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Achtung Chef, große Falle!

Arbeitsrechtler Dieter Merz erklärte beim großen Disy-Vortrag, was Arbeitgeber
beachten müssen und was sie von ihren Mitarbeitern fordern dürfen.
Gerade für Arbeitgeber kann es schwierig sein, im dichten Dschungel der Paragraphen und Gesetze durchzublicken. Verträge müssen eindeutig formuliert,
Stellenausschreibung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz formuliert oder problematische Mitarbeiter rechtsgerecht abgemahnt werden. In der Disy-Eventreihe „Frag deinen Anwalt“ verriet Rechtsanwalt Dieter Merz zahlreiche Tipps und Tricks rund ums Arbeitsrecht.

Von Dieter Merz

1. Stellenausschreibungen unter Berücksichtigung des AGG

Das AGG ist das Allgenmeine Gleichbehandlungsgesetz. Das AGG existiert seit acht Jahren. Es gibt schon zahlreiche Rechtsprechungen hierzu und dennoch werden immer noch dramatische Fehler, gerade bei Stellenausschreibungen, gemacht.

Das AGG will Benachteiligungen beseitigen oder verhindern. Den Anwesenden dürften die acht Benachteiligungsgründe bekannt sein, Benachteiligung wegen Rasse, Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität. Die meisten gerichtlichen Fälle beschäftigen sich mit Benachteiligungen wegen Alter und Geschlecht. Das AGG will vermeiden, dass Beschäftigte aufgrund dieser Kriterien benachteiligt werden. Denn wenn sie benachteiligt werden, kann es im Einzelfall recht teuer werden.

Wegen eines Schadens kann der Beschäftigte nämlich eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung kann bei Nichteinstellung bis zu drei Monatsgehältern betragen. Man stelle sich vor, ein kleiner Handwerkerbetrieb schreibt eine Stelle mit einem Gehalt von 3.000 Euro aus, die fehlerhafte ist, sodass er schnell bis zu 9.000 Euro verlieren kann. Deswegen sollte man sich vorher überlegen, wie eine richtige Stellenausschreibung zu formulieren ist.

Mein erstes Beispiel handelt von einer Benachteiligung wegen dem Merkmal Religion: Das Arbeitsgericht Berlin hatte einen Fall zu verhandeln, bei dem ein Diakonisches Werk eine Referentenstelle für Antirassismus suchte. Ein Bewerber wurde abgelehnt, weil er nicht der entsprechenden Konfession entsprach. Dieser klagte und bekam Recht. Das Gericht stellte fest, dass die Anforderungen an die Stelle keine religiöse Bindung oder Zugehörigkeit zu einer Konfession erfordere. Ein weiteres wichtiges Urteil ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zum Auskunfts- und Einsichtnahmerecht in Bewerbungsunterlagen. In diesem Fall klagte eine 45-jährige russisch-stämmige Bewerberin. Sie hatte sich auf eine Stelle als Software-Entwicklerin beworben und fühlte sich aufgrund ihres Geschlechts und der Herkunft benachteiligt. Sie wurde nämlich nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und forderte daraufhin den Arbeitgeber auf, Einsicht in die Personalakte wegen der Gründe der Ablehnung und dem eingestellten Bewerber zu erhalten. Nach Ablehnung war sie der Meinung, es läge ein Verstoß gegen das AGG vor und klagte bis zum Bundesarbeitsgericht. Dieses sorgte mit einem grundlegenden Urteil für Klarheit und ist der Auffassung, ein Auskunfts- und Einsichtnahmerecht in die Bewerbungsunterlagen gäbe es dann nicht, wenn der Bewerber nur ins Blaue hinein behauptet, es läge ein Verstoß gegen das AGG vor. Nur wenn es ausreichende Indizien für eine Benachteiligung gäbe, sei eine solche Einsichtnahme möglich. Da die Stellenausschreibung aber richtig gewesen war, gab es keine Indizien für eine Benachteiligung. Es kann festgehalten werden, dass dann, wenn die Stellenausschreibung AGG konform ist, ein Bewerber vom Arbeitgeber keine Auskunft darüber verlangen kann, wer warum eingestellt wurde.

