• 5709 Aufrufe

Hineingerutscht und dabei geblieben

Franziska Weiß bedenkt und organisiert als Projektleiterin die großen und 1.000 kleinen Kleinigkeiten des SemperOpernballs

Sie kam über Umwege zum Semper Opernball e. V.und ist inzwischen mit dem Ballprojekt in allen Facetten tief verbunden. Als Projektleiterin hat Franziska Weiß zwölf Monate im Jahr mit der berühmtesten Dresdner Nacht zu tun. Wie sie dazu kam und wovon sie träumt, wenn ihr die Zeit dafür bleibt, das erzählte sie Disy. Lesen Sie mal!

Hier oben sitzt sie sonst nie. Obwohl es eigentlich kaum einen besseren Ort gibt, um auf seinen "Arbeitsplatz" zu schauen: Die Semperoper steht nur wenige hundert Meter entfernt und ist von der Dachterrasse des Cafés am Schützenplatz Nr. 14 wunderbar im Auge zu behalten. Aber ins Café geht man nur, wenn man Zeit hat und die hat Franziska Weiß an einem ganz normalen Arbeitstag selten. Seit Frühjahr 2008 ist sie neben Trixi Steiner Projektleiterin im Semper Opernball e.V., der einige Etagen tiefer seine Zentrale hat. Auf 40 m² in zwei Zimmern sitzen hier in der Ballwoche bis zu sieben Personen und rotieren rund um die Uhr. In der Geschäftsstelle wird mit neuen Ideen, vielen Telefonaten, zahlreichen Tabellen, schnellen Handgriffen und noch mehr Papierkram alljährlich der Dresdner Semper-Opernball vorbereitet. Franziska Weiß strukturiert und koordiniert das Geschehen. Eigentlich kam sie ganz zufällig zu diesem großartigen Event, von dem nicht nur auf Dresdens Straßen gesprochen wird.

Die Hochwasserflut 2002 war ein klein wenig Schuld daran, dass sich ihr Leben wenig später fast nur noch um den SemperOpernball drehen sollte. Zumindest beruflich. "Ich war natürlich schon als Kind in der Semperoper, obwohl es zu DDR-Zeiten schwer war, an Karten heran zu kommen. Gerade deshalb war es immer etwas ganz Besonderes und man wurde von Mama hübsch angezogen und zu gutem Benehmen angehalten", erinnert sich die gebürtige Dresdnerin und lächelt. Ganz ehrfürchtig sei sie damals als kleines Mädchen immer durch die Oper gegangen und jedes Mal schwer beeindruckt wieder nach Hause gekommen. Dann hat sie die Oper erst einmal aus den Augen verloren. Das Jurastudium an der TU Dresden und zwei Auslandssemestern in Italien haben ihr andere Türen und Welten geöffnet, doch Franziska Weiß war dabei nie so wirklich glücklich. "Während des Studiums habe ich zahlreiche Stunden in der Gläsernen Manufaktur als Empfangsmanagerin und für VW auf Veranstaltungen gearbeitet - und diese Tätigkeiten fand ich sehr viel spannender und kreativer als Jura", erzählt die 33-Jährige am Café-Tisch hoch über Dresdens Altstadt. Dabei lernte sie dann ihren heutigen Chef kennen, den damaligen Direktor der Dresdner Semperoper Prof. Hans-Joachim Frey.

„Ich wünschte mir die Unbefangenheit der ersten Tage zurück, dann könnte ich ruhiger schlafen.“

Und das war eben der Flut 2002 "zu verdanken": Weil das Elbe-Wasser auch die Semperoper geflutet und diese deshalb geschlossen hatte, suchte Frey in der Gläsernen Manufaktur Zuflucht. "Es war genial! Aus der Not heraus wurde die Oper 'Carmen' einfach in einer Autowerkstatt inszeniert und aufgeführt und der Spielbetrieb angepasst. Das Ergebnis war ein grandioses kulturelles Ereignis", schwärmt Franziska Weiß noch heute. Wenig später begegnete die angehende Juristin Frey abermals: Sie hatte inzwischen eine Arbeit als Veranstaltungsorganisatorin im FORUM Tiberius aufgenommen - einem Dresdner Verein zur Förderung und Zusammenarbeit von Kultur und Wirtschaft, dessen 1. Vorsitzender er war. Damals, im Oktober 2007, wusste sie noch nicht, dass Hans-Joachim Frey "ihr Schicksal" werden sollte. "Herr Frey hat freiwillige VIP-Betreuer für den SemperOpernball gesucht. Natürlich hat er uns FORUM-Mitarbeiter auch angesprochen und irgendwie kam es, dass ausgerechnet ich ihn zum SemperOpernball betreuen sollte", erzählt die sympathische Dresdnerin. An ihren ersten Ball erinnert sie sich noch sehr genau. Sie musste binnen kürzester Zeit in den zahlreichen Gängen und im Backstagebereich des Opernhauses zurechtfinden. Es war ihre Feuertaufe. Ein Abend, der vor Spannung nicht zu übertreffen war. "Ich stand vor einer Herausforderung und habe eigentlich erst vor Ort wahrgenommen, was das für ein riesiges Projekt ist." Verkabelt und mit Funkgerät ausgestattet, hat sie ihren Job als persönliche Betreuerin des künstlerischen Gesamtleiters und 1. Vorsitzenden des Semper Opernball e. V. gemeistert. So gut, dass Frey nicht mehr auf sie verzichten wollte. Im Frühjahr 2008 wurde sie als Projektleiterin im Verein eingestellt und organisiert seitdem Dresdens berühmte Opernbälle.

