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2017 erleben Zinssparer ihr wirkliches Waterloo!

Die EZB ist nun aber einmal die geldpolitische Versicherung für alle Euro-Staaten und da es der großen Mehrheit von ihnen wirtschaftlich schlecht bis dreckig geht, sind Zinsen und Renditen eben überall in der Eurozone unten.

Vor allem deutsche Anleger zahlen diese Versicherungsprämie schon seit Jahren in Form einer Zins-Entreicherung. Denn sie sind fatalerweise zu durchschnittlich fast 80 Prozent in Sparbuch, Festgeld und Anleihen investiert. 

 

Inflationsdruck voraus? 

Preisdruck kann bei Zinssparern zukünftig noch mehr Schmerzen verursachen. So hat die deutsche Inflationsrate einen markanten Sprung von 0,8 im November auf 1,7 Prozent im Dezember gemacht. Seit 1993 war die Preissteigerung nicht mehr so dynamisch. Während damals die deutsche Wiedervereinigung die Inflationsbeschleunigung verursachte, sind es heute die stark gestiegenen Rohstoffpreise vor allem bei Öl und Gas. Und da Rohstoffe auf US-Dollar-Basis notieren, ist der schwache Euro so etwas wie der Turbo für die Inflations-Rallye. Und mit Blick auf die Schnäppchenpreise bei Rohöl und Gas im letzten Jahr sind 2017 durchgängige inflationäre Basiseffekte möglich. Ebenso könnten sich weitere Ölförderkürzungen der OPEC im zweiten Halbjahr - wenn auch nur auf dem Papier - und eine im Jahresverlauf erhöhte Rohstoffnachfrage durch die Trumponomics der Beihilfe zum energieseitigen Preisauftrieb schuldig machen. 

 

Inflationsbekämpfung durch die EZB? Als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundesbank theoretisch ja… 

Und was wäre, wenn sich die Preissteigerung im gesamten Euroraumrapide dem Inflationsziel der EZB von zwei Prozent näherte? Gemäß ihrer obersten Direktive ist unsere Notenbank mindestens stabilitätsmoralisch verpflichtet, die Zinszügel schon aus Gründen der vorbeugenden Inflationsbekämpfung anzuziehen. Als Rechtsnachfolgerin der tugendhaften Deutschen Bundesbank müssten deutsche Zinssparer theoretisch einen Inflationsausgleich durch eine restriktive Geldpolitik der EZB erwarten dürfen, der ihnen zumindest den Kapitalerhalt sichert. Inflation mögen wir ja ohnehin nicht, wir hassen sie. Sie ist unser Nationaltrauma, das uns schon mit der Muttermilch verabreicht wurde. Jeder hat von Oma und Opa Erzählungen von Geldentwertung oder Währungsschnitt im Kopf, die das Zinsvermögen ähnlich aufgefressen haben wie der hungrige Hund sein Futter im Napf. Mario Draghi weiß um diese deutschen Empfindlichkeiten. Daher hat er sein Anleiheaufkaufprogramm vorbeugend bis Ende Dezember 2017 verlängert. Unmittelbar vor der Bundestagswahl will er deutschen Sparern nicht erneut mit gelockerter Geldpolitik vor Augen führen, dass Zinssparen nur etwas für hartgesottene Asketen ist. Und tatsächlich will er ab April monatlich 20 Mrd. weniger Anleihen kaufen. Ein Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik ist dies definitiv nicht. Es ist lediglich Make Up, um die hässlichen Pickel und Mitesser einer stabilitätskranken EZB zu überschminken. Ein merklicher Renditeanstieg wird damit nicht verbunden sein. Denn auch mit zukünftig 60 statt 80 Mrd. Euro Aufkaufvolumen bleiben Anleihen eine aussterbende Spezies mit hohen Kursen und niedrigen Zinsen. 

 

…aus Angst vor den sozialen Kosten praktisch nein! 

Machen wir uns nichts vor: Selbst wenn die Inflation ansteigen sollte wird sie von der EZB nicht nach alter Bundesbank-Väter Sitte bekämpft. Sie wird weder ihre Leitzinsen erhöhen noch ihre großzügig verabreichte Liquidität wieder einsammeln. Diesen Luxus kann sich die EZB nicht mehr leisten. Ansonsten stünde die Eurozone vor einer finalen Zerreißprobe. Um völlig überschuldete Euro-Staaten und mit notleidenden Krediten überhäufte Banken vor der Pleite zu bewahren sowie einer Wirtschaftsdepression vorzubeugen, wird die EZB auch noch morgen und übermorgen geldpolitisch kraftvoll zubeißen müssen. 