Ein weiteres Beispiel: Der Arbeitgeber sucht eine befristete Schwangerschaftsvertretung. Bei dem Bewerbungsgespräch wurde die Frage nach einer möglichen Schwangerschaft durch den Arbeitgeber gestellt, die durch die Bewerberin beantwortet wurde. Diese Bewerberin wurde eingestellt und verklagte den Arbeitgeber wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes. Welche Fragen zulässig sind und welche nicht, soll aber an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Das Landesarbeitsgericht urteilte, dass eine Benachteiligung vorläge. Denn nur eine Frau wird nach heutigem Kenntnisstand schwanger. Weil die Frage an sich schon unzulässig ist und eine Diskriminierung darstellt, muss eine Frau im Rahmen eines Bewerbungsgespräches weder die Frage nach der Schwangerschaft mitteilen noch entsprechende Fragen beantworten, vielmehr kann auch eine Frage verneint werden. Eine Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen einer gerechtfertigten Lüge als auch eine Kündigung wären nicht gerechtfertigt und würden ins Leere gehen. Auch sind fragen wie beispielsweise, ob die eigenen Kinder pflegebedürftig oder behindert sind, unzulässig. Zulässig wäre beispielsweise die Frage, ob ein Kind bereits in den Kindergarten geht. Auch muss eine Frage nach eingestellten Ermittlungsverfahren nicht beantwortet werden. Diese Fragen hatte ein Lehrer in NRW verneint bzw. nicht beantwortet. Nach Einstellung des Lehrers erfuhr der Arbeitgeber von etlichen eingestellten Ermittlungsverfahren, der Arbeitsvertrag wurde angefochten und gekündigt. Im Ergebnis waren jedoch die ausgesprochene Kündigung und die Anfechtung des Arbeitsvertrages nicht, da schon die Frage nach den eingestellten Ermittlungsverfahren unzulässig war.

In Kürze noch einige wissenswerte Urteile: Ablehnung einer Bewerberin wegen des Risikos erhöhter krankheitsbedingter Ausfälle: Die Klägerin war Dialyse-Patientin. Ihre Bewerbung wurde aufgrund des Risikos erhöhter krankheitsbedingter Ausfälle angelehnt, was letztlich zu einem Verstoß gegen das AGG und zur Zahlung des bereits im Jahre 2007 entschiedenen Falles zu drei Monatsgehältern führte.

Formulierungen in einer Stellenausschreibung wie "ich suche einen Mann" oder "ich suche eine Frau" oder Altersangaben können Indizien für eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts oder des Alters sein. Wenn jedoch ein Arbeitgeber die Eingrenzung auf Frauen/Geschlecht plausibel darlegen und begründen kann , ist dies gerechtfertigt. Als Beispiel sei hier die Suche von Models für die Präsentation einer Frauenkollektion genannt. Dafür sind Männer nicht geeignet. In der Stellenausschreibung sollte um Unannehmlichkeiten zu vermeiden auch explizit aufgeführt sein, dass es sich um Damenmode handelt.

Eine Stellenausschreibung, so ein Gerichtsfall, in welcher zwei Freiberufler im Alter zwischen 25 und 35 Jahren gesucht und bei Eignung eine Anstellung in Aussicht gestellt wurde, ist höchst problematisch. In diesem Fall wurde ein Bewerber nicht eingeladen, sodass nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes der Bewerber auch keine Chance auf Einstellung hatte. Wenn ein Bewerber nun bei einer Klage nachweist, dass er objektiv geeignet ist und dem Arbeitgeber keine Rechtfertigungsgründe für das Alter von 25 bis 35 Jahren zur Seite stehen, bekommt der Bewerber recht. Stellenausschreibungen, wie "Ich suche junge Menschen" sollten grundsätzlich vermieden werden. Es droht, sofern keine Rechtfertigungsgründe vorliegen, eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehältern.

