• 3165 Aufrufe

MANN könnte, wenn man wollte

Vom besonderen Gefühl, einen Geländewagen zu fahren

Für die ersten Wagen, die ab 1941 das Werk in Toledo-Ohio verließen, kann die Umschreibung wohl gelten, schließlich waren es reine Militärfahrzeuge. Deren Maßgabe bestand allein in den Fakten 4x4 -Antrieb und einer viertel Tonne Zuladung. Aber keinesfalls wird man damit den Fahrzeugen gerecht, die heute als Jeep über die Straßen gleiten. Längst hat der Geländewagen sein eigentliches Terrain verlassen und ist vom reinen Zweckvehikel zum landstraßen- und stadttauglichen Automobil geworden, das sich in Fahrkomfort, Vielseitigkeit und Ausstattung mit jeder Limousine messen kann. Die Bezeichnung Jeep setzte sich weltweit durch und wird umgangssprachlich für quasi alle Geländewagen benutzt. Aber der Name hat Geschichte und natürlich einen beträchtlichen Marktwert. Heute werden die Geländewagen mit der Bezeichnung Jeep vom DaimlerChrysler-Konzern gebaut.

Praktisch jeder große Autohersteller hat mittlerweile Fahrzeuge in seinem Sortiment, die geländegängig sind oder zumindest den Anschein erwecken. Es ist wohl ein Produkt der Zeit, dass sich dieser Autotyp so überwältigend in der allgemeinen Käuferschicht behaupten konnte. So wie der Absatz von Luxuslimousinen und teuren Sportwagen beständig bleibt bzw. zunimmt, gilt das auch für den Verkauf von Geländewagen. Zum Vorjahr sind die Zulassungszahlen um ca. 1,6% gestiegen. Unzweifelhaft kommt der Trend, sich auch und gerade in der Stadt und dem alltäglichen Leben mit Vierradantrieb und Waldwegausstattung zu bewegen, aus Amerika. Nicht nur Prominente, sondern vielmehr auch der normale Durchschnittsbürger fährt Jeep bzw. SUV, was für Sports Utility Vehicle steht und eben jene Fahrzeuge bezeichnet, die zwar dem unwegsamen Gelände nicht kraftlos gegenüberstehen, aber eigentlich viel zu schade für Steinschlag und Matsch sind.

Aber warum tut wer dies? Weil es trotz Trend und Mode immer noch etwas Besonderes ist. Man wird gesehen, das ist sicher. Natürlich hat sich das Design der Autos immer mehr den Kundenwünschen, Bequemlichkeiten und sportiven Ansprüchen angepasst, so wie es für einen SUV typisch ist. Ein Beispiel dafür ist der VW Touareg. In ihm verbinden sich die Bequemlichkeiten einer Großraumlimousine mit den Platzverhältnissen eines Minivans und dem Temperament eines Autos, das sich von Sandstrecken, Schlammwegen und steinigen Pisten nicht abschrecken lässt. Tatsächlich ist es aber nur eine Handvoll Geländewagenbesitzer, die sich mit dem geliebten Kfz tatsächlich ins Unterholz wagt.

Und es ist gleichsam ebenfalls falsch zu denken, dass sich nur „harte Kerle“ hinter das Steuer klemmen. Schon der eigene Blick durch die Windschutzscheiben zeigt Frauen als Fahrzeugführer eines Zweieinhalb-Tonnen-Gefährts. Anderseits muss man zugeben, dass es kein Kraftakt mehr ist, es zu beherrschen. Ganz im Gegenteil, ABS Plus, adaptiver Wankausgleich, automatischer Regensensor und sensorische Einparkhilfe sind nur einige der technischen Finessen, die dem Komfort und Fahrgefühl auf die Sprünge helfen.

Auch im traditionellen Jeep, allen voran mit dem Flaggschiff Commander, gibt es derlei praktische Unterstützungen. Aber das macht das Erlebnis Geländewagen nicht aus. Es sind der mächtige Motor, die beeindruckenden Ausmaße und die erhabene Sitzposition, die Jeepfahren zu etwas Besonderem machen. Zudem ist das Gefährt äußerst praktisch und als Zugmaschine für Anhänger, Boote und Ähnliches ideal. Platz für die ganze Familie gibt es mit bis zu sieben Sitzen auch - oder bei umgelegten Sitzbänken, z.B. für Bauunternehmer oder Jäger, eine riesige Staufläche. Und wenn auch vorwiegend die Landstraße, Autobahn oder nur der Stadtverkehr und nicht der Wald, das Gebirge oder ein ausgetrocknetes Flussbett die Fahrbahn bilden, am Ende zählt nur eines: Man könnte, wenn man nur wollte!

Man könnte dem Stau entgehen und einfach über das Feld fahren, man könnte die Abkürzung quer durch den Wald nehmen, ohne Furcht, stecken zu bleiben. Man könnte, wenn man wollte. Es ist dem Anstand der Fahrer und wahrscheinlich auch dem Respekt vor der Staatsmacht zu schulden, dass Sie derlei Umsetzung vermeiden. Aber das Gefühl ist da. Und dafür kann man ruhig etwas mehr bezahlen. 

Norbert Scholz
Fotos: PR WW, Jeep