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59. Beitrag: "Halbzeit" (6. März)
Eines Abends wurde ein Brief unter unserer Tür durchgeschoben: "Einladung zum Dinner anläßlich der Halbzeit der Weltreise." Wie Halbzeit? Sollte das bedeuten, wir sind schon mehr als zwei Monate auf dem Schiff und die "MS Amadea" hat schon die halbe Welt umrundet? Sollte das bedeuten, dass wir jetzt die Tage rückwärts zählen mussten, dass das Ende abzusehen war? Bitte nicht...
Wie immer im Leben vergeht bei schönen Dingen die Zeit offensichtlich viel schneller als sonst. Bei uns raste die Zeit schier, was auf die Qualität der Reise schließen ließ. Es war einfach ein traumhaft schöner, ein unglaublich intensiver und einmaliger Abschnitt in unserem Leben. Die Halbzeit war auch ein Anlass, uns mal wieder wachzurütteln und klar zu machen, wie gut es uns ging. Wie wichtig es war, nicht in einen Alltag an Bord oder eine Routine zu kommen. Wie unwichtig die kleinen Dinge waren, über die man sich manchmal ärgerte und wie vergeudet mancher traurige Augenblick war. Wobei die Traurigkeit und Melancholie einfach auf ein Schiff gehörte, die Suche nach dem Sinn des Lebens, die Selbstbetrachtung und Entscheidungsfindung.
http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1129.jpgHalbzeit also! Es gab einen schönen Cocktail in der Kopernikus-Bar und Kreuzfahrtdirektor Christian Adlmaier erinnerte an die verschiedenen Häfen, Städte,http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1139.jpg Regionen und Inseln, die wir gesehen hatten. Der Kapitän wünschte uns eine gute Weiterreise und wir stießen gemeinsam an. Eine besonders schöne Geste war, dass mit uns gemeinsam alle Offiziere, der Kapitän, die Chefs, Reiseleiter und sogar die Mädels aus dem Beautysalon feierten. Beim anschließenden 9-Gang-Galadinner, das Chefkoch Rupert Kien und sein Team extra für die Weltreisehalbzeit kreiert hatte, http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1185.jpgsaß an jedem Tisch mindestens ein Crewmitglied. „Schließlich sind wir alle eine http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1149_1.jpgFamilie“, hatte Christian Adlmaier erklärt, neben dem Louisa und ich wieder die Freude hatten, sitzen zu dürfen. Das war ein Garant für witzige und abwechslungsreiche Unterhaltung. Außerdem saßen an unserem Tisch Baron und Baronin von Wangenheim, die uns über ihre 65 http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_1214.jpgEhejahre erzählten und Tipps für die Liebe gaben. Wir amüsierten uns köstlich und genossen unter anderem Entenbrust auf karamelisierten Apfelspalten mit Kaktusfeigenmarinade, Hummersüppchen mit altem Cognac, Duo von Wildlachs und Heilbutt, Rinderfilet an Gänsestopflebersauce und in der Kartoffel gratinierten Munster Käse. Das Essen war ein Gedicht und die Speisekarte war auf dem gleichen japanischen Seidenpapier gedruckt, wie die Einladung. Das Halbzeit - Dinner war ein gelungener Höhepunkt, der dem Stil der ganzen Weltreise entsprach: Liebevoll gestaltet, gut organisiert, in netter Gesellschaft bei exzellentem Essen und auf diesem wunderbaren Schiff - unserer "MS Amadea". Das hier war unsere Familie, das hier war unser Zuhause.
Und da waren noch, wie gestern schon geschrieben, unsere Freunde. Da Louisa und ich die Weltreise erst vier Tage später beginnen konnten, weil Louisa einen Tag vor unserer Abreise Scharlach bekommen hatte, war unsere private Halbzeit erst zwei Tage später und wir feierten auf Saipan.
