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67. Beitrag: "Keine Neuen, bitte" (14. März)

Wenn es einen Satz gibt, den ich nicht mehr hören kann, dann ist es: "Es kommen ja wieder neue..." Das ist der coole Spruch der bleibenden Passagiere, der Crewmitglieder, das sagen sogar die aussteigenden Freunde selbst, wegen denen man traurig ist. Ich will aber keine Neuen...

Da ich auf dem Schiff aber lernen musste, dass ich nicht alles beeinflussen kann, fand ich mich http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/2007/03/15/img_1730.jpg unweigerlich wieder in diesen bedrückenden Abschiedszeremonien. Mit Heide und Helmut aus Kottenheim und der ganzen Clique feierte ich den einen Abend, den letzten mit Gabi und Eberhard aus Berlin und dieser Gruppe. Wieder hat es mich umgehauen, wie nah man Leuten kommen kann. Es sind immer wieder beeindruckende Persönlichkeiten auf so einem Schiff.

Heide und Helmut betreiben in Kottenheim eine Werkzeug - Generalvertretung, die anderen beiden die Versicherungsfirma "Katz & Meyer OHG" in Berlin. Also lernte ich in den letzten Wochen nicht nur viel über das Leben und die Liebe (beide sind schon lange zusammen und Eberhard und Gabi haben sogar an Bohttp://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/2007/03/15/osaka_kyoto_005.jpgrd geheiratet), sondern auch über das Geschäft, Verträge und Verhandlungen. Mein ganzes Leben habe ich Gespräche mit erfahrenen und erfolgreichen Menschen dem Studium von Büchern vorgezogen und mir von ihren Fehlern, Rückschlüssen und Erfolgswegen erzählen lassen. Besonders die resolute Heide hat mich sehr beeindruckt, war sie doch ähnlich wie ich ein "Aufreger" auf der "MS Amadea". Da gibt es 400 oder 500 Passagiere auf einem Schiff und immer sind zwei oder drei dabei, die auffallen und über die man sooo schön lästern kann. Bei mir ist es mein Alter, der fehlende Mann und das kleine Kind.http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/2007/03/15/img_1762.jpg Heide spaltete die Gemüter mit ihren extravaganten Hüten und ihrem sexy Outfit. Sie lachte nicht mal über den Klatsch und Tratsch. Sie winkte einfach ab. So cool möchte ich auch mal werden.

Eberhard und Gabi waren auch schon seit Valparaiso an Bord und passten zu mir wegen ihrer Fähigkeit, das Leben zu genießen. Sie hatten viele Jahre hart gearbeitet, tun das auch jetzt noch, leisten sich dafür immer wieder etwas Besonders. So wie diese Reise. Ich genoss ihre Herzlichkeit, ihre Wärme und ihre Tipps für die Liebe (über ihre Hochzeit schreibe ich später noch).

Außerdem stiegen Helmut und Brigitte Gaetjens, unsere Freunde von der Astor, http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/2007/03/15/img_1757.jpg wieder aus, meinhttp://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/2007/03/15/rosenmontag_102.jpg Tanzpartner Vasco, Louisas Lieblinsreiseleiter Philipp und Nicole und ihr kleiner Freund Victor. "Es fühlt sich an wie ein weißes Blatt Papier, das man plötzlich in der Mitte durchreißt", beschrieb meine Tochter ihre Gefühle. Ja, für sie waren die Abschiede auch nicht leicht und sie brauchte in diesen Tagen besonders viel Kuscheln und Zuwendung von mir. Auf Gabis Frage, ob sie morgens um sechs Uhr zum Ausschiffungstermin und Verabschieden mit aufstehen möchte, antwortete sie ihr: "Als Conni und http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/2007/03/15/img_1711.jpgManni ausgestiegen sind, konnte ich dann nicht wieder einschlafen, musste in mein Kissen weinen und mein ganzer Körper kribbelte irgendwie und die Haut brannte." Schon seit mein Kind sprechen konnte hatte ich versucht zu vermitteln, wie wichtig es ist, Gefühle ausdrücken zu können. Ich hoffte so sehr, dass es ihr half... Bewundernswert fand ich, dass die 6-Jährige in dem Moment auch an die dachte, die schon ausgestiegen waren: Conni und Manni, Rolf und Angelika, Anke. Ihre nächste Frage war dann gleich, wann ihre Freunde Rupert und Kirstin aussteigen würden, der Chefkoch und die Hotelmanagerin. "In Singapur, Schatz.“

