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Overtourism: Wie Amsterdam konstruktiv mit den Touristenmassen umgeht

Der Boom der Billigflieger und der Informationsreichtum des Internets sorgen für eine nie dagewesene Reiselust. Erst langsam entwickeln beliebte Städte ein Bewusstsein dafür, dass dies auch Nachteile für die lokale Entwicklung haben kann. Die Anwohner fangen an, sich über Lärm, Müll und steigende Mietpreise zu beschweren, was bisher nur vereinzelt zu Konsequenzen geführt hat. Die Stadtverwaltung von Amsterdam hat nun erstmals ein ganzheitliches Konzept erstellt, um die Touristenmassen sinnvoller und organisierter zu empfangen. Nicht nur bei den Anwohnern, auch in der Reisebranche verbreitet das Phänomen des "Overtourism" Schrecken. Auf der diesjährigen Reisemesse ITB in Berlin sahen sich die Tourismusdienstleister dazu gezwungen, das Problem endlich zu thematisieren. Die Lösungen? Diskutiert wurden Preiserhöhungen, Bettensteuern und Besucherbeschränkungen. In Amsterdam hat die Stadtverwaltung sich etwas Kreativeres einfallen lassen: Sie entwickelte ein umfassendes Konzept, dass die Besucherströme umverteilen statt abweisen soll.

 

Willkommenskultur statt Abschottung

<link von-der-elbe-an-die-grachten-u.7022.0.html>Kurztrips nach Amsterdam sind angesagt: 14 Millionen Besucher empfängt Amsterdam jedes Jahr. Damit hat sich die ohnehin schon hohe Zahl der Feriengäste in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Dabei zählt die niederländische Hauptstadt nur etwa 850.000 Einwohner, die in den engen Gassen der historischen Altstadt bequem Platz finden würden - wären da nicht die Touristenmassen, die die Innenstadt samt Museen und Souvenirläden quasi überrennen. Um die Besucherströme besser auf das Stadtgebiet zu verteilen, hat das Team des lokalen Besucherportals I amsterdam die Daten der Amsterdam City Card ausgewertet, mit denen Touristen freien Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln und den beliebtesten Sehenswürdigkeiten erhalten. So konnten sie typische Verhaltensmuster der Urlauber und damit auch die Stoßzeiten populärer Orte ausmachen. Mit diesen Erkenntnissen versucht das I-amsterdam-Team nun, die Besucherströme umzuleiten, zum Beispiel mit Anzeigetafeln, die die Wartezeiten für bestimmte Touristenattraktionen angeben. Eine Smartphone-App verschickt Nachrichten an die Benutzer, um sie über eine punktuelle Überfüllung zu informieren und Alternativen vorzuschlagen. Auch das Amsterdamer Umland wird gezielter beworben und das Nahverkehrsticket der City Card entsprechend ausgeweitet, damit sich die Menschenmassen nicht nur im Zentrum ballen. Vor allem Partygäste sind unbeliebt, da sie nachts lärmend durch die Straßen ziehen und am kulturellen Angebot der Stadt wenig interessiert sind. Zuletzt wurden die störenden Bier-Bikes aus dem Zentrum verbannt. Aber auch das Verbot von Touristenläden, der Baustopp für weitere Hotels und die verschärften Regelungen für Airbnb-Vermietungen erregten international Aufmerksamkeit. Wer allerdings geschickt im Voraus bucht, zum Beispiel über ab-in-den-urlaub.de, kann sich noch eines der beliebten Hotels in der Nähe der kleinen Kanäle aussuchen, auf denen man Grachtenfahrten unternehmen kann. Damit sind die Maßnahmen gegen das Phänomen des "Overtourism" nicht nur regulatorischer, sondern auch restriktiver Art. Die Stadtverwaltung setzt offensichtlich alles daran, Amsterdam für seine Bewohner wieder lebenswerter zu machen. Auch die Touristen profitieren davon, wenn sie ihre kostbare Zeit nicht in der Warteschlange vor dem Museum, sondern in der Ausstellung verbringen - und sie die Chance haben, trotz der vielen anderen Besucher einen Eindruck vom authentischen Flair der niederländischen Hauptstadt zu bekommen.