Ihr erinnert euch an die Vorbereitungen, die ich euch gestern schon beschrieben hatte.
http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/saipan_041.jpg Der Chauffeur holte uns pünktlich am Hafen ab und brachte uns zum berühmten Pacific Island Club. Wir hatten einen Tisch auf einer Terrasse direkt am Sandstrand reserviert bekommen und saßen da pünktlich zum Sonnenuntergang mit Campari Orange und Martini. Es war wieder einer jener Augenblicke, wo man sich am liebsten kneifen würde und fragen: "Ist das jetzt wirklich echt?" Die Sonne versank direkt vor unserer Nase im Meer, eine einzelne Klischee - Palme hängte ihre Wedel in das Klischee - Bild und der Himmel leuchtete in allen Rottönen. Prost Freunde - auf den zweiten Teil der Weltreise.
http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_2611.jpg Mit Erschrecken stellte ich mal wieder fest, dass Louisa und ich die einzigen waren, die die ganze Weltreise bis zu Ende fahren würden. Und während wir diesen intensiven Abend erlebten, betrachtete ich diese Gruppe von tollen http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_2615.jpg Menschen und wieder kam ein Hauch Wehmut. Sicher würden wir nie wieder in http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_2612.jpg dieser Runde zusammen sitzen, wahrscheinlich würden wir nur einige wieder sehen, im schlimmsten Fall keinen. So war das eben mit dem Schiff. Ich wusste es schließlich. Es waren intensive Verbindungen, Beziehungen, Freundschaften - aber nur auf Zeit. Natürlich nahm ich mir vor, mit jedem in Kontakt zu bleiben. Das eine Paar hatte mich sogar im Juli zur Hochzeit nach Berlin eingeladen, alle wollten uns zu Hause besuchen kommen. Aber die Erfahrung hatte gezeigt, dass nicht immer aus den Plänen auch Realität wurde. http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/img_2599.jpg Ich betrachtete die Runde, jeden einzelnen von ihnen und war so glücklich. Es war schön, ihnen eine Freude zu machen, ihnen zu zeigen, wie gern wir sie hatten, uns zu bedanken für ihre Zuneigung und Unterstützung bei den Aufs und Abs des Schiffslebens. Am Tag hatten Louisa und ich Stunden damit zugebracht für jeden ein individuelles Geschenk und eine Karte zu besorgen und einzupacken. Wie schön war es, als sie uns alle aus Dank umarmten. Wieder hatte ich diese Tränen in den Augen. Vor der Weltreise wusste ich überhaupt nicht, dass ich so viele Tränen hatte. War das ein schöner Augenblick!
http://blog.brigitte.de/.shared/image.html?/photos/uncategorized/saipan_048.jpg Überhaupt war es ein entspannter und lustiger Abend. Louisa konnte sogar noch im beleuchteten Pool schwimmen, wir saßen bei der Abenddämmerung in den großen Hängematten und sahen auf das Meer. Später, als die Bars und Restaurants schon lange geschlossen hatten, feierten wir noch am Strand mit ein paar Flaschen Wein weiter, spielten "Stille Post" und sangen Lieder während der Mond auf uns schien und das Meer an der Küste von Saipan rauschte.
Und als nach einem Absacker auf dem Schiff alle ins Bett gegangen waren und ich noch allein an Deck meinen Gedanken nachhing, klopfte mir das nächste Nachtschwärmer-Paar und ein weiterer Passagier schon auf die Schulter. "Kommst du noch mit auf eine Flasche Wein auf unsere Terrasse?" Es waren drei nette Passagiere und so saß ich plötzlich auf der schönsten Terrasse des Schiffes, die zu einer Suite gehörte direkt unterhalb der Brücke. Wieder wurde gelacht und geschwatzt, gesungen und Heide holte sogar die Mundharmonika raus. Ich konnte auch ein bißchen spielen und so saßen wir wiedermal bis zum Morgengrauen und ich resümierte, wie viel ich verpasst hätte, hätte ich die Nacht zum Schlafen genutzt. Auch diese Freunde würden aussteigen im nächsten Wechselhafen - in Osaka. Unsere anderen Freunde von der Party wie gesagt auch: Der erste schon in Yokohama, die anderen beiden ebenfalls in Osaka, die anderen beiden in Singapur.
Nur Louisa und ich, wir würden bleiben - zum Glück!
Musiktipp zur Stimmung: Titel "Satin Green Shutters", Chris de Burgh, Album "Missing you: The Collection"
Anja Fließbach: Dienstag, 6 März 2007, 17:41 Uhr