Stellenausschreibung: "Wir suchen Berufsanfänger als künftiges Führungspersonal oder Young-Professionals." Ein 36-jähriger Bewerber wurde abgelehnt. Dieser hatte wohl juristische Vorkenntnisse und klagte. Im Prozess teilte der Arbeitgeber mit, dass die schlechten Examensnoten für die Nichtberücksichtigung ausschlaggebend waren. Im ersten Schritt prüfte das Gericht, ob es ein Indiz wegen Benachteiligung des Alters gegeben hatte, was vom Gericht angenommen wurde Im zweiten Schritt muss dann der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass seine Auswahlentscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erfolgte. Da dies im vorliegenden Fall nicht gegeben war, musste der Arbeitgeber eine Entschädigung zahlen. Altersspezifische Stellenausschreibungen sind ohne Rechtfertigungsgrund zu vermeiden. Anders ist die Lage, wenn ein Arbeitgeber Formulierungen wählt, wie "Wir bieten einen zukunftssicheren Arbeitsplatz in einem jungen und motiviertem Team." Hierüber musste das LAG Nürnberg entscheiden und kam zu dem Ergebnis, dass nur hier eine Anpreisung des Arbeitgebers, also kein Verstoß gegen das AGG vorläge.

Daher empfehlen wir eine Trennung darüber, wie das Anforderungsprofil des Bewerbers aussehen und das Unternehmen dargestellt werden kann.

2. Rechtssichere Arbeitsverträge

Ein Arbeitsvertrag ist die individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, durch die die wechselseitigen Rechte und Pflichten konkretisiert werden.

Da ein Arbeitsvertrag regelmäßig durch den Arbeitgeber vorformuliert wird, handelt es sich um dessen "Allgemeine Geschäftsbedingungen", die der gesetzlichen Kontrolle unterliegen. Überraschende Vertragsklauseln oder solche, die den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, sind unwirksam.

Deswegen muss der Arbeitgeber bei der Erstellung der Arbeitsverträge klare und verständliche Formulierungen wählen. Es gibt sogar Urteile über die Wirksamkeit von Klauseln in Arbeitsverträgen, wonach unter der Überschrift ein völlig anderer Inhalt stand. Dies war für den Arbeitnehmer überraschend und die Klausel daher unwirksam.

Kein Jahr vergeht, in dem nicht die Arbeitszeit Anlass für gerichtliche Entscheidungen ist. Mangels tarifvertraglicher Vereinbarung oder anderslautender Vereinbarungen betragen in den meisten Fällen die Wochenarbeitszeiten 40 Stunden und können dann durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers verteilt werden. Dieser kann dann anordnen, an welchen Tagen die Arbeit zu leisten ist.

Beispiel: Wann muss hier der Arbeitnehmer nach folgender Klausel arbeiten: "Umfang und Lage der geschuldeten Arbeitszeit richten sich wegen des schwankenden und nicht vorhersehbaren Umfang der Arbeiten nach dem jeweiligen Arbeitsanfall" und die Lage der Arbeitszeit wird "anhand eines Einsatzplanes bekannt gegeben."

Der Arbeitnehmer und damit Verbraucher muss aus einer Klausel klar erkennen können, wann er zu arbeiten hat. Das LAG Düsseldorf stellte dann auch klar fest, dass diese Klausel wegen unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers unwirksam sei. Der Arbeitnehmer kann den Umfang seine Arbeitszeit nicht erkennen. Deshalb sei in erster Linie auf die in der Vergangenheit geleistete regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit abzustellen. Sollte auch dies nicht möglich sein, muss auf die betriebsübliche Arbeitszeit abgestellt werden.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen: Eine Klägerin stellte bei ihrem Arbeitgeber einen Dienstreiseantrag, der jedoch abgelehnt wurde Auch nach erneutem nachfragen, erhielt sie keinen positiven Bescheid. Daraufhin meldet sie sich genau am Tag der Dienstreise krank und kommt am nächsten Tag wieder zur Arbeit.

