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Hör´ mal, wer da wieder hört

Warum man sich für Hörgeräte nicht schämen muss

Was haben die Schauspieler Christoph Waltz, Mario Adorf, Jodie Foster, Musiker Phil Collins und die Ex-Präsidenten Bill Clinton und Helmut Schmidt gemeinsam? Sie alle tragen ein Hörgerät. Trotz dieser berühmten Beispiele ist vielen Menschen ihr Hörleiden noch immer unangenehm. Dafür gibt es jedoch keinen Grund. Disy sprachmit Bertram Riedel, Geschäftsführer des Hörgerätestudios am St. Joseph Stift über Schmuck am Ohr, Heavy Metal und die Hörgeräte-App fürs Smartphone.

"Häufig ist der Verlust der Hörfähigkeit ein schleichender Prozess", erklärt Bertram Riedel. Viele Menschen bemerken ihn meist gar nicht oder unterschätzen das Phänomen, weil nur Gespräche schlechter verstanden werden. "Doch auch hier ist die Ursache, dass das Ohr nicht mehr in der Lage ist, bestimmte Frequenzen aufzunehmen und an das Gehirn weiter zu leiten." Die Gründe für den Hörverlust sind sehr individuell, wie auch das Hörempfinden individuell ist. "Welches Gerät zu wem passt, hängt vom Grad des Hörverlustes, der Anatomie, den Hörgewohnheiten und vor allem vom subjektivem Klangempfinden ab", erklärt Riedel weiter. Dazu kommt, dass jedes Gehör auch unterschiedlich empfindlich ist. "Ein junger Mensch findet 130 dB Heavy Metal-Musik vielleicht nicht laut genug, eine ältere Dame hingegen fällt regelrecht vom Stuhl."

Dementsprechend groß ist die Auswahl an Produkten. "Heute dreht sich viel um das Thema Kosmetik. Gefragt sind Geräte, die klein und unauffällig sind, ganz im Gehörgang verschwinden und dennoch ein sauberes Klangbild liefern", so Riedel weiter. Da das nicht immer gegeben ist und bei vielen das Thema Hörgerät noch immer stigmatisiert wird, arbeitet die Industrie an Alternativen. "Dafür haben wir in Zusammenarbeit mit der Schweizer Firma Bernafon sogenannten Kommunikationsschmuck entwickelt. Die Idee dazu hatten meine Frau Kerime Riedel (Hörgeräteakustikerin) und Sandra Coym (Dipl. Schmuckdesignerin)", erzählt Riedel. Die Technik wird in ansehnliche Ohrringe verpackt und lässt sich so unauffällig im Alltag oder sogar auf gesellschaftlichen Anlässen tragen. Der Schmuck wird von Schmuckdesignerin Sandra Coyn in Dresden gefertigt. Das Thema Lifestyle spielt auch in der Hörgeräteindustrie eine immer größere Rolle. Neu auf dem Markt ist mit Juna (von Bernafon) ein Modell, das mit dem Smartphone verbunden ist. Über eine App lassen sich verschiedene Einstellungen vornehmen - je nach den eigenen Vorlieben und Umgebungsgeräuschen. Es ist sogar möglich, das Handy als Lautsprecher zu nutzen. Die Signale werden dann drahtlos direkt auf das Hörgerät übertragen. Ideal, wenn man auf Konferenzen nur einen Platz in der hinteren Reihe ergattert hat. Sogar die Nutzung als Freisprechanlage ist möglich. Auch andere Hersteller, wie zum Beispiel Phonak, verbinden ihre Applikationen mit technischen Geräten aus der Umgebung. So entfällt beim Telefonieren das lästige Herausnehmen des Gerätes, weil es direkt mit dem Telefon gekoppelt ist. Es gibt zudem die Möglichkeit, sich den Ton vom TV-Gerät direkt ins Ohr setzen zu lassen - ebenfalls drahtlos, entwickelt von Sennheiser.

Und weil die Chips, die die komplizierten Berechnungen vornehmen - es muss auf jedes Wort und jedes Geräusch in der Umgebung geachtet werden, damit die richtigen Frequenzen im Ohr ankommen - immer kleiner werden, werden auch die Geräte immer unauffälliger. So bietet oticon eine Version an, bei der die Geräte im linken und rechten Ohr drahtlos miteinander kommunizieren und so für einen natürlicheren Klang sorgen.