Wie immer war mein Allheilmittel gegen Traurigkeit Beschäftigung. Nach unserem Kabinenumzug (wieder mal!) schnappte ich mir mein Kind und wir verbrachten einen aufregenden Tag im "Osaka Aquarium", dem mit acht Etagen angeblich größten Japans. Louisa liebte bei diesen Besuchen besonders die gläsernen Tunnel, bei denen man sich wie im Meer fühlte und die Rochen und anderen Meeresbewohner hautnah an einem vorbei und drüber hinweg schwammen. Ich freute mich, dass mein Kind noch wusste, in welchen Städten wir solche Aquarien schon besucht hatten: Sidney und Singapur. Sie wusste auch noch mit wem wir dort waren und dass sie in Australien den echten Nemo gesehen hatte. Den gab es hier in Osaka zwar nicht, aber dafür einen Walhai, einen Riesenrochen, der am Band Purzelbäume schlug, Pinguine, die kerzengerade aus dem Wasser schnellten, furchterregnde Spinnenkraken und Otter, die gemütlich auf dem Rücken schwammen. "Schau mal Mama, die liegen auf dem Wasser wie ich immer", freute sich Louisa nun schon wieder. Ich war erleichtert. Besonders lange standen wir vor den vielen kleinen Becken, in denen vor blauem Hintergrund wunderschöne, vielfarbige Quallen tanzten. Würde man diese Farbspiele auf eine Leinwand bringen, könnte man bei Liebhabern der modernen Kunst hohe Summen dafür bekommen. Es war besser als jedes "Museum of Modern Art" und das Betrachten dieser wunderschönen Tiere, die sich so geschmeidig bewegten, tat unserer Seele gut. "Weißt du was komisch ist Mama", begann meine Tochter. "Ich hasse Quallen eigentlich." Zeit, ihr zu erklären, dass es mit den Quallen wie mit den Menschen ist. Eine Spezies, manche sind grau oder farblos, manche sind unangenehm oder gar eklig, andere sind wunderschön und spannend, manche sehen nett aus und sind giftig, manche erschrecken zuerst, sind aber friedlich.

Gut tat uns beiden dann auch eine Geste von zwei Menschen, denen der symbolische Wert gar nicht bewusst war. In einem Shopping - Center trafen wir die beiden Kellner Mehmett und Akin. Sie luden uns zum Essen ein, teilten ihre Pommes und Pizza mit uns, kauften trotz meines Protestes Getränke und Eis und hatten am Ende kein Geld mehr übrig, sich selbst einen Kaffee zu leisten. Sie waren nicht zu überzeugen, von mir etwas anzunehmen. Die Kellner arbeiteten so hart für ihr Geld auf dem Schiff, hatten bestimmt nicht viel übrig und dann gaben sie es auch noch für uns Passagiere privat aus.

Wieder frage ich euch: Sind die Menschen, die auf Schiffen unterwegs sind, wirklich so viel anders als die zu Hause oder treffe ich daheim einfach immer die falschen Leute?

Musiktipp zur Stimmung: Album "Rilke Projekt: Bis in alle Sterne", Christa Fast, Titel: "Abschied"

Zitat: "Irgendwo blüht die Blume des Abschieds und streut immerfort Blütenstaub, den wir atmen herüber. Auch noch im kommendsten Wind atmen wir - Abschied."

Anja Fließbach: Mittwoch, 14 März 2007, 23:00 Uhr