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Abtasten, Screening, Ultraschall
Frauen ab 50 Jahren erhalten in Deutschland alle zwei Jahre eine Einladung zum Mammografie-Screening. Aber auch bei Jüngeren ist eine Krebsdiagnose nicht ausgeschlossen. Ab 30 sollten Frauen ihre Brüste einmal im Monat selbst abtasten und einmal jährlich vom Frauenarzt untersuchen lassen, empfehlen Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).
Bei einem auffälligen Tastbefund sei eine Ultraschalluntersuchung das erste Mittel der Wahl, um der Ursache auf den Grund zu gehen. „Der große Vorteil des Brustultraschalls gegenüber der Mammografie ist, dass die Sonografie direkt vor Ort in der Praxis durchgeführt werden kann, strahlen- und völlig schmerzfrei ist“, betont Professor Dr. med Werner Bader, Leiter des DEGUM Arbeitskreises Mammasonografie. Gerade bei jüngeren Frauen, die häufiger ein dichtes Brustgewebe haben, eigne sich der Brustultraschall gut. Oft macht diese Untersuchung eine Mammografie überflüssig. „Viele der getasteten Knoten sind harmlose Zysten“, erklärt Bader. Diese könne ein erfahrener Untersucher im Ultraschall eindeutig feststellen. „Laut WHO ist im Alter zwischen 50 und 69 der Nutzen der Mammografie höher als ein möglicher Schaden durch die Strahlenbelastung“, erklärt Dr. med. Anke Thomas, Leiterin des Ultraschall- Forschungslabors an der Klinik für Geburtsmedizin der Charité-Universitätsmedizin Berlin. „Von tausend 60-jährigen Frauen werden statistisch gesehen 30 in den nächsten zehn Jahren die Diagnose Brustkrebs erhalten. Das Screening kann die Brustkrebssterblichkeit laut WHO um etwa 23 Prozent senken.“ Jüngere Frauen haben dagegen ein zehnmal geringeres Erkrankungsrisiko. Damit wäre der Nutzen des Mammografie-Screenings bei ihnen viel geringer. Jüngere Frauen sollten daher aufmerksam gegenüber Veränderungen ihrer Brüste sein und die jährlichen Kontrollen beim Frauenarzt wahrnehmen. Eine Ausnahme bilden Frauen mit einem erblichen Brustkrebsrisiko. „Sie sollten schon ab dem 25. Lebensjahr systematisch halbjährlich mit Ultraschall und gegebenenfalls MRT kontrolliert werden“, erklärt Dr. Bader, der am Bielefelder Klinikum das Zentrum für Frauenheilkunde leitet. Der Ultraschall steht bei einem unklaren Mammografie-Befund an erster Stelle der weiteren Diagnostik. Für Frauen in der Schwangerschaft und Stillzeit sei die risikolose Ultraschalluntersuchung ohnehin die primäre Alternative zur Mammografie.
Ergänzender Ultraschall zur Brustkrebsfrüherkennung
Die deutsche Leitlinie für die „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms“ empfiehlt, die Mammografie bei einer dichten Brustdrüse durch eine Ultraschalluntersuchung zu ergänzen. „Frauen sollten darüber Bescheid wissen, dass die dichte Brust ein erhöhtes Brustkrebsrisiko bedeuten kann“, fordern Experten der DEGUM. Betroffene Patientinnen müssten darüber aufgeklärt werden, dass Krebsgeschwüre bei der Mamografie übersehen werden können und eine ergänzende Ultraschalluntersuchung notwendig sei. Bei der Beratung sei das Gesamterkrankungsrisiko der Frau zu berücksichtigen. Bei Frauen mit einem hohen Drüsen- und Bindegewebeanteil innerhalb der Brust sprechen Mediziner von einer „röntgendichten Brust“. Mehr als jede dritte Frau über 50 ist betroffen. „Da sowohl das Drüsengewebe wie auch ein Tumor typischerweise eine höhere Dichte als das Fettgewebe aufweisen und im Bild weiß erscheinen, ist ein Tumor bei der Frau mit dichter Brust in der Mammographie schwerer zu erkennen“, erklärt Professor Dr. med. Markus Müller- Schimpfle, Leiter der Diagnostik im Brustzentrum und Chefarzt der Klinik für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin am Klinikum Frankfurt-Höchst. Statistisch betrachtet haben jüngere Frauen eine dichtere Brust als ältere. Während der Menopause wandeln sich Anteile des Drüsengewebes in Fettgewebe um, allerdings bleibt bei einem beträchtlichen Teil der Frauen die Brust auch dann „röntgendicht“. Knapp ein Drittel aller in einem eingeladenen Screeningkollektiv auffallenden Karzinome würden nicht durch die Bildgebung, sondern durch symptomatische Befunde außerhalb des Screenings entdeckt, erklärt Müller-Schimpfle. Mit Hilfe ergänzender Ultraschalluntersuchungen ließe sich die Zahl dieser „Intervallkarzinome“ reduzieren. Die Zahl damit einhergehender falsch-positiver Befunde, also Ergebnisse die zu einem „falschen Alarm“ führen, dürften nicht verschwiegen werden, so der Experte. Gerade bei einer Brust mit dem höchsten Dichtegrad sei der Ultraschall der 3D-Mammografie überlegen, erklärt Werner Bader. Besteht ein Verdacht, können Ärzte die Ultraschalluntersuchung der Brust jederzeit anordnen. Die Leistung wird dann von den Krankenkassen übernommen. Frauen, die aufgrund vieler Krebsfälle in ihrer Familie ein besonders hohes Erkrankungsrisiko haben, sollten eine humangenetische Beratung in Anspruch nehmen. Bei ihnen sei eine genetische Testung und intensivierte Früherkennung unter Einbeziehung von Ultraschall und MRTomographie zu erwägen.