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Disy-Talk
Vom Frustkauf und anderen nützlichen Dingen
Talk-Gäste: Birgit Schaller(Kabarettistin der Herkuleskeule), Christine Franke (Inh. NOBLESSE und MODE DE VIE), Heidrun Müller (ehem. Protokollchefin der Regierung Biedenkopf), Gabriele Häfner (Inh. Gabriele Häfner Moden), Ines Gnörich (Inh. Mode by ANNA G.)
Was passiert, wenn sich fünf Dresdner Powerfrauen an einen Tisch setzen, um über ein Thema zu diskutieren? Es wird geredet, gelacht, genascht und bevor es zum Thema kommt, sind zwei Stunden vergangen und es ist ALLES gesagt…So geschehen zu der von der DISY geladenen Talkrunde in der Boutique MODE DE VIE im Dresdner Barockviertel.
Drei Damen, alle Inhaber von Modegeschäften im Königstraßenviertel, trafen auf zwei weitere Frauen aus Politik und Kultur. Diese Konstellation versprach interessante Gespräche. Saßen sich doch wirklich gestandene Frauen aus unterschiedlichen Genres gegenüber, um zum Schluss allerdings zu einer sehr einheitlichen Meinung zu finden.
So waren in Sachen Mode Gabriele Häfner aus gleichnamigem Geschäft, Christine Franke (NOBLESSE und MODE DE VIE), Ines Gnörich (ANNA G.) anwesend. Birgit Schaller (Kabarettistin der Herkuleskeule) und Heidrun Müller (langjährige Protokollchefin der Regierung Biedenkopf, jetzt mit Sonderaufgaben des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vertraut) waren als „Expertinnen“ in Sachen Politik und Kultur eingeladen. Um der Wahrheit zu dienen, sei noch gesagt, dass sich in diese Gesprächsrunde zwei Männer eingeschmuggelt haben: Daniel Scholz (Disy-Fotograf) und meine Wenigkeit, Stefan Schiewick, um dies zu Papier zu bringen. Von unserer Gesprächslocation inspiriert (eine Kundin stattete sich noch mit Kleidern und Kostümen für eine Reise nach Budapest aus), ging es doch gleich zur schönsten Sache der Welt: DAS EINKAUFEN! Wie hieß es doch so schön in dem wunderbaren neuen Soloprogramm der Herkuleskeule mit der hinreißenden Birgit Schaller: „Wenn ich Frust habe, gehe ich einkaufen.“ „Toll“, so Gabriele Häfner, „dem kann ich beipflichten! Seit 16 Jahren bin ich selbstständig und warum kommen die Kunden zu mir? Nicht weil ich so tolle Sachen habe, nein, weil ich mich um meine Kunden kümmere, mir Zeit nehme und ehrlich bin.“ Richtig, das haben wir gerade bei Christine Franke live verfolgen können. Die Kundin bekam eine fachkundige Beratung, Frau Franke kannte natürlich schon den Inhalt ihres Kleiderschrankes das wäre wohl in einem großen Kaufhaus nicht möglich.
„Ja, ca. 70% der Kunden sind Stammkunden aus Dresden“, so Ines Gnörich von ANNA G. „Es kommt nicht selten vor, dass eine Kundin mehrere Stunden im Geschäft ist. Da ist man nicht nur Verkäuferin in Sachen Mode, sondern auch Psychologe, Ernährungs- und Eheberater, ja sogar manchmal ein bisschen Arzt“, berichtet lachend Ines Gnörich. „Stimmt, dem kann ich nur beipflichten“, so Gabriele Häfner lächelnd. Heidrun Müller: „Bei allem, egal was man macht, gehört Ehrlichkeit und Professionalität dazu. Ich habe Tanz studiert und nur mit den genannten Attributen habe ich es bis in die Politik an diese Stelle geschafft.“
Natürlich hätten wir Frauen aus dem Osten auch noch die Gabe, improvisieren zu können. Lachend erzählte uns Heidrun Müller einen kleinen Schwank von einem Staatsbesuch. „Das Protokoll verlangte eine gewisse Rocklänge bei den Damen. Früh etwas spät aus dem Haus eilend, hatte ich mich wohl vergriffen. Natürlich schwarz war er -meine ‚Lieblingsfarbe‘ in Sachen Mode -, aber viel zu kurz! So ging es kurzerhand in die Toilette, zwei Schnitte in die Seitennähte ließen dann den Rock etwas tiefer sitzen. Die Länge war perfekt, nur durfte mein Jackett bitte nicht nach oben rutschen. Der Staatsbesuch war gerettet!“ Der Rock wurde danach entsorgt. Ein Grund, mal wieder shoppen zu gehen. Jetzt war der Ball natürlich wieder bei unserer Modegilde. Warum gehen denn die Dresdner nicht gerne shoppen? In vielen anderen Großstädten sieht man Frauen (selten auch Männer) mit vielen Einkaufstüten und zufriedenem Lächeln auf den Straßen, in Dresden ist dieser Anblick eher selten! Da muss ich doch wirklich mal Acht geben (der Autor) Gabriele Häfner lächelt und berichtet, dass einige Kunden sogar „neutrale“ Tüten verlangen. Damit die Nachbarn nicht die Einkäufe sehen. Birgit Schaller lacht, vielleicht eine neue Programmidee? Dass die Königstraße eine Edelshoppingmeile ist, wird von unseren Modedamen bestritten. Hier gibt es auch in allen Preislagen etwas zu kaufen, ist aber gemütlicher und eben auch ehrlicher.
Da war er wieder, der rote Faden, der sich durch unser Gespräch zog. Birgit Schaller: „Auch wir müssen das Publikum durch unsere Kunst in die Herkuleskeule locken. Die Leute spüren unsere Authentizität und natürlich auch unsere Professionalität. Es geht darum, Themen provokant und gleichzeitig mit großem Vergnügen anzusprechen. Also auf unsere Besucherzahlen bin ich schon sehr stolz. Studiert habe ich Musik - Querflöte, danach noch Schauspiel in Berlin, dann habe ich IHN gehabt, meinen Traumberuf – Kabarettistin!“ Dass dies wirklich so ist, habe ich erfahren dürfen, als Gast in ihrem Programm „Der letzte Schrei“. Auch Heidrun Müller als Vollblutkünstlerin nickt mir zu und berichtet lachend über einige ihrer Bühnenerlebnisse. Ja wollten wir nicht über die Stellung der Frau in der heutigen Zeit reden, was unterscheidet die Frau von heute mit einer Generation früher? Sind wir wie unsere Mütter? Die Erdbeeren sind aufgegessen, der Sekt getrunken und ein Blick auf die Uhr sagte uns: Diese Fragen vertagen wir auf unser nächstes Gespräch! Ach ja, es werden noch vier Kartenwünsche für den „Letzten Schrei“ realisiert, obwohl die Vorstellung schon ausverkauft ist … Frau Müller überdenkt es, vielleicht doch mal die „Mode-Farbe Schwarz“ zu wechseln, Frau Häfner redet mit Christine Franke über die Zukunft ihrer neuen Geschäfte an der Frauenkirche und ich weiß jetzt, wie es mit den 20.000 Wörtern ist, die eine Frau am Tag von sich gibt. Es war ein schöner Abend mit fünf wunderbaren Frauen, die alle eine Sache gemeinsam haben: Ehrlichkeit und Professionalität, eben Dresdner Powerfrauen!
(Autor: Stefan Schiewick; DISY Sommer 2006)