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Gold und Strandgut: Goldschmiede-Meisterin Anna-Maria Schelle im Interview

Der Beruf des Goldschmieds ist einer der ältesten überhaupt. Disy sprach mit Goldschmiede-Meisterin Anna-Maria Schelle was es heute noch bedeutet Goldschmiedin zu sein.
Sie arbeiten nicht als einzige in der Goldschmiede.
Schelle: Richtig. Wir sind ein Familienbetrieb in zweiter Generation. Die Goldschmiede existiert seit 1981. Mit dabei sind meine Schwägerin, Yvonne Konschelle und mein Vater Carl Schelle.
Schmerzt es manchmal, Ihre Stücke zu verkaufen?
Schelle: Das kommt ganz drauf an, für welche Person ich das Schmuckstück fertige. Der Charakter spielt da eine große Rolle, und die Wertschätzung, die die Person gegenüber dem Schmuckstück hat.
Der Charakter des Auftraggebers spielt eine Rolle?
Schelle: So ist es. Wobei der Schmuck häufig gar nicht vom Auftraggeber getragen wird. Vor kurzem habe ich einen Ring für die Freundin meines Mitbewohners geschmiedet. Sie ist in Chile. Um ihr etwas Persönliches anzufertigen, etwas, das zu ihr passt, habe ich mir mit ihm Bilder von ihr angeschaut und mir von ihr erzählen lassen. Die persönliche Note ist wichtig.
Ist die Person die einzige Inspiration?
Schelle: Nein, die meiste Inspiration hole ich mir auf meinen Reisen. Ich reise sehr viel und gern. Am liebsten nach Mexico oder Portugal. Da ich gerne surfe, muss es die Atlantik- oder Pazifikküste sein. Häufig bringe ich mir Materialien mit, die ich dann in den Schmuck verarbeite. Ich verarbeite zum Beispiel gerne Strandgut oder andere Sachen, die ich so finde. Natürlich verwende ich auch Gold und Silber als Material. Immerhin soll es auch den Anspruch eines Goldschmieds haben.
Haben Sie eine bestimmte Technik?
Schelle: Ja, ich habe mittlerweile meine Lieblingstechniken, die ich gerne anwende. Ich schmiede unheimlich gerne. Meine Werke haben was uriges, was urtypisches, jedenfalls für eine Goldschmiede.
Richten Sie Ihre Arbeit an aktuellen Trends aus?
Schelle: Ich habe es mir angewöhnt, auf mein Gefühl zu hören und selbst abzuschätzen, ob etwas trendzig ist oder nicht. Das gelingt mir sehr gut. Wir halten natürlich immer die Augen in alle Richtungen offen. Dabei sind wir aber nicht erpicht darauf, jedem hinterher zu laufen. Wir versuchen auch nicht, etwas zu gestalten, was gerade im Trend ist oder Trend werden könnte.
Wie lange brauchen Sie für ein Schmuckstück?
Schelle: Das ist ganz unterschiedlich und lässt sich nicht pauschal sagen. Manchmal dauert die Herstellung eine Woche, manchmal auch nur 24 Stunden. Auch die verwendeten Materialien spielen eine Rolle. Wen es interessiert, wie mein Schmuck gefertigt wird, der kann gerne bei uns vorbei kommen und uns über die Schulter schauen.
Wie gehen Sie beim Erschaffen der Schmuckstücke vor?
Schelle: Teilweise entstehen die Stücke am Zeichenbrett, teilweise gehe ich sofort in die Werkstatt. Manchmal habe ich Formen, die man vorzeichnen, austüfteln und optimieren muss. Andere Stücke habe ich schon klar im Kopf. Das ist häufiger. Dann lege ich sofort los.
Könnten Sie sich vorstellen, dass Ihre Kinder in Ihre Fußstapfen treten?
Schelle: Mein Beruf ist meine Leidenschaft, meine Passion. Es wäre bestimmt schön, das weiter zu geben. Das ist allerdings nicht absehbar. Es ist auch nicht mein Herzenswunsch.