• 4324 Aufrufe

Die Serengeti Lateinamerikas - Geheimtipp für Safarifans - das unbekannte Weltnaturerbe Pantanal

30 Millionen Kaimane, 600 Vogelarten, mehr als 100 Säugetierarten – das Weltnaturerbe zwischen Atlantik und Pazifik, das Pantanal, ist ein Paradies für Natur- und Tierliebhaber. Lesen sie mal!

 

Im Gegensatz zu den zahlreichen Nationalparks mit berühmten Namen wie Serengeti, Etoscha oder Masai Maara ist das Pantanal hierzulande eher unbekannt und unbeachtet. Tausende von Safarifreunden zieht es Jahr für Jahr vorrangig nach Afrika - die wenig erschlossenen und kaum besiedelten Schwemmlandebenen des Pantanal bleiben

ein Geheimtipp unter den Liebhabern von Tierbeobachtungen. Dabei bietet dieses einzigartige Sumpfgebiet, das in etwa so groß ist wie Deutschland vor seiner Wiedervereinigung, außergewöhnlich vielseitige Beobachtungsmöglichkeiten, die nicht nur in Amerika ihresgleichen suchen.

Im Jahre 2000 wurde das Pantanal durch die UNESCO mit dem Titel „Weltnaturerbe“ gewürdigt und erfährt so mehr Schutz und Aufmerksamkeit als zuvor. Das Naturparadies besticht mit einer Artenvielfalt von mehr als 600 Vogelarten, mehr als in ganz Europa leben, beherbergt die seltenen, blau schillernden Hyazintharas sowie weit mehr als 100 Säugetierarten. Neben Ozelot, Puma und Jaguar beheimatet das Pantanal auch den vom Aussterben bedrohten Riesenotter. Sumpfhirsche und Capybaras (Wasserschweine). Die mit mehr als 70 Kilo Lebendgewicht größten Nagetiere der Welt, sind ebenfalls in diesem Gebiet anzutreffen. Am zahlreichsten sind jedoch Kaimane, immerhin mehr als 30 Millionen Exemplare.

Das Land der Farmer

Diese ausgedehnten Steppen und Graslandschaften sind dann von bis zu 3 Millionen Rindern okkupiert. Das Pantanal gehört zum großen Teil Farmern, auf deren zahlreichen Weiden es an Kühen mancherorts nur so wimmelt. Die Landwirte haben es im Pantanal nicht leicht: Die Herden müssen gepflegt werden, oft werden sie von Raubtieren dezimiert, der Staat verlangt Steuern für eine Infrastruktur, die praktisch gesehen kaum vorhanden ist. Viele Fazendas sind nur zur Trockenzeit zu erreichen, die meisten der einfachen Pisten werden in Eigenregie erhalten. Nur die sagenumwobene „Transpantaneira“ führt von Norden über 147 km in das Sumpfgebiet hinein, besteht aus mehr als 126 Brücken und verbindet Porto Jofre mit Pocone, welches wiederum mit gut asphaltierter Straße an Cuiabá angebunden ist. Cuiabá, die Hauptstadt des Bundesstaats Mato Grosso, ist mit dem Flugzeug täglich erreichbar und eines der beiden Startpunkte, wenn man das Pantanal besichtigen möchte. Im nördlichen Pantanal befinden sich mehrere Pousadas entlang der Transpantaneira, die sich als Ausgangspunkt für Tierbeobachtungen empfehlen. Meistens sind diese kleinen Gästebetriebe an eine Fazenda angeschlossen. In den letzten fünfzehn Jahren hat sich der Ökotourismus deutlich entwickelt und sowohl die Anzahl der Besucher, als auch die der Pousadas ist deutlich gestiegen. Ebenso hat sich die Vielfalt der Aktivitäten erweitert: Besucher des Pantanal können seit geraumer Zeit neben Safarifahrten entlang der Transpantaneira und einiger Feldwege nun auch Pferdeausritte, Wanderungen und Bootsausflüge kombinieren.

Wenn die Flut kommt

Das riesige Sumpfbecken befindet sich geografisch in der Mitte Südamerikas, etwa 1500 km sowohl vom Atlantik als auch vom Pazifik entfernt, auf einer Meereshöhe von gerade einmal 100 m und wird durch viele Flüsschen und den gewaltigen Strom des Rio Paraguay jährlich einmal geflutet. Da das Gefälle des Flusses sehr gering ist (auf 20 km Flusslänge nur 1 m Gefälle), strömen die Wassermassen der Regenperiode allmählich ins Pantanal, wo zwischen November und März weite Teile der Region völlig unter Wasser stehen und nur höher gelegene Gebiete und Uferdämme trockene Zufluchtsstätten bieten. In der folgenden trockenen Jahreszeit gibt das Wasser die Schwemmflächen langsam wieder frei und ausgedehnte fruchtbare Weideflächen stehen zur Verfügung.