Eine perfekte Organisation

Seither ist der SemperOpernball von Jahr zu Jahr gewachsen und immer professioneller geworden. Inzwischen hat das Dresdner Event, das jährlich an einem Freitagabend zu Jahresbeginn stattfindet, alle anderen Opernbälle Deutschlands überlebt bzw. überholt. "Wir können uns heute keine Fehler mehr erlauben. Der Anspruch der Gäste wächst mit jedem Ball und deshalb muss wirklich alles stimmen", resümiert die Projektleiterin, die inzwischen Hilfe von einer weiteren Kollegin und einem Praktikanten hat. Und die auf ein gutes Netzwerk setzt, weil auf diese Weise kleine Schwierigkeiten immer mal wieder schnell ausgebügelt werden können. Wie 2009 zum Beispiel, als Schauspieler Joachim Fuchsberger Ballgast war und ihr plötzlich frühmorgens nach der Ballnacht einfiel, dass dieser gleich am nächsten Morgen zurückfliegen wollte und mutterseelenallein auf dem Dresdner Flughafen in einer kalten VIP-Lounge stehen würde. Schnell war übers Telefon ein Bekannter gefunden, der versprach: "Nu, da dreh isch mal schnell de Heizung uff." Das sind die Vorteile einer vernetzten Frau, die die Fäden seit Jahren fest in der Hand und alle Eventualitäten und Telefonnummern im Kopf hat. Dass der Dresdner Ball so beliebt ist, hat letztendlich aber nicht nur mit der guten Vorbereitung des Vereins zu tun. Oder mit den Promis und den Gästen in der Oper. Die Dresdner selbst haben das Event zu dem gemacht, das es ist: Ein Fest für die ganze Stadt! Und das, so Weiß, gefällt auch den prominenten Gästen. "Der Open-Air-Ball zieht Tausende auf den Theatervorplatz und die Stimmung ist fröhlich und einzigartig. Das gibt es nur in Dresden.", ist sich die langjährige Ball-Koordinatorin sicher. Vielleicht ist es auch diese friedliche und feierliche Atmosphäre, die es der 33-Jährigen leicht macht, alljährlich 20 bis 30 Freiwillige zu finden, die als VIP-Betreuer zur Verfügung stehen und erste Ansprechpartner für La Toya Jackson, Michael Ballack, Veronica Ferres & Co. sind, wenn denen irgendetwas fehlt. Freiwillige, die inzwischen jedes Jahr wieder mit dabei sein wollen. Und auf die sich Franziska Weiß verlassen kann, weil sie die Oper, das Event und die große Verantwortung an diesem Abend mittlerweile bestens kennen. Der SemperOpernball ist natürlich längst auch zur ganz persönlichen Angelegenheit für Franziska Weiß geworden, denn zu den freiwilligen Helfern des Abends zählen auch Mama, Papa, Ehemann und sehr viele Freunde. Während die Mutter eher logistische Dinge für die Künstler übernimmt und dabei kurzfristig spezielle Wünsche erfüllt wie etwa den, am Ballabend schnell noch mal einen Kühlschrank für eine bestimmte Künstlergarderobe zu besorgen, übernimmt Ehemann Steven seit Jahren verschiedene Aufgaben. Zum Ball 2013 sorgte er beispielsweise dafür, dass alle VIP's pünktlich und schnell ins Opernhaus gefahren werden konnten und koordinierte die VIP-Shuttle. "Er macht das sehr dezent und geschickt", lobt die Projektleiterin und Ehefrau, die alljährlich schon Anfang Januar im Familienkreis den Startschuss für die erhöhte SemperOpernball-Alarmbereitschaft gibt. "Dann hält sich die Familie alle Abende und Wochenenden frei und assistiert mir in besonderen Notlagen", freut sich Franziska Weiß über so viel Hilfsbereitschaft und Engagement. Nur Töchterchen Felizia ist mit ihren zwei Jahren noch zu klein, um zu helfen.