Daraufhin wurde die Klägerin aufgefordert, künftig schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest vorzulegen. Mit ihrer Klage hat die Klägerin Widerruf dieser Weisung begehrt. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die Ausübung des dem Arbeitgeber von § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG eingeräumten Rechts im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers stehe. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht.

Es kann festgehalten werden, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, von dem Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Dauer schon von dem ersten Tag der Erkrankung an zu verlangen. Um einen solchen Fall zu verhindern, ist es ratsam, die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen konkret im Arbeitsvertrag zu vereinbaren.

Sollte sich der Arbeitnehmer nicht an die vom Arbeitgeber getätigte Weisung halten, also nicht am verlangten Tag die AUB abgeben, dann hat er drei Möglichkeiten: Gespräch, Ermahnung, Abmahnung. In diesem Fall könnten Sie den Arbeitnehmer direkt abmahnen. Auch ist es möglich, dass die nicht geleistete Arbeitszeit vom Lohn abgezogen wird. Reicht die Arbeitnehmerin die AUB nach und kann damit nachweisen, dass sie tatsächlich bereits am ersten Tag arbeitsunfähig war, dann muss der Arbeitnehmer die Abmahnung zurück nehmen und das Geld auszahlen. Allerdings kann der Arbeitgeber für die Zukunft anordnen, entsprechend der Weisung, die AUB am ersten Tag einzureichen. Laut Gesetz muss die AUB übrigens am dritten Tag des Fehlens eingereicht werden.

• Überstunden
Problematisch sind Klauseln, wonach alle Überstunden mit dem Lohn abgegolten sein sollen. Dies ist nach der Rechtsprechung nicht möglich. In der Regel können bei klaren Formulierungen maximal 20 Prozent an Überstunden/Mehrarbeit der Wochenarbeitsstunden abgegolten werden.

• Verschwiegenheit
Immer wieder treten in Arbeitsverträgen Formulierungen auf wie: "Der Arbeitnehmer ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, insbesondere zur Höhe seiner Vergütung." Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist diese Klausel unwirksam. Was ebenfalls in einen Arbeitsvertrag gehört und woran sich der Mitarbeiter halten muss, betrifft den Punkt der Nutzung des Internets und sozialer Medien sowie Datenschutz. Auch die Nutzung von zur Verfügung gestellten Mobiltelefonen sollten geregelt werden. Wir empfehlen, klare Regelungen in die Arbeitsverträge aufzunehmen. Im Vorhinein sollten die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers klar definiert und festgelegt sein. Daran muss sich der Arbeitnehmer halten. Sollte ein Arbeitnehmer trotz Verbotes, Dateien pornografischen Inhalts über den betrieblichen Internetanschluss herunterladen, stellt dies einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung dar. Wenn ein Arbeitnehmer an mehreren Tagen während der Arbeitszeit mehr als eine Stunde privat im Netz surft, riskiert er die fristlose Kündigung, da die private Nutzung in diesem Fall "ausschweifend" ist und die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in erheblichem Maße beeinträchtigt wird. Allerdings gilt auch bei der Nutzung des Internets zu privaten Zwecken, dass die Arbeitsleistung in der Zeit dieser Nutzung nicht erbracht wird. Kommt dies regelmäßig vor, dürfte ein Fall von Arbeitszeitbetrug vorliegen.

• Zeugnis
Nach Auffassung eines LAGs sind sogenannte Dankesklauseln Sache des Arbeitgebers. Häufig findet sich am Ende eines Zeugnisses die Klausel: "Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute". Auf eine allgemeine Höflichkeitsbekundung am Ende eines qualifizierten Zeugnisses, die offensichtlich keinen Bezug zum Verhalten und/oder der Leistung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis hat, besteht nämlich kein Anspruch. Die im Zeugnis enthaltene Formulierung, "als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt", ist zulässig und erweckt nicht den Eindruck, es werde in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation attestiert. Auch darf ein Zeugnis keine Merkmale enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen, folglich dürfen auch keine Smileys eingefügt werden.

