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26. Beitrag: "Am Ende der Welt" (26. Januar)
In Nebel gehüllte Berge mit Schnee auf den Gipfeln, steile Felswände, kreisende Raubvögel, ein windigfeuchtes Klima und ein sumpfig, modernder Geisterwald mit Bäumen so alt wie die Zeit - so sieht es aus, das Ende der Welt. Die südlichste Straße der Erde hört einfach auf. Vor uns nur noch Sumpf und Berge mit Schnee. Dann der Pazifik. In unsichtbarer Ferne der Südpol. Die Welt ist gar nicht so groß.
Aber der Reihe nach: Eben waren wir noch bei 35 Grad in Puerto Madryn, jetzt fuhr die "MS Amadea" an Gletschern vorbei und durch Eisschollen.
Der Kapitän hatte uns in der Atlantiklounge informiert, dass wir unsere Reiseroute geringfügig ändern müssten und Destinationen ausfallen würden. Ein Schaden an der Maschine. Zum Glück nur das. Ich hatte schon Sorgen gehabt, der Sturm könnte weiter gehen.
Die Falklandinseln (stehen unter britischer Krone) kannten wir schon und ich beruhigte die anderen Passagiere, dass sie damit gar nicht so viel verpasst haben. Wir waren vor zwei Jahren dort und hatten Dodi auf West Point besucht. Dodi lebte mit seiner Frau auf dieser kleinen Insel ganz allein. „Mein Großonkel hat West Point 1870 gekauft. Ich wohne hier schon mein ganzes Leben lang“, hatte mir der 74jährige bei Kuchen und Tee in seiner gemütlichen Küche erzählt, bevor er uns über die stürmische, karge Insel geführt hatte und uns Seevögel- und Pinguinkolonien zeigte.
Auch das Kap Horn hatten wir damals erreicht. Allerdings bei Seegang 6, nicht 9, wie wir es in den letzten Tagen auf der "MS Amadea" erlebt hatten. "Nicht mehr als eine kleine felsige Insel", versuchte ich die aufgebrachten Gemüter an Bord zu beruhigen. Ich war nicht böse, das stürmische Kap nicht noch einmal zu besuchen. Das Kap, wo früher die armen Segelbootsbesatzungen zu Tausenden in den tosenden Wellen ertranken, wo sich Pazifik und Atlantik trafen und die kalten Strömungen der Antarktis die Schiffe hin und her schleuderten. Es ist der größte Schiffsfriedhof der Welt mit rund 800 Wracks auf dem Grund. Bis 2003 gab sogar eine Bruderschaft, die Kap-Hoorniers, in die jeder Kapitän eintreten durfte, der die gefährliche Passage bewältigt hatte.
Die "MS Amadea" war also einige Seemeilen vor Kap Horn in die chilenische Fjordwelt abgebogen. Wir kreuzten im Beaglekanal (benannt nach dem britischen Forschungsschiff Beagle, auf dem auch Charles Darwin war) und einigen anderen Kanälen. In Ushuaia, dem südlichsten Ort der Welt, lief die "MS Amadea" den nächsten Hafen an. Auch hier waren wir schon mal. Eine gemütliche Stadt, von der aus wir den Ausflug nach Feuerland unternommen hatten (s.o.). Übrigens war es Fernando Magellan, der dieser Region den Namen Feuerland gegeben hatte, als er die Rauchsäulen der Feuer der Ureinwohner sah. Auch der Begriff Patagonien stammt von Magellan. Er verglich die Ureinwohner dieser Gegend mit dem Riesen Pathagon aus einem Ritterroman. Louisa liebt solche Geschichten und diese Dinge sind es auch, die sie sich von der Weltreise merken wird. Dieses Mal hatten wir nur bis 14 Uhr Zeit in Ushuaia, schließlich warteten in den nächsten Tagen noch viele Wasserstraßen in dem verzweigten Netz der chilenischen Fjorde auf uns. So auch die Magellanstraße, die 1520 von Ferdinand Magellan entdeckt wurde, 600km lang ist und den Pazifik mit dem Atlantik verbindet. Ein Teil heißt hier Decolacion - Trostlosigkeit. Nach einem sonnigen Tag und einer Fahrt vorbei an herrlichen Gletschern und Bergen, wurde das Wetter auch trostlos. Regen und Wind. Das Küchenteam versuchte die Stimmung an Bord durch eine Austernparty mit 450 Austern (die knackten zwei Leute in vier Stunden) und Champagner aufzuheitern.
Louisa fand die Berge und das Wetter langweilig. Zum Glück hatte sie jetzt eine Reiseleiterin gefunden, die einmal am Tag etwas mit ihr unternahm. Soraya bastelte mit ihr Kerzen und besuchte den Kapitän, spielte mit ihr Golf und besorgte eine neue Nadel für Louisas Strickliesel. Meine 6-Jährige Tochter liebte es, zu stricken. Sie saß stundenlang konzentriert bei der "Arbeit". In dieser Zeit schnappte ich mir meinen iPod und ging eingemummelt mit Schal und Kapuze übers Deck, stand an der Reling im Regen und Wind und liebte das Leben. Dieses Wetter passte einfach zu diesen Bergen. Es verlieh der Gegend und diesen Augenblicken eine unglaubliche Dramatik. Schade, dass die anderen Passagiere das nicht so genießen konnten. Obwohl ich auch gerade gern allein an Deck war. Dramatische Augenblicke gab es an Bord übrigens in jeglicher Beziehung. Mehr dazu – morgen.
Anja K. Fließbach: Freitag, 26 Januar 2007, 21:11 Uhr
Einige Impressionen aus der chilenischen Magellanstraße
Kommentare zum 27. Beitrag
Warum heissen Sie Anja K. Fliessbach? Für was steht das K.?
Kommentiert von: Linda | Samstag, 27 Januar 2007, 18:48 Uhr
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Ihr habt jetzt immer so schöne Fotos im Netz. Könnt ihr bitte ein paar Fotos mehr von euch rein stellen? Ihr seid beide so hübsch.
Kommentiert von: Sascha | Samstag, 27 Januar 2007, 19:08 Uhr
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Hallo Anja
ich bin erst jetzt auf diesen Bericht gestoßen. Sehr gut gemacht, wann hören wir mehr? Die Tagesprogramme und Speisekarten können wir ja unter www.phoenixreisen.de abrufen.Einen schönen Gruß an Christian, wir gehören zu seinem Fanclub.
Viele Grüße
Gerd
Kommentiert von: Gerd | Sonntag, 28 Januar 2007, 18:45 Uhr
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(Letzte Aktualisierung: 29.01.2007)