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»Wir wollen Ihr Partner in Sachen Gesundheit sein!«

Dr. Katja Daub über Online-Handel, individuelle Medikamente und Nachtschichten

An Apotheker werden heute mehr Anforderungen gestellt, als nur Medikamente zu verkaufen. Im Interviews mit Dr. Katja Daub sprachen wir über Konkurrenzaus dem Ausland, ob eine gesundheitliche Empfehlung durcheine Apotheke sinnvoll ist und wann Medikamente von den Apothekern selbst hergestellt werden.

Wie ist die Arzneimittelversorgung in Deutschland im Vergleich zum Ausland?
Dr. Katja Daub: In Deutschland ist die Arzneimittelversorgung sehr gut. In ländlichen Regionen nimmt allerdings ähnlich wie die Ärztedichte auch die Apothekendichte ab, so dass manche Patienten tatsächlich weiter als zehn km zur nächsten Apotheke fahren müssen, was gerade an Wochenenden für Personen ohne Auto ein echtes Problem sein kann. Einzigartig ist sicherlich die sehr schnelle Lieferfähigkeit der meisten deutschen Apotheken. Diese Lieferfähigkeit wird allerdings zunehmend durch die Nichtlieferfähigkeit mancher Medikamente durch die Hersteller schlechter. Die sehr schnelle Logistik der deutschen Apotheken bzw. der Arzneimittel-Großhändler haben sich übrigens auch andere Branchen abgeschaut. Eine Lieferfähigkeit innerhalb von 24 Stunden ist heute in anderen Branchen noch etwas Besonderes - die Lieferfähigkeit innerhalb weniger Stunden hingegen in der deutschen Apotheke selbstverständlich.

Wie kann es sein, dass Medikamente im Ausland oft billiger angeboten werden?
Dr. Katja Daub: Da hat die Mehrwertsteuer einen hohen Anteil. In Deutschland haben wir auf alle verschreibungspflichtigen Medikamente und frei verkäufliche Arzneimittel wie Aspirin einen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Zum Beispiel in Spanien zahlt man darauf gar keine Mehrwertsteuer. So kommt es, dass die deutschen Verbraucher den Eindruck haben, dort sei das Medikament fast 20 Prozent günstiger. Deutsche Apotheken gelten als teuer, zum einen wegen der Mehrwertsteuer, zum anderen hat aber auch der deutsche Patient einen anderen Anspruch an uns als in anderen Ländern, was Service, Öffnungszeiten, Apothekeneinrichtung und Warenvielfalt anbelangt.

Wie groß ist inzwischen die Konkurrenz zwischen dem Online-Handel und den deutschen Apotheken?

Dr. Katja Daub:
Prinzipiell sehr groß. Aber das gilt nicht nur für die deutsche Apotheke, sondern für den angesiedelten Einzelhandel im Allgemeinen. Beratung vor Ort und dann möglicherweise ein Schnäppchenkauf im Internet - damit hat eine Vielzahl an Einzelhändler zu kämpfen (und letztlich auch die Städte und Gemeinden, denen dadurch Gewerbesteuern für wichtige Investitionen fehlen). Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln hingegen verliert in Deutschland der Versandhandel an Umsatz, da verschreibungspflichtige Medikamente nicht rabattiert werden dürfen und somit das Internet keinerlei Vorteil bietet, sondern eher Umstände macht, weil das Rezept per Post beim Versender eingegangen sein muss, bevor die Produkte losgeschickt werden dürfen. Anders sieht es im Bereich der Selbstmedikation aus. Dort kann ein Versender günstiger sein. Gerade bei Daueranwendung also bei Großpackungen verlieren die ortsansässigen Apotheken deutlich an Umsatz.

Was meinen Sie mit Ihrem Slogan: "Mehr als nur eine Apotheke" ?

Dr. Katja Daub: Viele Menschen verbinden mit Apotheke Krankheit und das Einlösen von Rezepten. Wir wollen darüber hinaus Partner in Gesundheitsfragen sein - sei es in der Prophylaxe, in der Begleitung der Patienten während ihrer Therapie oder schlicht als Empfehlungsgeber von Partnern in einem guten lokalen Gesundheitsnetzwerk, z.B. zu eine Zweithaarpraxis oder dem Tumorzentrum. Unser Motto ist es, mehr als eine Apotheke zu sein, also die üblichen Erwartungen zu übertreffen. Was über unser Kompetenzgebiet hinausgeht, versuchen wir an Partner abzugeben, mit denen wir gut zusammenarbeiten. Gerne sind wir auch Ansprechpartner bereits während der Schwangerschaft und Stillzeit. Unser Team wird inzwischen durch eine examinierte Krankenschwester und zertifizierte Stillberaterin unterstützt.

Ist es sinnvoll, sich zuerst in der Apotheke eine Empfehlung zu holen?

