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Mein härtestes Personaltraining

Gerade eben hatte ich mein zweites Training mit Stefan Otto und schon jetzt  merke ich, dass ich nicht nur morgen Muskelkater in den Beinen haben werde. Autsch! Aber das ist nur ein kleiner Preis für ein gesünderes Leben. Das heutige Training dauerte 120 Minuten - 60 Minuten Ausdauer und 60 Minuten im Dehnungsraum. Doch bevor wir anfingen, hieß es für mich: Hopps, rauf auf die Waage und bibbern... Mist, die Waage zeigt mehr an als beim letzten Mal. Aber gut, für die kommende Woche heißt es eiserne Disziplin. Wir beginnen mit dem Training.

 

 

Für den Anfang 30 Minuten Stepper, um mich zu erden. Es ist wieder verrückt zu merken, was es für einen Unterschied macht, darauf zu achten, im Lot zu laufen. Keine 10 Minuten braucht es und (leider noch viele) Korrekturen von Stefan und meine vorderen Oberschenkelmuskeln schreien: Feuer! Ei, wie das brennt bei jeden Schritt. Aber ich mache weiter. Schritt für Schritt, 30 Minuten lang und am Ende wanke ich vom Stepper und Stefan grinst mich an. „So bist du noch nie auf einem Stepper gelaufen, oder?“ Nein, bin ich wirklich nicht. Das Ergebnis: Prickelnde Füsse, eine aufrechtere Haltung, die im Lot ist und eine schwitzende Redakteurin, die nun definitiv von der Existenz ihrer vorderen Oberschenkelmuskeln weiß. Super! Kurze Trink- und Apfelpause zusammen mit Wall- und Haselnuss. Anschießend geht es auf das Liegefahrrad. Stefan stellt alles ein und ich radel los, wieder 30 Minuten. Ich darf nicht unter 80 Umdrehungen pro Minute rutschen. Der Widerstand ändert sich jede Minute. Stefan hat mir ein Intervallprogramm eingestellt, wegen meiner schlechten Kondition, wie sich beim letzten Training herausgestellt hat. Mein Puls schnellt viel zu früh in einen zu hohen Bereich für den Grad der Belastung, erklärt mir Stefan. Ebenso brauche ich in der Cool-Down-Phase viel zu lange, um auf 120 Pulsschläge zu kommen. Mein Spitzenwert lag während der Belastung bei 170 Schlägen pro Minute. Ohje! Ein weiteres Ziel auf unserer Liste, welches wir gemeinsam verbessern wollen. Stolz habe ich Stefan heute auch erzählt, dass ich zweimal joggen war und das sogar vor der Arbeit. Leider war das keine gute Idee von mir, erklärt mir Stefan. Da er daran arbeitet, meinen Körper und die Bewegungsabläufe umzuprogrammieren, arbeite ich, wenn ich joggen gehe, gegen seine Arbeit. Ohje! Das war mir nicht klar. „Joggen ist die Königsdisziplin und du musst erstmal lernen, deine Füße im Gehen richtig zu setzten, bevor du das Rennen anfängst.“ Macht Sinn, denke ich mir. Wie oft hört man Jogger an sich vorbei rennen, dessen Füße starke Platsch-Geräusche von sich geben (ich selbst auch), dass das nicht gesund ist, verdeutlicht mir Stefan. Als kompatible Alternative empfiehlt mir Stefan Radfahren oder Schwimmen. Zwei Sportarten, die mir zusagen und heimlich freue ich mich auch darüber, nicht joggen zu „dürfen“.

Die nächsten 60 Minuten haben mich wirklich gefordert, körperlich und emotional. Begonnen haben wir wieder mit dem Lockern und Dehnen der Hals-, Nacken- und Schulterpartien mit Hilfe des Bambusstabs. Schon jetzt stellen sich erste Erfolge ein und ich habe mehr Beweglichkeit in dem Bereich. So umgriff ich beim ersten Mal noch in einem Abstand von rund 1,2 Meter den Stab, so war dies der Startpunkt beim jetzigen Mal. Am Ende der Übung ist der Abstand zwischen

meinen Händen bei rund 90 Zentimeter. Auch spüre ich deutlich weniger Blockaden in meinen Muskeln, der Schulter und merke, dass ein ganzes Stück meines oberen Rücken sich mit aktiviert bei der Übung. Super! Wie immer, unterstützt mich Stefan bei der Übung und führt die Bewegung mit. Wieder habe ich Probleme, meine Handgelenke und Ellenbogen durchgesteckt zu lassen. Ab einem bestimmten Punkt, wo es darum geht, den Stab hinter den Kopf zu führen, knickt beides weg und Stefan korrigiert sanft die Positionen meiner Arme. Da muss ich mich noch mehr konzentrieren. Die beiden anschließenden Übungen sind für mich neu. Diesmal hob mich Stefan rücklings mit einem anderen Bambusstab hoch. Ich umgriff den Stab mit beiden Händen und streckte so die Arme nach oben aus. Dann ging es los. Er stellt sich rücklings hinter mich und umgriff ebenfalls den Stab. Beim ersten Mal zog er mich leicht nach oben und die Dehnung in Brust und Schulter ist zu spüren. Bei der zweiten Runde zog er mich nicht nur nach oben, sondern auch leicht nach hinten. In meiner Brustmuskulatur zog es wieder und diesmal das bis in den unteren Oberarm. Hach! Ziel der Übung: Öffnung der Schultern und das Brustbein hervorbringen, also Aufrichtung des Oberkörpers. Links ist die Dehnung deutlich stärker als rechts...Warum?

