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Horst und die Einmachgläser

Horst Lichter erzählt über gutes Essen

Kinders, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber habt ihr nicht auch das Gefühl, dass wir uns mit zunehmendem Alter oft mit schönen Erinnerungen der Kindheit und Jugend verwöhnen? Da kauft man sich noch mal seine Lieblings Asterix Hefte nach, singt laut mit, wenn „99 Luftballons“ im Radio gespielt wird und schaut wohlig seufzend alte Urlaubsfotos an. Oder man steht plötzlich mit zehn Weckgläsern in der Küche und kocht aus dem Pfund Kirschen, die der freundliche Nachbar vorbeigebracht hat, ein leckeres Kirschkompott. Die ganze Küche duftet so verführerisch, dass selbst meine Süße nicht widerstehen kann und mit dem Löffel aus dem Topf nascht. Ich bin da leider nicht so diszipliniert und muss meistens schon mit dem Finger stippen und schlecken... Aber so schlimm ist das ja auch nicht, wenn es in der Familie bleibt.

 

Mamas Erdbeerkonfitüre

Einwecken, einrexen oder einmachen ist für viele nur ein Relikt aus den Zeiten unserer Großmütter. Doch für mich werden da schöne Erinnerungen wach: Da sehe ich meine Mama mit der Schürze ihre weltbeste Erdbeerkonfitüre in heißen Töpfen rühren, in die sauberen Gläser umfüllen und laut uchend nach den Gummiringen suchen, „die doch eben da noch alle gelegen haben“. Aber Einmachen ist nicht nur eine schöne Kindheitserinnerung, sondern liegt wieder voll im Trend. Ein Trend, der unheimlich viel Spaß macht und mit einer schönen Belohnung für die ganze Mühe aufwartet: Denn die selbst gemachtenMarmeladen, Chutneys, Pestos oder Liköre schmecken doch einfach tausendmal besser als die meisten Industrieprodukte. Und alles isterlaubt: Birnen, Stachelbeeren, Quitten oder Pflaumen. Als Kompott, Gelee oder Konfitüren.

 

Ich mag auch gerne eingelegte Sachen mit einem leicht mediterranenFlair. Das würzige Einlegen von Gemüse in gutem Olivenöl ist typisch für die Länder rund ums Mittelmeer. Das Öl schließt das Eingelegte luftdicht ab und konserviert so die sommerlich frischen Aromen von Auberginen, Paprika oder Zucchini. Dazu gibt man frische Kräuter oder Gewürze, Knoblauch oder Schafskäse – und fertig ist die griechische Vorspeise. So kommt an einem tristen Tag ein herrlicherGeschmack von Urlaub, Sonne und Sommer auf den Tisch. Dazu ein frisches Weißbrot und ein Gläschen Rotwein ... und schon schlemme ich gedanklich mit Zeus und Aphrodite am Strand von Kreta.

 

Gläser, Gummiringe und Gedöns

Vor allem ist Einmachen wirklich eine einfache Angelegenheit. Wasich auch ganz toll finde: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wurst Fleisch, Obst, Gemüse – erlaubt ist, was gefällt. Ihr könnt nach Herzenslust die alten Familienrezepte ausprobieren oder frei nachSchnauze und Geschmack experimentieren. Natürlich braucht man am Anfang der Einmach Karriere etwas Geduld und Genauigkeit. Die Einweckgläser, Deckel, Stahlklammern und Gummiringe sollten immer picobello gereinigt sein. Twist Off Gläser gehen natürlich auch, aber ich bin einfach ein alter Nostalgiker und liebe das ganze Drumherum und Gedöns beim Einmachen.

 

Am besten macht die ganze Familie mit, denn so bekommen schon die Kinder Lust auf echten Geschmack. Und was gibt es Herrlicheresals morgens seine eigene, mit Mama fabrizierte Lieblingsmarmelade auf einem knusperfrischen Brötchen zu verputzen? Aber abends gehtdas natürlich auch, denn – wie sage ich immer zu meinem Schatz: Wenn man nachts nichts essen soll, wieso gibt es dann Licht im Kühlschrank?