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Die persönliche Uhr

In der Manufaktur von Rolf Lang werden Träume von Uhrenliebhabern wahr

Bei hochwertigen Uhren denkt man häufig an Rolex, Glashütte und Co. Nur noch wenige beherrschen die echte Handwerkskunst, wie sie am Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland praktiziert wurde. Rolf Lang ist einer davon. Mit eigenen Ideen und Lösungen werden die vielen Einzelteile einer Uhr in Präzisionsarbeit zusammen gesetzt. Wir trafen den Uhrenmacher und sprachen mit ihm über seine Karriere, individuelle Kundenwünsche und wieso die Fertigstellung einer Uhr Jahre in Anspruch nehmen kann.

Sie stammen aus einer Uhrmacherfamilie - schon Ihr Urgroßvater stellte Uhren her - und dennoch arbeiten Sie erst jetzt an Ihrer eigenen Kollektion. Was hat Sie so lange aufgehalten?
Lang: Ich wollte ursprünglich in der Forstwirtschaft tätig sein, bin dann aber doch bei meinem Vater in die Lehre gegangen. In der ehemaligen DDR war es nicht gerne gesehen, dass ich den Familienbetrieb übernehme. Man schickte mich für drei Jahre zur Armee. Anschließend bin ich in Jena in den Dienstleistungsbereich eingestiegen, habe alte Uhren repariert und durfte auch bald Lehrlinge ausbilden.

Wie ging es dann weiter?

Lang: Ab 1976 absolvierte ich parallel zu meiner Tätigkeit als Werkstattmeister ein ökonomisches Fernstudium. Schon damals war es mein Traum, Uhren selbst herzustellen. Ich war immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen.

Sie waren lange Zeit Chefrestaurator im Mathematisch-Physikalischem Salon Dresdens.

Lang:
Richtig. In dieser Zeit konnte ich mir ein unvorstellbares Wissen über Uhren aus den letzten Jahrhunderten aneignen. Als ich dort anfing, brachte ich mein eigenes Werkzeug mit. Ich musste zudem eine Ausbildung zum Restaurator für Kulturgut aus Metall absolvieren. Doch nach elf Jahren, kurz vor der Wende, habe ich mich selbstständig gemacht und zum Beispiel alte Taschenuhren restauriert. Meistens kamen die Sachen aus privater Hand, denn die Museen hatten ja kein Geld mehr.

Später waren Sie bei Moser & Chie als Chefentwickler tätig. Sie sind aber nie in die Schweiz gezogen. Was waren die Gründe dafür?
Lang: Anfangs habe ich drei Tage in der Woche in der Schweiz gearbeitet, später dann fünf Tage am Stück. Nach vier Jahren wollte man, dass ich mit meiner ganzen Familie dorthin ziehe. Doch das wollte ich nicht. Wissen Sie, die Sächsische Uhrmacherkunst ist im Gegensatz zur Schweizer eher Englisch geprägt.

Wie, Englisch geprägt?
Lang: Ja, sie ist stabiler und robuster. Das lag mir einfach mehr. Ich bin also zu Tutima Glashütte gegangen. Dort habe ich die erste komplett in Deutschland entwickelte Armbanduhr mit Minutenrepetition gebaut. Auf Wunsch gibt sie die Uhrzeit als akustisches Signal wieder. Erst schlägt sie die Stunden, dann die Viertelstunden und danach noch die seit der letzten Viertelstunde vergangenen Minuten.

Worauf legen Sie bei Ihren Uhren besonders viel Wert?

Lang:
Mein Ziel ist es, alte Techniken und Mechaniken neu aufleben zu lassen. Ich möchte Sie nicht kopieren, sondern diese Tugenden in die Neuzeit bringen. Außerdem ist mir die Ästhetik sehr wichtig. Meine Uhren sind klassisch und zeitlos. Ich will die Uhr wieder auf die Uhr reduzieren. Wussten Sie, dass die Uhren, die vor dem ersten Weltkrieg hergestellt wurden, höherwertiger sind als die danach? Noch vor Beginn des zweiten Weltkrieges war durch die Industrialisierung alles auf Masse ausgelegt. Die Menschen haben sich keine Zeit mehr für die Uhren genommen. Ich möchte jedoch zum ursprünglichen Handwerk zurück.

Aus wie vielen Teilen bestehen Ihre Uhren?

Lang: Das hängt vom Wunsch des Kunden ab. Es sind wohl so zwischen 200 und 250 handgefertigte Einzelteile. Sie können sich von mir ihre persönliche Uhr erstellen lassen. Die Kundenbindung ist mir sehr wichtig. Dafür bekommen sie dann aber auch eine Armbanduhr, die genau auf ihre Wünsche hin gebaut ist - von der Zeichnung, über die Fertigung bis hin zur letzten Schraube, die Sie sogar selbst einsetzen können. Die Uhren werden von mir auch alle vier Jahre generalüberholt.

Wie lange brauchen Sie für eine individuelle Uhr?

Lang:
Natürlich kann der Bau einer solchen Uhr mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die Kunden dürfen sich aber gerne alle paar Monate bei mir melden und sich den aktuellen Stand anschauen. Ich stelle ja kein Industrieprodukt her. Bei mir bekommen Sie echte Dresdner Handwerksarbeit. Ich bin mit Haut und Haaren Uhrmacher. Deswegen habe ich zwar schon seit Jahren keine Wochenenden mehr, doch das ist es wert.