Stefan erklärt mir, dass links die emotionale und rechts die rationale Seite des Körpers ist. Der ganze emotionale Stress (positiv wie negativ), den man in seinem Leben sammelt, speichert sich in der linken Körperhälfte fest, das ist schulmedizinisch anerkannt. Stefan’s erklärtes Ziel des Body Profilings ist es, dabei zu helfen, die so entstandenen Blockaden und gegebenenfalls schmerzenden Fehlhaltungen zu lösen. Letzte sind bei mir glücklicherweise noch nicht schmerzend in Erscheinung getreten. Aber ich beginne zu überlegen. Deswegen steht meine linke Schulter auch etwas tiefer als die Rechte. Er bestätigt mir das: „Das kommt daher, weil du versuchst, dein Herz zu schützen.“ Ich hole tief Luft und wir machen mit der nächsten Übung weiter...

 

 

Als nächstes ist die Sprossenwand dran und die Dehnung meiner Waden. Wie beim letzten Mal hake ich mich mit den Fersen in das montierte Brett der Sprossenwand und versuche, mich aufzurichten. Ein wenig besser als beim ersten Mal klappt es schon, aber Stefan unterstützt mich wieder dabei. Diesmal ist die Dehnung in beiden Waden intensiv und noch intensiver, wenn ich die Beine richtig durchstrecke. Bevor ich das Training bei Stefan begonnen habe, war mir das nie bewusst, dass ich beim Laufen die Beine nie komplett strecke. Verblüffend. Seit dem ich darauf bewusst achte, bin ich (gefühlt) ein Stücken größer geworden. Wieder ist die Dehnung in der linken oberen Wade erheblich stärker als rechts. Es fühlt sich an, als ob ein Messer in der Wade steckt. Ich versuche, nicht zu jammern und vertraue Stefan voll und ganz, dass er abschätzen kann, wie weit er mich dehnen kann.

 

Die Entspannung setzt ein. Sowie die Dehnung gelöst wird (langsam und vorsichtig) ist der Schmerz sofort weg, als wäre er nie da gewesen. Ich bin jedes Mal verblüfft. Die Füße kribbeln wieder und beim Lockerungslauf durch den Raum, strecken sich meine Beine gleichermaßen gut durch.

Die letzte Übung des Trainings steht an. Dafür holt Stefan ein neues Gerät, den Pythagoras. Diese Übung hat es in sich und lässt bei mir die Dämme brechen. Ich gehe in Stellung. Die Füße stelle ich eng nebeneinander auf die Fußplatte (waagerecht zum Boden), Oberschenkel und Becken lege ich auf dem Polster ab, der Oberkörper ist frei in der Luft und das Gewicht wird nach vorne verlagert. Nächste Schritt: Oberkörper nach vorne fallen lassen. „Siehst du den roten Hebel vor dir?“, fragt mich Stefan, als ich kopfüber auf dem Pythagoras hänge. „Ja, sehe ich“, antworte ich. „Rein vom möglichen Bewegungsradius deines Körpers, könntest du den mit deiner Nase berühren“, sagt Stefan. Ich stutze und lache. Die Realität zeichnet ein anderes Bild. Meine Nase befindet sich ungefähr, trotz des Versuchs, näher ranzukommen, im Schnitt rund einen halben Meter vom roten Hebel entfernt. Im Körper hängen alle Muskeln und Sehnen zusammen und beeinflussen sich gegenseitig in ihren Funktionen. Die Blockaden in meinen oberen Waden verursachen, dass ich mit dem Oberkörper so weit vom roten Hebel entfernt bin. Noch deutlicher wird es, als wir mit der Übung beginnen. Dazu stellt sich Stefan vor mich und ich umfasse mit meinen Händen seine Waden und er übt mit seinen Oberkörper Druck auf meinen Rücken aus. Drückt mich also näher in Richtung roten Hebel. Zu Anfang ist der Druck und die Dehnung, die dadurch in meinen Waden, hinteren Oberschenkeln, Po und unteren Rücken entsteht auszuhalten. Langsam erhöht sich Dehnung und Druck. Mir schießen langsam die Tränen in die Augen. Was ich spüre ist der größte Dehnungsschmerz, den ich im Training mit Stefan bis jetzt hatte. Es wird noch intensiver. Stefan weiß genau, wie weit er gehen kann. Ich fange an zu schluchzen. Die Tränen werden mehr. Aber warum habe ich Tränen in den Augen? Vor Schmerzen? Vielleicht. Da es wirklich weh tut. Aber nicht nur wegen der Dehnung. Der Schmerz ist auf der linken Seite intensiver als rechts.

 

Noch während der Übung erklärt mir Stefan, dass sich bei mir in diesem Moment tiefsitzende Emotionen lösen, die die Blockade meines Bewegungsradius verursachen. Und umso länger wir die Dehnung aufrecht erhalten und ich beginne, gleichmäßig und ruhig zu atmen, merke ich, dass der Dehnungsschmerz mit jedem Atemzug nachlässt. Zug um Zug komme ich mit der Nase dem roten Hebel näher. Aber die Tränen hören nicht auf. Verrückt!

 

Nach der Lösung der Übung und als ich die Füße wieder fest auf den Boden hatte, ging es mir körperlich super. Kribbeln in allen Bereichen der Ischias Curale Muskulatur, die gedehnt wurden, keine Schmerzen und ein aufrichter Gang. Nur die Dämme brachen mehr und mehr. Ich schluchzte noch einmal und beruhigte mich nach und nach. Welche Emotion oder Erfahrung sich da auch immer gelöst hat. Ich bin froh, dass ich sie nicht mehr mit mir rumschleppe. Danke! Nach einer Stunde war ich emotional wieder oben auf und konnte die Energie, die ich vom Training mit Stefan mit nach Hause nehme, voll und ganz genießen.