3. Abmahnung

Die Funktion einer Abmahnung dürfte bekannt sein. Mit der Abmahnung wird ein Arbeitnehmer auf ein bestimmtes, genau geschildertes Fehlverhalten hingewiesen, mit der Absicht, ihn unter Androhung möglicher Rechtsfolgen im Wiederholungsfalle zu einer Verhaltensänderung zu veranlassen.

Die Abmahnung erfüllt eine Warn- und Ankündigungsfunktion und ist grundsätzlich Voraussetzung einer verhaltensbedingten Kündigung, wenn nicht besonders schwerwiegende Umstände eine Abmahnung entbehrlich erscheinen lassen.

In der Regel sollte sie schriftlich erfolgen, in Ausnahmen auch mündlich. Sie ist die Vorstufe der verhaltensbedingten Kündigung. Ein Tipp von mir: Lieber einmal abgemahnt, als zu früh aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt. Es sei denn, es handelt sich um strafbare Handlungen wie Diebstahl, Tätlichkeiten oder groben Beleidigungen von Vorgesetzten und Kollegen, Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit oder unerlaubter ausschweifender Privatnutzung des Internets.

Überraschenderweise ist aber eine einfache Beleidigung des Arbeitgebers gedeckt. Hierzu urteilt ein Arbeitsgericht, dass der emotionalisierte Arbeitnehmer "wohl nicht bei Sinnen" war und ein Ausnahmefall vorgelegen habe. Will sich der Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung wehren, hat er die Möglichkeit zur Gegendarstellung. Damit meint der Arbeitnehmer, unberechtigt abgemahnt worden zu sein. Diese ist zu den Personalakten zu nehmen, sofern sie der Wahrnehmung berechtigter Interessen dienende Äußerungen enthält (keine Beleidigungen, sachfremde Ausführungen etc.). Einem Arbeitnehmer steht ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Rücknahme der Abmahnung zu, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist (z.B. von einer nicht abmahnungsberechtigten Person ausgesprochen wurde), wenn die Abmahnung unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält oder auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Arbeitnehmerverhaltens beruht oder gar statt eines konkret bezeichneten Fehlverhaltens nur pauschale Vorwürfe enthält.

Auch banale Verstöße dürfen nicht abgemahnt werden, wenn beispielsweise eine Mitarbeiterin ein Blatt Papier aus dem Faxgerät entnimmt und es dabei versehentlich zerreißt - so etwas kann jedem passieren. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist hier verletzt.

Bei einer zu Recht erteilten Abmahnung gibt es keine Verfallfrist und damit auch nach längerem Zeitablauf keinen generellen Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte. Entfernt werden müssen sie nur, wenn das gerügte Verhalten in jeder Hinsicht für das Arbeitsverhältnis irrelevant ist.

4. Kündigungen

Seit dem Jahr 2000 müssen Kündigungen schriftlich erfolgen. Die Kündigungsfristen können sich aus einem Tarifvertrag oder Vertragsklauseln ergeben; im letzteren Fall dürfen die gesetzlichen Kündigungsfristen nicht unterschritten werden. Die Ausschlussfrist für eine außerordentliche Kündigung beträgt max. 2 Wochen nach Kenntnis des wichtigen Kündigungsgrundes.

Für die außerordentliche Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist unzumutbar ist. Je länger die Kündigungsfrist ist, umso unzumutbarer wird diese auch. Ist der Arbeitnehmer noch in der Probezeit und hat demzufolge nur eine zweiwöchige Kündigungsfrist, dürfte keine Unzumutbarkeit vorliegen.

Sofern ein Betriebsrat im Unternehmen vorhanden ist, besteht dessen Beteiligungserfordernis. Sonderkündigungsschutz bestimmter Personengruppen beachten! Wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, wird für die ordentliche Kündigung das Vorliegen eines der gesetzlichen Kündigungsgründe verlangt. Nur Kündigungsberechtigter darf kündigen, andernfalls ist vom Vertreter die Originalvollmacht der Kündigungserklärung beizufügen.