 

Brüllaffe, Nasenbär und Jaguar

Die Araraslodge beispielsweise besitzt einen eigenen Aussichtsturm, von dessen Plattform aus man in die Baumkronen blicken kann und so hervorragende Beobachtungsmöglichkeiten speziell von Brüllaffen gegeben sind. Im Laufe der Jahre haben sich auch die Tiere an die Besucher gewöhnt und sind Jahr für Jahr dadurch „besser“ zu beobachten. In der Nähe einer anderen Lodge hat sich ein Führer auf das Beobachten von Jaguaren spezialisiert. Mit ein wenig Glück kann man im nördlichen Pantanal entlang der Transpantaneira an einigen Stellen die seltene Raubkatze zu Gesicht bekommen. Hierfür sollte man aber viel Geduld und auch einige Tage Zeit mitbringen. Die eingangs erwähnte, üppige Tierwelt lässt sich jedoch bei den abwechslungsreichen Aktivitäten exzellent beobachten. Mit einem Kanu kann man nahezu geräuschlos auf den zahlreichen Seen und Flüsschen auf Entdeckungskurs gehen. Dabei sind neben unzähligen Capybaras auch Nasenbären zu sehen, die mit dem Waschbären verwandt sind. Mit etwas Geduld sieht man einen Fischbussard auf Nahrungssuche. Blitzschnell stürzt er sich vom Ast eines Baumes startend direkt bis zur Wasseroberfläche, um mit seinen Krallen die Beute zu greifen und schon wieder mit majestätischen Schwingen an Höhe zu gewinnen. Mit geübtem Auge kann man bereits aus der Ferne Kapuzineraffen in den Baumkronen erspähen oder einen der gewaltigen Jabiru-Störche, der mit 1,4 m Größe und bis zu 2,6 m Spannweite der größte Vogel Brasiliens ist. Der schwarze Schnabel kann bis zu 35 cm lang sein. Am Ufer halten sich gut getarnt Landleguane sowie große Eidechsen auf. Selbstverständlich sind sowohl am Ufer als auch im Wasser stets Kaimane allgegenwärtig, die durchaus bis zu 3 m Länge aufweisen und furchteinflößende Zahnreihen zur Schau stellen.

Hoch zu Ross zur Reitsafari


Bei einem Ausflug hoch zu Ross ist man zumeist in trockenen Waldstücken oder sumpfigen Wiesen unterwegs, die mit einem Fahrzeug oder gar zu Fuß nicht erreichbar wären. Eine solche Reitsafari verschafft besonders gute Möglichkeiten, einen der gewaltigen Sumpfhirsche zu beobachten oder dem seltenen Großen Ameisenbär zu begegnen. Viel bequemer ist es natürlich, aus einem der Safarifahrzeuge herauszuschauen und sich von einem Führer die verschiedenen Vogelarten erklären zu lassen. Ob Jacana, Ibis, Nandu oder verschiedene Aras: Ein ornithologisch fachkundiger Führer, der die Tiere schnell aufspürt und eindeutig zuordnen kann, ist in jedem Fall ein Qualitätsmerkmal, das sich erst seit wenigen Jahren in den hochwertigen Lodges finden lässt. Die allmähliche Steigerung der Touristenzahlen hat diesen Qualitätssprung der Reiseleitung erst ermöglicht. Aber nicht nur während der Ausflüge ist eine hochwertige Betreuung gewährleistet; unterdessen gibt es neben rustikalen Pousadas auch einige sehr stilvolle Herbergen, in denen man auf einen idyllisch gelegenen Pool nicht verzichten muss. Schließlich strengt ein mehrstündiger Ausflug zur Tierbeobachtung bei höchster Konzentration auch an, und so sind ein paar erholsame Stunden am oder im Pool ein willkommener Luxus mitten im ja so schon wasserreichen Pantanal. Eine Erfahrung anderer Art ist die Tierbeobachtung des Nachts. Mit einem Suchscheinwerfer ausgestattet startet man im Dunkeln, um nachtaktive Tiere aufzuspüren. Meistens bekommt man einen Fuchs zu Gesicht, der gerade durch sein Revier streift. In den Ästen der Bäume haben sich Vögel zur Nachtruhe niedergelassen. In den Flussläufen und Seen schillern orangerot leuchtende Punkte aus dem Wasser – die reflektierenden Augen der Kaimane. Was für ein Eindruck! Jörg Ehrlich