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Bewegung im Außen, Bewegung im Inneren

Zum Walk and Talk mit Katrin Ziebart. Manchmal stoßen wir im Leben auf Sackgassen. Fast unmerklich biegen wir falsch ab, übersehen das Schild und stehen plötzlich vor einer Wand. Wir können vor und zurück aber das Hindernis bleibt. In diesen Fällen kann ein Coaching helfen, das Hindernis zu überwinden. Disy Redakteur Maximilian Walter traf sich mit Coach Katrin Ziebart zum Walk und Talk.

 

 

Wir treffen uns in Kleinzschachwitz. Es ist ein warmer Frühlingstag, die Bäume haben noch ihr frisches Grün und auf den Elbwiesen blühen Löwenzahn und Co. um die Gunst der Insekten. Walk and Talk, flanieren und über Probleme reden, das ist es, was zumindest ich mir unter der Arbeit von Katrin Ziebart vorstelle. Sie begrüßt mich freundlich und bestimmt. Vor mir steht eine lächelnde, etwa 1,70 Meter große Frau mit blonden Haaren und sportlicher Statur. Kurz überlegen wir, ob wir doch noch in das Waldstück fahren, in dem sie ihre Klienten normalerweise trifft, entscheiden uns dann aber doch für den Gang zur Elbe. Wir beginnen unseren „Walk“ Richtung Pillnitz. Eigentlich, betont sie erneut, bevorzugt sie die Abgeschiedenheit des Waldes. Dort, wo man fast im Nirgendwo ist und noch seltener Menschen begegnet. Ob ihre Klienten sich ihr eher öffnen, wenn sie in der Abgeschiedenheit sind? „Ja, in den meisten Fällen. Für mich ist der Wald ein perfekter Ort für eine Auszeit. Um zu entschleunigen und um auf sich und nach innen zu schauen. Im Wald erlebe ich, dass die Leute tief durchatmen, sich fokussieren und kaum noch ablenken lassen, vom Handy zum Beispiel“, erzählt sie mir. Abgeschiedenheit und Ruhe... muss das Handy dann im Auto bleiben? „Bei mir muss man gar nichts“, erklärt sie. „Ich schlage vor oder rege an, ob es nicht besser wäre, das Handy mal nicht zur Hand zu haben. Das reicht meistens schon.“ Der schlechte Empfang würde sein übriges tun.  Natürlich beginne ihre Arbeit schon früher. Ein erster Termin findet im Büro statt. „Der Coaching-Prozess ist ein Mix aus Arbeiten drinnen und den Walk-and-Talks draußen“, erzählt sie. Schließlich muss sie ihr Gegenüber erst einmal kennen lernen. Ich frage Sie, welche Menschen überhaupt ihre Hilfe brauchen. Das sei ganz unterschiedlich. Mal sind es Führungskräfte und Selbstständige, die einen Drauf- und Überblick wünschen. Mal ist es eine Privatperson, die sich in einer Aufbruch- und Umbruchphase befindet oder einen Neuanfang wagen möchte. Gemeinsam scheint allen zu sein, dass diese Menschen eine Veränderung – beruflich oder privat – in Gang setzen möchten. „So mancher hofft anfangs, dass sich die äußeren Umstände oder die anderen Menschen in seinem Umfeld ändern mögen. Der Schlüssel für eine Veränderung oder den Umgang mit einer Herausforderung ist allerdings jeder selbst.“ Coaching sei ein Prozess, eine Chance zur persönlichen Entwicklung – die nicht von heute auf morgen und auch nicht nach einem Spaziergang durch den Wald abgeschlossen sei. Doch immer wieder helfe der Waldspaziergang, den eigenen Geist frei zu bekommen. Ich spüre schnell, was sie meint. Es tut mir gut, das Gespräch nicht im Büro zu führen. Die Natur wirkt wunderbar beruhigend, die Zeit vergeht wie im Flug und ich habe das Gefühl, über Gott und die Welt reden zu können. Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich kurz davor bin, selber von meinen Problemen zu erzählen. Wer hat bitte keine Koffer zu tragen?  