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Die neue Arroganz der Bewerber
Sächsische Headhunter, Personalreferenten und Geschäftsführer beklagen, dass immer mehr Bewerber ein ungewöhnliches Auftreten an den Tag legen.
Was ist los mit den Bewerbern? In allen Branchen klagen die Verantwortlichen, dass viele Bewerber starre Vorstellungen von sich, ihren zukünftigen Chefs und den Arbeitstellen haben. Die Bewerber fordern mehr, als sie bieten. Dazu kommt, dass Flexibilität und Einsatzbereitschaft fehlen. Immer mehr Bewerber behaupten in den Gesprächen, Fähigkeiten zu besitzen, die sie gar nicht haben. Mehr Schein als Sein. Außerdem spielen Zensuren heute wenigereine Rolle, als Social Skills. Dafür haben die Bewerber oft kein Verständnis. Disy hat sich bei den verantwortlichen „Personalern“ umgehört. Lesen Sie mal!

„Wer Fluglotse werden möchte, muss eine Reihe von schwierigen Eignungstest durchlaufen und braucht gutes räumliches Vorstellungsvermögen, hohe Konzentrationsfähigkeit sowie akustische und visuelle Merkfähigkeit.“ (Laura Hansen, Fluglotsin, Deutsche Flugsicherung)

„Soziales Auftreten, Neugierde und solide Umgangsformen sind uns wichtig. Diese Eigenschaften sowie ein enormer Lernwille, sind drei Mal wichtiger als gute Noten. Bei einigen merkt man stark, dass die schulische Vermittlung von theoretischem und praktischem Wissen und die Verknüpfung von beiden nur selten erfolgt.“ (Falk Sander, Ausbilder für Industriemechaniker Feingerätebau, IWF)

„Engagement, Lernbereitschaft und Kollegialität sind Eigenschaften, die einen Bewerber weiterbringen.“ (Annett Messerschmidt, Personalreferentin Werk Nünchritz, Wacker AG)

„Viele Bewerber sind nicht bereit, einen längeren Arbeitsweg in Kauf zu nehmen. Aber die Zeit der Karriere ist die Zeit, in der man seine Komfort-Zone verlassen muss.“ (Susann Suchfort, Referentin Ausbildung, SachsenMilch)

„Viele Berufsanfänger haben eine falsche Vorstellung von ihrem Job. Wenn diese sich dann nicht mit der Realität deckt, kommt bei vielen Frust auf.“ (Jessica Michler, Ausbildungsleiterin, Torpedo Gruppe)

„Wer sich ein Netzwerk aufbaut, ist im Vorteil und erlangt mit jedem neuen Kontakt Klarheit darüber, was er machen möchte. Das Wissen darüber, was man will, erleichtert einem auch den Einstieg in das Bewerbungsgespräch. Wer weiß, was er will, der informiert sich konkreter.“ (Nico Herzberg, Ausbildungsleiter Dresden, SAP)

„Leider haben viele Jugendlichen viel zu unpräzise Berufsbilder vor Augen, da sich auch die Titel ständig ändern. Oft heißt der Wunsch dann, irgendwas mit Autos, Medien oder Technik machen zu wollen.“ (Jan Petzold, Betriebsrat, STRABAG)

„Immer wieder ist ein erheblicher Mangel an Allgemeinbildung bei den Bewerbern zu beobachten. Der Wille, zu lernen, ist entscheidend. Wer Interesse zeigt und bereit ist, sich zu engagieren, wird immer Erfolg im Beruf haben.“ (Christina Sylvester, Lehrerin Fachoberschule & Berufsfachschule, Euro Akademie)

„In der Medienbranche kommt man als Berufseinsteiger nicht um das Praktikum herum. Es ist unfassbar wichtig für die berufliche Orientierung und dabei verliert man auch keine Zeit, wie einige immer noch meinen. Ein großes Problem bei jungen Leuten ist ihre Ungeduld. Viele wollen zu schnell zu viel und dabei keine Verantwortung übernehmen.“ (Julian Mengler, Moderator, ENERGY Sachsen)

„Ich bin überzeugt, dass eine solide Ausbildung in einem Handwerk immer noch die beste Basis für das Berufsleben ist. Studieren kann man danach immer noch. Die praktischen Erfahrungen, die Disziplin, die auch unsere Auszubildenden lernen, sind Kenntnisse für das ganze Leben.“ (Kordula Hieronymus, Ausbildungsleiterin, Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH)

„Junge Leute müssen flexibel, kommunikativ, teamfähig und menschenfreundlich sein.“ (Johann Pechthold, Mitarbeiter in der Stabstelle Kommunikation, Zoll)

