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66. Beitrag: "Sushi vom Band" (13. März)
Die Städte können nichts dafür, dass sie in meiner Erinnerung immer einen melancholischen Touch behalten werden: Buenos Aires, Valparaiso, Singapur und Osaka... Es sind die Orte, die auf unserer Weltreise Etappenziele sind, wo Passagiere und Crew aus- und andere einsteigen. So auch im japanischen Osaka...
Drei Tage lag unsere "MS Amadea" hier im Hafen und am zweiten Tag war der berüchtigte Passagieraustausch. Den ersten Tag konnten wir noch gemeinsam mit unseren Freunden in der 2,8 Millionen - Metropole erleben. Dieses Mal hatten wir einen offiziellen Ausflug über das Bordreisebüro gebucht. Und - es war gar nicht so schlecht.
Der Aufenthalt beim ersten Tempel allerdings zog sich in die Länge. Es war kalt, sechs Grad Celsius,http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_008.jpg und wir südseeverwöhnten Weltreisenden froren in den aus den Abstellräumen http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_013.jpggeholten dicken Mänteln. Wir waren im Shitennoji Tempel, dem größte buddhistischen Tempel der Stadt, der vor 1400 Jahren errichtet wurde. Was mich erst sehr durcheinander brachte, war der Unterschied zwischen Tempeln und Schreinen. Ich lernte, dass die http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_016.jpgmeisten Japaner zwei Religionen angehören: dem Buddhismus und dem Shintoismus. Grob erklärte uns die Reiseleiterin den Unterschied so: In einem buddhistischen Tempel beten die Japaner für alles was mit dem Tod und dem Leben danach zusammen hängt, in einem Shinto Schrein beten sie, wenn es das aktuelle Leben betrifft.
Die nächste Station war die Osaka - Burg, eine Rekonstruktion aus Beton von http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_021.jpg1930. Der Originalbau von 1583 war von Shogun Toyotomi Hideyoshi in Auftrag gegeben worden. Nun, ich habe noch nie von Toyotomi gehört, aber er soll ein stolzer Kriegsherr gewesen sein, der Nippon vereinigt und die Burg von 100 000 http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_018.jpgArbeitern als uneinnehmbar aus Granit hatte bauen lassen. Doch sein Erzrivale Shogun Tokugawa Ieasu zerstörte die Burg das erste Mal schon 32 Jahre später. Wir hatten 1,5 Stunden Zeit von der Reiseleiterin für die Besichtigung bekommen. Zu viel für die Burg, zu wenig, um sich zwischendurch "abzuseilen". Das zeitliche Korsett eines organisierten Ausflugs war ich nicht gewöhnt und es entfachte in mir eine innere Rebellion. Doch letztlich fanden Louisa und ich in diesem großen Park auch unsere Beschäftigung. Zuerst fuhren wir mit dem Fahrstuhl in die achte Etage des Burgturmes und genossen die Aussicht. Dann lachten wir über Reiseleiter Jean-Jacques, der sich eine süße Köstlichkeit gekauft hatte, die mit undefinierbaren Meeresfrüchten gefüllt war. Letztlich trafen wir eine Schulklasse, mit dessen Kindern Louisa spielte http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_029.jpg und mit deren Lehrer ich mich unterhielt. Er erzählte mir in fließendem Englisch, dass das japanische Schulsystem dem amerikanischen gleicht: Sechs Jahre Grundschule, drei Jahre Mittelschule und meistens drei Jahre Oberschule. "Die ersten neun Jahre sind Pflicht für jeden Schüler", erklärt der Lehrer. Die besten Universitäten http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_022.jpgsind ähnlich wie Harvard in den USA die Elite - Colleges. Die begehrteste Hochschule ist die Tokio - Universität (Todai), die Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurde und deren Absolventen führende Manager und Politiker wurden. "Studieren ist sehr teuer", so der Lehrer. "Von vielen Haushalten beträgt die Studiengebühr für ein Kind rund ein Drittel des Einkommens." Berüchtigt wären die Aufnahmeprüfungen, auf die sich die jungen Japaner in "Pauk-Schulen" (juku) vorbereiten. "Das machen sie neben dem normalen Unterricht und die Eltern bezahlen extra." http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1773.jpgDanach gibt es für die entsprechende Uni noch eine entsprechende Vorbereitungsschule (yobiko), die wieder viel Geld kostet und spezialisiert vorbereitet. "Gruppenidentität und Wissen", beschreibt der Lehrer das, was er den Schülern vermitteln möchte. Wie sieht es mit dem Respekt aus, will ich wissen? Der Lehrer schaut mich erstaunt an: "Lehrer haben in Japan einen Ehrentitel wie Doktoren und Professoren", erklärt er. Man hängt an ihren Namen "sensei" an, Ausdruck höchsten Respekts. So stellen sich die Kinder auch sofort nach unserem gemeinsamen Foto in Zweierreihe auf, winken uns und folgen dem Lehrer dann diszipliniert über den Platz.
http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_043.jpg Lockerer wird es für uns in Namba, unserer nächsten Station. Hier steigen wir aus und haben unabhängig von den anderen Passagieren Zeit, uns ins Leben dieses Vergnügungsviertels zu stürzen mit seinen Karaoke - Bars, Lokalen und Pachinko - Spielhallen. Louisa hält sich die Ohren zu, als wir uns in das Getümmel der Spielhallen wagen. Weil das Glücksspiel in Japan verboten war, erfanden sie das Kugelspiel. Wir sehen scheinbar endlose Reihen von Männern und Frauen, die nebeneinander an http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_045.jpghttp://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/osaka_kyoto_040.jpgAutomaten sitzen und kleine Metallkugeln gewinnen oder verlieren, die mit unglaublichem Lärm auf Metallschienen fallen und neu verwendet werden. Wir lassen uns das Spiel erklären. Meine 1000 Yen sind schnell verspielt und den Sinn des Ganzen habe ich nicht verstanden. Aber laut war es!
Zum Mittag gönnten wir uns heute einmal Sushi (mal was ganz Neues…). Aber im Gegensatz zu den letzten Tagen besuchten wir eine Sushi-Schnellbar, wo wir neben hektischen Japanern saßen, die vom laufenden Band einen kleinen Teller nach dem anderen nahmen und zack, zack - die leckeren Happen verspeisten. Vielleicht war das auch eine Spielhalle und es ging darum, wer am schnellsten die meisten Sushi... http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1735.jpgSchon gut. Aber die Hektik war ungewohnt und während Louisa erst jeden Teller eine Runde lang beobachtete, bevor sie ihn vom Band nahm und ihre Stäbchen sich noch etwas langsamer bewegten, als die der Einheimischen, hatten wir schnell das Gefühl, einen Stau zu verursachen. Offensichtlich gab es auch eine Lunch - Rushour und wir waren mittendrin, denn als wir gingen, hatte sich draußen eine lange Warteschlange gebildet.
Schon am frühen Nachmittag kamen wir wieder auf das Schiff, völlig platt. Aber wir hatten zum Glück drei Tage in Osaka. Morgen: Vom Abschied und den Spinnenkraken.
Anja Fließbach: Dienstag, 13 März 2007, 17:30 Uhr