Aber ich bin ja hier derjenige, der etwas über ihre Arbeit erfahren möchte! Außerdem, so erzählt sie weiter, ist sie keine Lösungsgeberin. „Ratschläge oder Lösungen gibt es nicht. Ich kann den Menschen nur helfen, selbständig zu denken, einen Perspektivenwechsel anregen, einen Gegenpart darstellen.“ Ein bisschen ist sie dann wie ein Sparringpartner beim Boxen – einer, der letztendlich hilft, besser zu werden. „Ein Klient meinte kürzlich zu mir, ich sei unbequem – wohlwollend unbequem und hartnäckig. Ich denke, das trifft es ganz gut“, erzählt sie und lacht. Wenn sie spürt, dass ein Klient einem Thema ausweicht, bleibt sie dran und fragt nach. Bis es an die Oberfläche kommt und vielleicht kein Problem mehr ist, sondern Teil der Lösung wird.  Zuhören und Fragen sind die Stärken von Katrin Ziebart. Immer wieder spricht sie auch von ihrem Leben – ich zumindest fühle mich ernst genommen und schon das ist vielleicht etwas, das vielen Menschen fehlt. „Ziel des Coaching-Prozess ist es, dass meine Klienten Klarheit finden, ihre Entscheidungen selbstständig treffen und ihr Leben wieder in die eigenen Hände nehmen.“ Auch wenn das bedeutet, sich mit eigenen Ängsten auseinanderzusetzen und z.B. die leitende Stelle in einer großen Firma auszuschlagen und nochmal neu anzufangen.  Die persönliche Entwicklung ist ein Prozess. „Erfahrungen kann man nicht lernen, man muss sie machen“, erzählt sie. Sie möchte, und das spürt man, die Leute aus ihrer Komfortzone herausholen. Das mögen manchmal schmerzhafte Prozesse sein, die sich aber am Ende lohnen. Das weiß sie aus eigenen Erfahrungen und von zahlreichen Weiterbildungen. „Ohne Coaching, ohne wohlwollendes Spiegeln, ohne respektvolle  Konfrontation wäre ich selbst nicht so weit gekommen. Zweimal im Jahr gönne ich mir direkte und offene Selbstreflexion.“ Das tolle an der Natur ist, dass sie einen nicht nur entspannt, sondern dass man auch immer wieder Neues entdeckt. „Dort drüben auf der Insel, da leben Wildschweine“, erzählt Ziebart plötzlich als wir schon auf dem Rückweg sind. Dann unterhalten wir uns über die Natur, Heuschnupfen, Touristen, Radfahrer... Und plötzlich sind wir doch wieder beim Thema. Ich möchte wissen, wie häufig die Walk and Talks stattfinden. „Alle paar Wochen“, sagt sie und mich überrascht die Antwort. „Ich möchte den Menschen ja auch Zeit geben, über das Erlebte nachzudenken. Entweder sie kommen dann von alleine auf mich zurück, oder wir verabreden gleich einen Termin. Der liegt aber immer einige Wochen weit weg.“ Wichtig ist aber, dass der Coachingprozess am Leben gehalten wird. Es gibt regelmäßig Feedback. „Und häufig sind die Menschen dann selber erstaunt, welche Fortschritte sie bereits gemacht haben.“ Ihre Neugierde und Begeisterung für Menschen, auf ihre Geschichten kann ich gut nachvollziehen. Nur, dass ich keine Veränderung, keinen Prozess einleite, sondern darüber berichten darf. Bei unserer Rückkehr habe ich das Gefühl, nur einen winzigen Einblick in ihre Arbeit bekommen zu haben. Dabei waren wir fast 1 1/2 Stunden unterwegs. Die Natur und das Reden haben gut getan. Wie befreiend muss es erst für die Menschen sein, die wirklich eine Entwicklung durchmachen? Ich denke, es ist gut, dass es Menschen gibt, die einem in schwierigen Lebenslagen unterstützen können – und es sei es durch etwas so naheliegendes wie einen Waldspaziergang.