Kommen wir zum Sonderkündigungsschutz. Hier gibt es immer wieder Probleme bei der Kündigung von Behinderten mit Sonderkündigungsschutz. Sollte der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung von der Behinderung nichts wissen, diese dann aber innerhalb von drei Wochen dem Arbeitgeber angezeigt werden, ist die Kündigung unwirksam, da zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes hätte eingeholt werden müssen.

Manchmal kommt es vor, dass ein nicht Kündigungsberechtigter die Kündigung ausspricht. Sofern nicht der Arbeitgeber oder der Kündigungsberechtigte die Kündigung ausspricht, muss eine Originalvollmacht des Berechtigten beigefügt werden. Anderenfalls ist auf eine entsprechende Rüge des Arbeitnehmers die Kündigung unwirksam. Die Kündigung wird wirksam, wenn sie dem Empfänger, in der Regel dem Arbeitnehmer, zugegangen ist. Bei einem Kündigungsschreiben ist das der Fall, wenn der Empfänger üblicherweise davon Kenntnis nehmen würde, also bei Aushändigung an eine berechtigte Person oder Leerung des Briefkastens. Eine tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich.

Der Nachweis des Zugangs der Kündigung ist wichtig im Falle der Klageerhebung für die Berechnung der drei-wöchigen Klagefrist. Der Zugang kann erfolgen durch persönliche Übergabe mit Quittung, durch Boten per Übergabe - Ist das Kindlein noch so klein, kann es ein Bote sein - oder mittels Zeugen in Hausbriefkasten. Auch kann ein Kündigungsschreiben durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt werden, was jedoch im Einzelfall problematisch sein kann. Ein solches Schreiben muss dem Gerichtsvollzieher im Original zugehen, was im Einzelfall zu zeitlichen Problemen führen kann, die Zustellung hat eine nicht kalkulierbare Zustellungsfrist zur Folge.

Gängig ist heute die Zustellung mittels Einwurf Einschreiben. Was ich nicht empfehlen kann, ist die Zustellung mittels Einschreiben mit Rückschein, da der Rückschein bei Abwesenheit nicht unterschrieben wird.

• Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag
In diesen Verträgen vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber einvernehmlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem zukünftigen bestimmten Zeitpunkt.

Daneben werden häufig noch Regelungen zur Abwicklung des Vertragsverhältnisses (z.B. Freistellung, Abfindung etc.) getroffen. Mit einem Abwicklungsvertrag vereinbaren die Parteien nach einer bereits ausgesprochenen Kündigung die Bedingungen, zu denen der Arbeitnehmer ausscheidet. Für diese Art der Verträge zählt die Schriftform. Einem Arbeitnehmer muss auch keine Bedenkzeit oder ein Widerrufrecht eingeräumt werden. Wenn ein Arbeitnehmer ohne Zeitdruck den Vertrag gelesen und unterschrieben hat, kann dieser deswegen nicht angefochten werden. Dies gilt auch für Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz. Es ist auch keine Betriebsratsanhörung erforderlich. Wenn jedoch die Rechte des Arbeitnehmers, zum Beispiel die Kündigungsfrist verkürzt wird, dann muss der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht den Arbeitnehmer darüber belehren, dass die Verkürzung der Kündigungsfrist bei der Beantragung von Arbeitslosengeld zur Sperrzeiten führen kann. Sofern der Arbeitgeber nicht darüber belehrt, kann dies zur Unwirksamkeit der Vereinbarung bei einer Anfechtung führen.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die zum Abschluss des Aufhebungs-, bzw. Abwicklungsvertrages führenden Willenserklärungen nach allgemeinen Grundsätzen wegen Irrtum, arglistiger Täuschung und Drohung anfechtbar sein können, wie beispielweise die Drohung des Arbeitgebers mit einer haltlosen Kündigung, sollte der Arbeitnehmer keinen Aufhebungsvertrag unterschreiben.

