe Honorare rentabel und sinnvoll. Denn ein Stadion voller Kunden und Interessenten bietet viel Potenzial, wenn das Event-Konzept stimmt. 

 

Wohin wird die Speaker-Szene tendieren?
Haider:
Man kann keine Thematik neu erfinden. Es scheint, dass es alles schon gibt. Es sind Speaker gefragt, denen man zuhören möchte, weil sie den jeweiligen Ton treffen, weil sie begeisternde Persönlichkeiten sind. Was wir suchen, sind Originale, die es mal anders und mit Wirkung sagen. So ein Newcomer ist zum Beispiel Peter Brandl (Hudson River) oder Philip Riederle (Young Generations). 

 

Erfährt die deutsche Speakerszene eine gewisse Amerikanisierung? 

Haider: Ganz sicher. Das Storytelling ist wichtig geworden und wird gewünscht. Es entwickeln sich zwei Richtungen: Einerseits die Nutzung von technischer Brillanz mit Effekten und Visualisierungen vom Feinsten. Auf der anderen Seite findet die reine Rede ohne Schnick- Schnack auch wieder mehr Nachfrage, wenn sie trotzdem emotionalisiert. Wobei der Inhalt genauso wichtig ist wie die Emotion. Schauspieler sind zum Beispiel meist gute Speaker, sie haben schließlich eine langjährige Ausbildung für die Bühne hinter sich. Sie müssen sich nur gute, authentische Inhalte aneignen. 

 

Wir haben über Top-Honorare und Top-Speaker gesprochen. Stimmt es, dass einige Redner aber in Schulen sogar kostenlos referieren?
Haider:
Theoretisch würden sie das da und dort gern mehr tun. Aber viele Kultusministerien bzw. Schuldirektoren unterstützen das leider nicht ausreichend. Sie betrachten das offenbar als Angriff auf ihre Souveränität des konventionellen Lern- und Schulsystems. 

 

Was wünschen Sie sich für die Speaker-Szene für die Zukunft?

Haider: Redner dürfen nie aufhören, daran zu arbeiten, noch begeisterungsfähiger zu werden, unabhängig vom Thema. Die Generationen, die in Zukunft im Zuschauerraum sitzen, erwarten viel mehr als gute Inhalte. Die Veranstalter sollten zielorientierter bei der Konzeptionierung und Vorbereitung ihrer Events vorgehen, den Nutzen messen und prüfen. Eine gute Veranstaltung lohnt sich. Und die Arbeit an der Ergebnissicherung beginnt, wenn das Event endet.