„Wir vermitteln unseren Studenten jeden Bereich der Hotellerie von der Pike auf. Dazu haben sie einen umfangreichen Stundenplan für jedes Semester. Dabei schwindet bei dem einen oder anderen schon die Konzentrationsstärke zum Ende des Semesters.“ (Mira Höfler, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Hotel Akademie Dresden)

„Leider haben noch viele Leute eine falsche Einstellung zu ihrer Arbeitsstelle. Anstatt dankbar zu sein und motiviert und sich engagiert zu beteiligen, brechen viele nach kurzer Zeit ihre Ausbildung ab. Ich hoffe, dass sich das ändert und den Menschen bewusster wird, welches Glück sie haben, eine Ausbildungsstelle zu haben.“ (Mayda Benitez, Ausbildungsbeauftragte, Hauptvogel unitrans)

„Bei unseren Auszubildenden beobachten wir, dass sie wenig Ausdauer für langatmige Aufgaben haben. Aber das lernen sie bei uns. “ (Gunnar Müller, Ausbildungsleiter, Glashütte Original)

„Unsere Bewerber sind oft sehr jung, wenn sie von der Schule zu uns kommen und da fehlt es an manchen Stellen noch an der nötigen Lebenserfahrung.“ (Christiane Riemer, Mitarbeiterin Personalabteilung, Klinik am Tharandter Wald)

„Ich stelle bei den Bewerbern eine abnehmende Flexibilität fest. Der Wunsch, am Abend zu Hause zu sein und nicht die ganze Woche auf Montage, ist stärker, trotz monetären Anreizen.“ (Sandra Sarfert, Personalleiterin, Rhomberg Sera)

„Ich stelle immer öfter fest, dass junge Leute ihre Kenntnisse und Fähigkeiten als besser präsentieren, als sie es in Wahrheit sind. Wenn man sich als Excel-Expert ausgibt und am Ende nicht einmal weiß, wie das Programm gestartet wird, spricht das eher gegen einen Bewerber.“ (Nadine Borges, Recruiterin, accenture)

„Die Bedeutung von Praktika werden von vielen unterschätzt, spielen aber für die Karriere eine entscheidende Rolle.“ (Petra Schöne, Zahntechnikmeisterin, Lorenzdental)

„Das eigene Hobby zum Beruf zu machen, ist das große Thema für viele. Dann gibt es auch nicht mehr diesen harten Cut zwischen Privat und Beruf.“ (Anja Kürbis, Teamleiterin Personalentwicklung Volkswagen Zentrum Dresden)

„Was Bewerber bei uns brauchen ist Durchhaltevermögen, Sinn für Unternehmertum und den Mut, eigene Entscheidungen zu treffen.“ (Dr. Patrick Bartsch, Backwerk)

„Selbst bei uns sind nicht nur gute Noten in Mathe wichtig, sondern Sozialkompetenz und Kundenfreundlichkeit.“ (Thomas Spannaus, Schwerarbeiter IT-/ Finanzen, Finanzamt Dresden)

„Studenten sollten sich besser informieren, dass studieren auch anstrengend sein kann und viel Disziplin erfordert. Wichtig wäre, dass sie sich auch bewusst machen, mit welchem Studium sie ihr berufliches Ziel erreichen können.“ (Prof. Dr. Gudrun Flach, Fakultät Elektrotechnik, HTW Dresden)

„Schon bei den Bewerbungsunterlagen beobachten wir immer öfter, dass Zeugnisse fehlen oder die Anschreiben viele Rechtschreibfehler aufweisen.“ (Susann Richter, Teamlead HR Business Partner Manufacture, Lange Uhren GmbH)

„Das Netzwerken ist vor allem für Berufseinsteiger enorm wichtig. Das verstehen viele nicht. Aber man sollte jede Möglichkeit nutzen, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen, ob bei Messen oder im Praktikum.“ (Gregor Mix, MLP, Leiter Recruiting Nord/ Ost)

„Es mangelt den Bewerbern oft an Kentnissen der Rechtschreibung, Pünktlichkeit und bei manchen an Höflichkeit.“ (Lydia Seehöfer, Sachbearbeiterin Referat Medizinische Fachangestellte, Sächsische Ärztekammer)

„Wir suchen nach offenen Charakteren. Leute, die Spaß am Job und dem Umgang mit Menschen haben. Jungen Leuten fehlt es manchmal an dem „sich durchbeißen“ wollen. Denn am Ende geht es bei uns um den Verkauf und die Zufriedenheit der Kunden.“ (Yvonne Schätzer, Stellv. Marktleiterin, Obi Radebeul)