Die Drohung mit einer Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen musste, dass die Kündigung einer arbeitsgerichtlichen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten werde.

Das Landesarbeitsgericht Brandenburg hat sich mit folgendem Fall beschäftigt: Eine Mitarbeiterin, seit elf Jahren im Betrieb, entnimmt aus dem Warenbestand des Arbeitgebers Taschentuchpackungen. Dabei wird sie vom Hausdetektiv gesehen und es kommt zur Anhörung in Anwesenheit des Betriebsrates. Dieser stimmt der Kündigung nicht zu. Der Geschäftsleiter jedoch stellt sie vor die Wahl: Anzeige wegen Diebstahl, fristlose Kündigung oder Aufhebungsvertrag. Die Arbeitnehmerin entscheidet sich für einen Aufhebungsvertrag und unterschreibt diesen.
Am nächsten Tag jedoch, entscheidet sie sich, einen Anwalt zu konsultieren und ficht den Aufhebungsvertrag an und der Fall landet vor Gericht. Nach Auffassung des LAG war der Aufhebungsvertrag wirksam. Die Drohung war nicht widerrechtlich, ein verständiger, objektiver Arbeitgeber durfte eine solche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen. Hier lag nämlich eine rechtswidrige und vorsätzliche Verletzung des Eigentums und Vermögens der Firma vor. Sogar der Versuch wäre in diesem Fall ausreichend, selbst wenn der Tatbestand nur von geringem Wert ist. Damit war im zu entscheidende Fall der Aufhebungsvertrag wirksam.

5. Abfindung

Die Abfindung ist eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit verbundenen sozialen Besitzstandes. Einen generellen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gibt es im deutschen Arbeitsrecht nicht. Bereits im Arbeitsvertrag können die Vertragsparteien für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Zahlung einer Abfindung in beliebiger Höhe vereinbaren, was eher in Verträgen mit leitenden Angestellten oder Managern anzutreffen ist.

Ein Anspruch des Arbeitnehmers entsteht auch dann, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben oder in Aufhebungsverträgen eine Abfindung anbietet. Eine beliebte Kündigungsmöglichkeit ist die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen nach § 1 a KSchG. Erforderlich ist dabei, dass der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung auf den Kündigungsgrund der Betriebsbedingtheit und das Verstreichen lassen der Klagefrist als Bedingung des Abfindungsanspruchs hinweist. Eine solche Kündigungsmodalität führt bei Einhalten der Kündigungsfrist nach den Dienstanweisungen der BA nicht zur Verhängung von Sperrzeiten. Im Fall dieser Kündigungsmöglichkeit ist die Höhe der Abfindung gesetzlich festgelegt und beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Dabei ist ein Zeitraum über 6 Monate auf ein volles Jahr aufzurunden. Maßgeblich ist der Bruttoverdienst einschließlich der Sachbezüge in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet.

Zu beachten ist Folgendes: Nennt der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung einen geringeren Betrag, muss er unmissverständlich erklären, dass das Abfindungsangebot keine Abfindung nach § 1 a KSchG sein soll - andernfalls entsteht der Anspruch in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe! Auch gibt es eine Möglichkeit eines sogenannten Auflösungsurteils im Kündigungsschutzprozess, was jedoch nur selten vorkommt. In diesem Fall stellt das Arbeitsgericht zwar die Unwirksamkeit der Arbeitgeberkündigung fest, aber da eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unmöglich erscheint, kommt es zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.

Die konkrete Abfindung ist vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen. Dies ist jedoch abhängig vom Einzelfall. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen: Lebensalter des Arbeitnehmers, Dauer des Arbeitsverhältnisses, wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers, Grad der Unwirksamkeit der Kündigung, der Verlust etwaiger betrieblicher Anwartschaftsrechte auf Ruhegelder, die Chancen des Arbeitnehmers, einen anderen Arbeitsplatz zu finden und das Maß des jeweiligen Auflösungsverschuldens, wie beispielsweise schwere Beleidigungen und Bedrohungen während des Kündigungsschutzprozesses.