Ein aufregender Abend

Die Gelassenheit, die Franziska Weiß noch bei ihrem ersten "eigenen" Opernball 2009 hatte, ist mit den Jahren verschwunden. "Obwohl damals Wladimir Putin unter den Gästen war, ging ich viel entspannter in die Ball-Nacht als heute. Ich wünschte mir ein bisschen die Unbefangenheit jener ersten Tage zurück, dann könnte ich heute vor dem SemperOpernball viel ruhiger schlafen." Schlaf ist aber in den Wochen vor dem großen Ereignis nicht das Einzige, das zu kurz kommt. Auch für die Wahl des eigenen Ballkleides und für Frisur und Make-up sind nur wenige Minuten eingeplant. "Mein Kleid bekomme ich jedes Jahr von Uwe Hermann. Er kennt inzwischen meinen Geschmack und ich vertraue ihm bei der Auswahl des Kleides. Und um Gesicht und Haare kümmern sich eine halbe Stunde vor Ballbeginn in der Oper die Stylisten - bis dahin wird durchgearbeitet", bricht die engagierte Projektleiterin mit dem Klischee, dass sich eine Frau wochenlang auf eine Ballnacht vorbereiten müsse. Ist diese kurze persönliche Auszeit vorüber, die oft nicht mal zwanzig Minuten lang dauert, beginnt für Franziska Weiß und ihre Kollegen das eigentliche Finale: ein bis zwei Stunden VIP-Empfang im Taschenbergpalais, gegen 20:45 Uhr Platzierung der VIP-Gäste in der Semperoper, 21:00 Uhr Beginn des Eröffnungsprogramms, anschließend TV-Live-Schaltungen, Promi-Interviews, Fototermine und all die Abläufe, die sonst noch so zu organisieren sind. "Aufatmen kann ich das erste Mal gegen halb zwei morgens - dann weiß ich, dass die Veranstaltung in allen Sälen gut läuft." Zu Ende aber ist die Nacht für das Team erst gegen sechs Uhr früh, denn selbst wenn der letzte Gast gegangen ist und im Saal bereits das Licht angeht, ist an Schlaf noch nicht zu denken. Dann werden schon wieder die Blumen herausgetragen und der Rückbau vom Ball- zum Opernhaus beginnt. "Das ist der Moment, wo ich jedes Jahr dastehe und denke: 'Oh, schade, und wieder habe ich keinen Walzer getanzt!'"Zwei Traditionen, an denen Franziska Weiß festhält und wo sie immer auch ein bisschen privat ist, gibt es in diesen aufregenden Tagen um den Opernball dennoch: Zum einen das gemeinsame Frühstück, das sie mit ihrem Chef und ihren Kollegen zwei Stunden nach der Ballnacht einnimmt, und zum anderen den gemütlichen Fernsehabend am Samstag, wenn sie mit Familie und Freunden die Mitschnitte vom SemperOpernball auf 3SAT schaut. "Das ist der Dresdner Opernball aus einem ganz anderen Blickwinkel, deshalb ist für mich diese Sendung sehr interessant. Und: Es ist ein kurzes Innehalten, bevor am Montag die Nachbereitung des Balls und die Aufräumarbeiten im Büro beginnen."

Eine glanzvolle Aufgabe

Eigentlich kann sie sich nichts Schöneres vorstellen. Franziska Weiß lebt für ihren Job. In ihrer Heimatstadt Dresden, in der sie immer arbeiten und leben wollte. Sie sei zwar in den SemperOpernball "so irgendwie hineingerutscht", aber sie habe sich als Projektleiterin weiterentwickelt und liebt ihre Aufgabe. Das Tolle an ihrem Job, so schwärmt sie, ist, dass in der Vorbereitung kein Tag wie der andere und die Arbeit so abwechslungsreich ist. Na ja, und die Ballnacht mit all ihren prominenten und gut gelaunten Besuchern vor und in der Oper - die ist sowieso einmalig. Natürlich wünscht sie sich manchmal auch, ganz ohne Verantwortung einfach mal nur Gast auf dem SemperOpernball zu sein. "Dann könnte ich ihn endlich mal selbst erleben, diesen wunderbaren Dresdner Ball", schmunzelt die junge Frau im Café auf der Dachterrasse. Und weil sich dieser Wunsch mit der Gastkarte und dem "Privaterlebnis SemperOpernball" wohl nicht so schnell erfüllen wird, schiebt sie als Projektleiterin noch zwei Wünsche nach: Zum einen würde sie am Ballabend gern mal im Ü-Wagen des MDR sitzen und eine völlig andere Perspektive auf die Veranstaltung haben, das hatte sie immer schon mal vor, aber zeitlich bisher nie geschafft: Und zum anderen wäre ein Mitternachts-Act mit Michael Bublé oder Tom Jones für sie ein persönliches Highlight. "Udo Jürgens zu erleben, ist aber auch ein glanzvoller Höhepunkt."