• 3465 Aufrufe

Vorsicht beim Waldspaziergang

Pilze sammeln, Bärlauch pflücken, Brennholz mitnehmen – was ist im Wald erlaubt?

 

Ob für einen Spaziergang mit dem Hund, zum Wandern oder für eine Radtour: Zahlreiche Menschen zieht es in ihrer Freizeit in die heimischen Wälder. Vor allem im Herbst bietet der Wald eine verlockende Vielfalt an Pflanzen, Kräutern, Beeren und vielem mehr. Warum also nicht ein wenig Brennholz für den Kamin und ein paar Pfifferlinge für das Sonntagsessen mit nach Hause nehmen? Doch auch der Wald ist kein rechtsfreier Raum und es gibt ein paar Regeln, an die sich Besucher halten sollten. Auch zu ihrer eigenen Sicherheit spielt das richtige Verhalten hier eine wichtige Rolle. Christoph Rullmann, Bundesgeschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), erklärt im Interview mit PolizeiDeinPartner, was beim Waldspaziergang zu beachten ist.

 

Herr Rullmann, welches Recht gilt in unseren Wäldern? 

In Deutschland gilt grundsätzlich ein Betretungsrecht nach Paragraph 14 Abs. 1 des Bundeswaldgesetzes (BWaldG). Wälder stehen demnach allen Besuchern zum Zweck der Erholung offen. Dieses Betretungsrecht bedeutet jedoch nicht automatisch, dass sich Waldbesucher an allem, was sie im Wald finden, frei nach ihren Wünschen bedienen oder dort campen dürfen. In manchen Bundesländern ist das Betretungsrecht sogar so eingeschränkt, dass sich Besucher nur auf bestimmten Wegen im Wald aufhalten dürfen. Das ist wiederum in den Landeswaldgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt. In Skandinavien, Schottland und der Schweiz ist die Situation anders. Hier gilt das sogenannte „Jedermannsrecht“: Man darf nicht nur im Wald zelten, sondern auch landwirtschaftliche Flächen oder fremdes Eigentum dazu nutzen. 

 

Darf ich also gar nichts im Wald aufsammeln oder pflücken? 

Doch – ganz so streng sind die Regelungen zum Glück nicht. Waldbesucher können sich an der „Handstraußregelung“ des Bundesnaturschutzgesetzes orientieren: Wer nur kleine Mengen für den eigenen Bedarf sammelt, darf bedenkenlos eine Handvoll Pilze, Beeren, Holz oder auch ein paar Blumen mit nachhause nehmen. Wenn ich allerdings am Sonntag eine 15-köpfige Familie verköstige und sammle dafür mehrere Körbe Steinpilze, ist es fraglich, ob das noch als Eigenbedarf durchgeht. Die Handstraußregelung gilt außerdem nicht für Gewächse, die unter Naturschutz stehen, wie zum Beispiel wildwachsende Orchideen oder Tulpen. Auch einige Pilze sind geschützt, wie etwa Kaiserling oder Trüffel. In Naturschutzgebieten ist das Pflücken von Pflanzen, Pilzen und Beeren grundsätzlich verboten. Diese Bereiche sind im Wald durch entsprechende Schilder gekennzeichnet.

 

Thema Brandgefahr – was müssen Waldbesucher hier beachten? 

Gerade in trockenen Kiefernwäldern sind Waldbrände grundsätzlich ein großes Thema. Deshalb gibt es ein generelles Rauchverbot im Wald, das zwischen dem 1. März und 31. Oktober bzw. in Sachsen-Anhalt zwischen dem 15. Februar und 15. Oktober gilt. Nur ein ganz kleiner Teil der Waldbrände ist auf natürliche Ursachen zurückzuführen. Der Großteil wird in der Tat von Menschen verursacht – etwa durch eine weggeworfene Zigarette. Auch falsch geparkte Fahrzeuge, die Unterholz in Brand setzen können, sind problematisch, ebenso Feuerwerksraketen. In Kochel am See in Oberbayern sind in der Silvesternacht 2016/17 etwa 100 Hektar Waldgebiet in Brand gesetzt worden. Das Feuer wurde aber in diesem Fall nicht durch Feuerwerkskörper ausgelöst, sondern durch ein außer Kontrolle geratenes Lagerfeuer, das zwei Bergwanderer entzündet hatten. 

 

Sind Grillen und Lagerfeuer im Wald grundsätzlich verboten? 

Auf speziell ausgewiesenen Grillplätzen ist Grillen oder auch das Entzünden eines Lagerfeuers möglich. Wenn man sich nicht auskennt und wissen möchte, wo diese Plätze genau liegen, kann man sich telefonisch bei der zuständigen Kommune oder Gemeinde informieren. 

 

Welche anderen unerlaubten Verhaltensweisen im Wald können strafrechtlich verfolgt werden? 

Wildes Zelten ist eine Ordnungswidrigkeit, die je nach Bundesland mit bis zu 100 Euro Bußgeld geahndet wird. Außerdem können Wilderei, Brennholzklau und Christbaumklau zu Weihnachten eine Strafe nach sich ziehen. Besonders kritisch ist auch das illegale Abladen von Müll. Das kommt besonders häufig in Kommunen vor, in denen der Müll nach Gewicht abgerechnet wird – aber auch im städtischen Umfeld wie Berlin. Bei diesem Thema herrscht leider bei vielen Bürgerinnen und Bürger kein Unrechtsbewusstsein. 

 

Inwiefern sind Zecken, Tollwut oder herunterfallende Äste im Wald gefährlich? 

Wenn man als Spaziergänger, Wanderer oder Jogger auf den Hauptwegen bleibt, kann einem eigentlich nichts passieren. Bei einem längeren Aufenthalt, etwa wenn man mit Genehmigung im Wald campen möchte, sollte man sich anschließend nach Zecken absuchen und möglichst helle Kleidung tragen, die zuhause schnell gewechselt werden sollte. Außerdem empfiehlt sich im Vorfeld ein Anruf beim zuständigen Forstamt. Über aktuelle Risikogebiete für FSME und Borreliose können sich Besucher im Internet informieren. Wer oft im Wald ist, kann darüber nachdenken, eine Immunisierung vornehmen zu lassen. Da der letzte Tollwutfall in Deutschland im Jahr 2006 registriert wurde, ist dies kein Problem, über das man sich zu viele Sorgen machen sollte. Holzeinschläge im Rahmen von Fällarbeiten sind da schon eher eine Gefahr. Deshalb sollten Waldbesucher unbedingt auf entsprechende Warnschilder achten. Im Mai 2017 ist eine Fahrradfahrerin im Wald von einem umfallenden Baum getroffen worden und ums Leben gekommen, weil sie die Hinweisschilder ignoriert hatte.