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Forschen im kleinen und großen Maßstab - Das Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG)

Am Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie möchte man der Frage auf den Grund gehen: Wie organisieren sich einzelne Zellen zu einem komplexen Gewebe? An der Antwort und noch weiteren Fragen wird in Dresden seit 1998 geforscht. Ziel ist es, zu verstehen, wie sich komplexe Gewebe und Zellverbände aus dem Zusammenspiel einzelner Moleküle und Zellen bilden.

Um sich einen Überblick zu verschaffen, beschränkt das Institut den Blick aber nicht auf die Zelle. Vom kleinsten Bestandteil bis zum ganzen Organismus wird hier Forschungsarbeit betrieben. Insgesamt werden sechs Ebenen abgedeckt: Molekulare Netzwerke, Zellorganellen, die Zellen, Gewebe, Organe und ganze Organismen. Die Teams interessiert zum Beispiel, welche molekularen Grundlagen für die Größe und Form einer Zelle verantwortlich sind oder Themen wie Zellteilung, Zelldifferenzierung, die Struktureigenschaften von Zellorganellen, die Übermittlung von Gütern oder Signalen zwischen Zellen oder das genaue Funktionieren molekularer Maschinen. Als Grundlage dienen dabei die Modellorganismen Fadenwurm, Fruchtfliege, Zebrafisch und Maus. "Unsere Hauptaufgabe ist es, neues Wissen zu generieren", sagt Florian Frisch vom Information Office am Institut. Vielfach liefern die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung auch Anhaltspunkte für die Diagnose und Behandlung von Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Alzheimer oder der Degeneration der Netzhaut.

So haben die Wissenschaftler kürzlich herausgefunden, warum Jodmangel während der Schwangerschaft gefährliche Folgen für das ungeborene Kind haben kann. Entdeckt wurde ein neuer Mechanismus, wie sich Hirn-Stammzellen vermehren. Dadurch wird die Produktion von Nervenzellen während der Entwicklung erhöht. So kommt es zu einer Vergrößerung der Großhirnrinde - des Teils des Hirns, der uns Menschen das Sprechen, Denken oder Träumen ermöglicht. Zwei Komponenten im Milieu der Stammzellen arbeiten mit einem auf der Zelloberfläche sitzenden Eiweißmolekül, einem sogenannten Integrin, zusammen - extrazelluläre Matrix und Schilddrüsenhormone. Ohne Jod werden keine Schilddrüsenhormone gebildet. Deshalb kann Jodmangel zu einer Fehlentwicklung des Gehirns führen. Diese neurologische Störung geht mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der mentalen Fähigkeiten einher. Während der Evolution haben höher entwickelte Lebewesen ein größeres Gehirn ausgebildet und verfügen damit über bessere geistige Fähigkeiten. Andere Säugetiere, wie etwa Mäuse, haben im Vergleich zum Menschen ein rund tausendmal kleineres Hirn. Die Dresdner Forscher wollten mit ihrer zusammen mit dem Fritz-Lipmann-Institut in Jena durchgeführten Studie herausfinden, welche Faktoren die Hirnentwicklung beeinflussen und wie sich während der Evolution größere Gehirne ausbilden konnten.

Max-Planck-Forscher haben zudem eine Hefeart entdeckt, die ewig jung bleiben kann. Wie das geht? Sie verjüngt sich, wenn sie sich fortpflanzt. In der Regel teilen sich Mikroorganismen auch bei einer symmetrischen Zellteilung nicht in zwei exakt gleiche Hälften: In Experimenten konnte gezeigt werden, dass ein Mechanismus dafür sorgt, dass eine Hälfte vornehmlich älteres, durchaus auch defektes Zellmaterial erhält; die andere Hälfte hingegen wird mit voll funktionsfähigem Material ausgestattet. Auf diese Weise produziert auch Hefe Nachkommen, die jünger als die Eltern sind - genau wie das beim Menschen auch der Fall ist. Unter günstigen Bedingungen ist die Hefe S. pombe also immun gegen das Altern. Unter guten Bedingungen pflanzt sich die Zelle so fort, dass alle Zellbestandteile zu gleichen Teilen in den neu entstehenden Tochterzellen vorhanden sind. Sobald die Hefe allerdings Stress ausgesetzt wird, wie etwa giftigen Chemikalien oder Hitze, beginnt sie, sich wieder in eine jüngere und eine ältere Zelle zu teilen - wie andere Zellen auch.