 

Eine Flurbereinigung über geldpolitische Normalität, mit der man die planwirtschaftliche Euro-Volkswirtschaft wieder in ein stabilitätsgerechtes, marktwirtschaftliches Gleichgewicht brächte, würde zu hohen „Kosten“ führen. Lassen sich Sozialleistungen nicht mehr mühelos über die EZB finanzieren, würden die Wähler ihre Wahlkreuze womöglich bei linken und rechten Parteien machen, die dem europäischen Gemeinschaftswerk von Herzen den Untergang gönnen. Das Beispiel Italien beschreibt die Einbahnstraße der EZB: Der Stiefel hat mittlerweile Staatsschulden von etwa 2.300 Milliarden Euro angesammelt. Der Schuldendienst ist nur deshalb zu tragen, weil die Schuldzinsen durch den Stiefelknecht EZB so günstig gedrückt wurden. Im Falle eines Renditeanstiegs von auch nur einem Prozent - was in historischer Betrachtung immer noch paradiesische italienische Zinszustände wären - erhöhte sich die Zinsrechnung für Italien um 23 Mrd. Euro. Das kann Italien nicht mehr stemmen, ohne finanziell zusammenzubrechen. Aus dieser geldpolitischen Rettungsnummer kommt die EZB nicht mehr heraus, leider auch dann nicht, wenn die Inflation über Zweitrundeneffekte wie Löhne aus dem Ruder liefe. Damit bekämpft die EZB Inflation nicht mehr, nein sie fördert sie sogar. Das ist vergleichbar mit der Feuerwehr, die einem Großbrand tatenlos zuschaut, der droht, auf weitere Objekte überzugreifen. Unterstützung der Zinssparer von staatlicher Seite sollte niemand abseits von heuchlerischen Sonntagsreden erwarten. Die Damen und Herren Politiker wissen, dass Inflationsraten - die tatsächlichen liegen ohnehin deutlich über den offiziellen - die höher als Anleiherenditen sind, Verschuldung automatisch auffressen. Der Staat profitiert von der Inflation. So hat schon Amerika immer wieder seine Staatsverschuldung handhabbar gemacht. Und in dem einen oder anderen Land sind durch die Zinsdrückungen der EZB sogar ausgeglichene Staatshaushalte möglich. Mit diesem Pfund kann man im Wahlkampf wuchern. 

 

Kerninflationsrate als Pipi Langstrumpf-Prinzip: Ich mach mir die Welt, so wie sie mir gefällt 

Natürlich muss sich die EZB für ihre „Weiter so-Politik“ rechtfertigen. Sie wird sagen, dass man abwarten müsse, ob der energieseitige Preisauftrieb überhaupt nachhaltig ist. Sollten nämlich 2018 die Ölpreise nicht weiter steigen, würden die energieseitigen Preissteigerungseffekte auslaufen und man hätte das Inflationsjahr 2017 gut überlebt. Und dann gibt es ja noch den Verweis auf die Kerninflationsrate, also ohne Energiepreise. Damit haben die USA schon immer gerne Preisdruck entkräftet. Das Argument ist, dass Öl- und Gaspreise schwankungsanfällig sind und insofern eine nachhaltige Inflationsmessung verzerren. Was für ein Schwachsinn! Steigende Preise sind steigende Preise und müssen bezahlt werden. Wer verzichtet denn im Winter heldenhaft auf die Heizung oder wer nimmt statt dem Auto die Pferdekutsche oder das Fahrrad? In der Tat stellt sich die Kerninflationsrate im Vergleich zur allgemeinen Inflationsrate in der Eurozone deutlich entspannter, nicht aufregend dar. Was für ein schönes Alibi für die EZB, die Hände in den Schoß zu legen. 

 

Für Zinssparer kommt es knüppelhart 

Auf die Frage „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ habe ich als meteorologischer Nichtswisser keine Antwort. Aber auf die Frage „Wann gibt’s mal wieder richtig Zinsen?“ traue ich mir eine zu: Die Zinssparer werden 2017 ihr wahres Waterloo erleben. Sie werden zu wahren Inflationsverlierern. Auf Basis der durchschnittlichen Rendite deutscher Staatsanleihen - aktuelle Umlaufrendite von 0,10 Prozent - ergibt sich nach Inflation eine Rendite von minus 1,6 Prozent. Weniger Realzinsen gab es noch nie. Zinssparen zum Zwecke der Altersvorsorge oder das Ansparen auf langlebige Wirtschaftsgüter wie eine Immobilie funktioniert nicht mehr. Selbst Kapitalerhalt ist nicht mehr möglich. Das Guthabenproblem wird zur Guthabenkrise. Aber es gibt Anlagealternativen. Wenn Inflation seine hässliche Fratze zeigt, ist Gold eine werterhaltende Sorgenpause. Und Dividendenrenditen bleiben weiterhin eine attraktive Ersatzbefriedigung. Ich erwarte auch in diesem Jahr einen neuen Ausschüttungsrekord börsennotierter deutscher Unternehmen. 2017 wird eine bereits bewährte Anlegerweisheit vergoldet: Und wenn dich dein Zins nicht liebt, wie gut, dass es Sachkapital gibt.