Dr. Katja Daub: Oftmals ja, aber natürlich nicht bei lebensbedrohlichen Situationen! Viele Patienten brauchen einfach Sicherheit 58 59 Gesundheit Foto: pixabay durch einen fachlichen Rat. Bei Indikationen wie Erkältungskrankheiten, Harnwegsinfektionen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen kann das Apothekenfachpersonal ersten Rat geben und oftmals einen Arztbesuch ersparen. Umgekehrt aber schicken wir auch oft Patienten zum Arzt, die den Arztbesuch eigentlich partout vermeiden wollen - z.B. bei Verdacht auf Thrombose, stark schwankendem Blutdruck, Verdacht auf Magengeschwür, Lungenentzündung, Seitenstrangangina, Harnwegsinfektionen mit Fieber u.v.m. Manchmal traut sich ein Patient nicht, einen Arzttermin zu vereinbaren, weil sein Anliegen vielleicht zu banal sein könnte. In anderen Fällen wünscht sich der Patient eigentlich ärztlichen Rat, bekommt aber nicht sofort einen Termin und sucht deshalb alternativ die Apotheke auf. Denn eine Apotheke ist überall in Deutschland immer rund um die Uhr im Dienst. In Bereitschaftsplänen wird geregelt, wann und wie oft welche Apotheke rund um die Uhr zur Verfügung steht und zwar an 365 Tagen in Jahr!

»Eine Lieferfähigkeit innerhalb von 24 Stunden ist heute in anderen Branchen noch besonders – die Lieferfähigkeit innerhalb weniger Stunden hingegen in der deutschen Apotheke selbstverständlich.«

Wie wird der Notdienst in Apotheken honoriert - und kommt da überhaupt jemand?

Dr. Katja Daub: Bis vor kurzem wurde der Bereitschaftsdienst nicht gesondert vergütet. Zwar gab und gibt es die Notdienstgebühr in Höhe von 2,50 Euro, wenn Patienten außerhalb der Öffnungszeiten nachts, an Sonn- und an Feiertagen eine deutsche Apotheke aufsuchen. Doch gerade in ländlichen Gegenden kann es sein, dass ein approbierter Apotheker Dienstbereitschaft hat, und nur eine Handvoll Patienten den Dienst in Anspruch nehmen. Dann entstehen zwar für die Apotheke die Kosten, aber umgekehrt stehen dem nur sehr geringe Einnahmen gegenüber. Gleichzeitig werden Apotheken in ländlicher Region im Vergleich zu solchen in Ballungsgebieten deutlich häufiger zur Dienstbereitschaft verpflichtet, weil es dort einfach weniger Apotheken gibt. Auf dem Land haben manche Apotheken sieben Tage am Stück rund um die Uhr geöffnet, dabei kommen aber nicht unbedingt mehr Leute, weil die Dichte einfach geringer ist. Deshalb ist im vergangenen Jahr der sogenannte Notdienstfond ins Leben gerufen worden. Für jedes in Deutschland auf Rezept abgegebenes Medikament werden 16 Cent in den Fond durch die Apotheken eingezahlt und dann pro Quartal umverteilt auf alle Apotheken, die Dienstbereitschaft hatten. Für jeden laut Notdienstplan absolvierten Volldienst (24 Stunden, auch an Sonn- und Feiertagen) bekommt nun die Apotheke ein Honorar in Höhe von ca. 260 Euro, wobei der Betrag durch die Umverteilung nicht immer gleich ist. Während der Dienstbereitschaft werden nicht nur Medikamente abgegeben. Oftmals nutzen auch ratlose Patienten oder Angehörige die Möglichkeit - auch nachts - eine kostenfreie telefonische Beratung zu bekommen, beispielsweise wenn ein Kind plötzlich hohes Fieber entwickelt oder bei Schmerzen nachgefragt wird, ob ein noch verfügbares Arzneimittel aus der Hausapotheke geeignet ist.

 

Wie oft kommt es eigentlich vor, dass Sie noch Medikamente selbst herstellen?

Dr. Katja Daub: Tatsächlich ist die Anzahl der Rezepturen im Vergleich zu den abgegebenen Fertigarzneimitteln gering. Doch bis zu zehn Individualrezepturen pro Tag werden bei uns hergestellt. Dabei ist die Anzahl an Rezepturen sehr abhängig vom Umfeld der Apotheke. Ist ein Dermatologe in der Nähe, werden z.B. häufiger Salben und Cremes individuell hergestellt. Da Unverträglichkeiten auf bestimmte Zusatzstoffe zunehmen, steigt hier der Bedarf wieder. Es gibt aber auch unabhängig von Dermatologen Verordner von Rezepturen. Beispielsweise fertigen wir regelmäßig Kapseln oder Zäpfchen für schwerkranke Kinder an, für die die Dosierung individuell an das Körpergewicht angepasst werden muss und für die es keine Fertigarzneimittel gibt. Das kann dann schon mal mehrere Stunden Zeit in Anspruch nehmen. Manche Apotheken haben sich auf die Herstellung z.B. von Zytostatika oder Parenteralia spezialisiert. Solche Apotheken produzieren durchaus täglich mehrere Hundert Individualrezepturen. Alle für die Herstellung benötigten Ausgangsstoffe müssen im Übrigen vorher im apothekeneigenen Labor auf Reinheit und Identität überprüft werden, was zusätzlich Zeit in Anspruch nimmt.

Dr. rer. nat. Katja Scarlett Daub

Dr. Katja Scarlett Daub studierte Pharmazie und promovierte in Leipzig. Mittlerweile leitet sie drei Apotheken in Dresden: Die "City-Apotheken" im Hauptbahnhof, am Dr.-Külz-Ring und auf der Hauptstraße. Ihr Konzept beinhaltet, mehr als eine Medikamentenabgabestelle zu sein; Katja Daub will sich nicht nur im die Kranken kümmern, sondern auch den präventiven Gedanken pflegen und darüber hinaus besonderen Kundenservice anbieten. Dazu gehören großzügige Öffnungszeiten und regelmäßige Fachvorträge im eigenen Seminarraum.