 

Das MPI-CBG beschäftigt insgesamt 361 Mitarbeiter, darunter 78 Forscher, 120 Nachwuchsforscher und 12 Gastforscher. Das MPI-CBG ist ein ausgesprochen internationales Institut. Das zeigt sich schon am Team der wissenschaftlichen Direktoren aus Wieland Huttner (Deutschland), Anthony Hyman (UK), Elisabeth Knust (Deutschland), Eugene Myers (USA) und Marino Zerial (Italien), ergänzt durch den mittlerweile emeritierten Direktor Kai Simons (Finnland). Insgesamt sind Menschen aus 45 verschiedene Ländern angestellt.

 

Auch legt das MPI-CBG großen Wert darauf, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern: Das MPI-CBG hat im Mai 2011 die Charta der Vielfalt unterzeichnet - dieses klare Bekenntnis zu einem intensiven Diversity Management bringt eine natürliche Sensibilität auch für die Belange von Familien mit sich. Das Institut organisiert Kinderbetreuung für junge Familien in der Umgebung.

 

Am MPI-CBG gelten flexible Arbeitszeiten, alles ist 24/7 einsatzbereit und das Institut rund um die Uhr in Betrieb. Das bedeutet absolute Flexibilität, von der natürlich auch Familien extrem profitieren. Das MPI-CBG wurde 2012 mit dem Innovationspreis der Landeshauptstadt Dresden als "Familienfreundlichstes Unternehmen" ausgezeichnet.

 

Von der Wissenschaftszeitschrift The Scientist wurde das MPI-CBG 2009 in zwei Rankings als "Best Place to Work" ermittelt. Es führt die Liste der zehn besten Forschungseinrichtungen außerhalb der USA des Jahres 2009 an, unter denen sich keine weitere deutsche befindet.

 

Eine Besonderheit des MPI-CBG ist die Organisationsstruktur. Ressourcen werden nicht mehr an einzelne Abteilungen geleitet. Vielmehr erfolgt die Forschung in einem Netzwerk aus gleichberechtigten Arbeitsgruppen. Das Budget wird direkt zwischen den Direktoren und Forschungsgruppenleitern aufgeteilt. Die zentrale Infrastruktur, dazu gehören auch kostenintensive Technologien, werden von internen MPI-CBG Services und Facilities eingerichtet. Diese sind nicht von den Direktoren und Forschungsgruppenleitern abhängig und finanzieren sich unter anderem dadurch, dass ihre Inanspruchnahme den Nutzern in Rechnung gestellt wird. Durch dieses Model werden Kosten transparent gehalten und sichergestellt, dass die Bedürfnisse der Forscher und die Qualitätsansprüche eingehalten werden. Das MP wird öffentlich finanziert. 82 % der zur Verfügung stehenden Gelder kommen vom Steuerzahler, dabei übernehmen jeweils 50% das Land und 50% der Bund. Der Rest sind Drittmittel wie Spenden oder durch Patente generierte Gelder. Das gesamte Budget beläuft sich auf ca. 30 Millionen Euro. Seit 2001 sitzt das Institut in Dresden-Johannstadt. Der Bau des Gebäudes dauerte rund zwei Jahre und kostete 55 Millionen Euro. Konzipiert wurde es von den renommierten finnischen Architekten Heikkinen/ Komonen und Henn Architekten aus München. Es ist weltweit als idealer Laborbau bekannt. Der Forschungsbau will als Kommunikationsgebäude Begegnungen zwischen Mitarbeitern und Wissenschaftlern maximieren und Interaktion fördern. So ist der Bau der ideale Raum für die flache Organisationsstruktur des MPI-CBG.