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Selbstheilung durch Meditation?
Man sei an einen bestimmten Ort geboren, weil man eine Aufgabe hätte, sagt meine PranaLehrerin. Hier sei gute Energie. Ich setze mich in einen bequemen Sessel. Auf einem Schild am Eingang wird empfohlen, die Schuhe auszuziehen. Ich öffne die Reißverschlüsse meiner Stiefel und mache es mir gemütlich. Ins Ausland sollten die Menschen nur gehen, wenn sie etwas zu bringen hätten, setzt sie fort. Ist schon gut, ich bleibe hier. Hier bei ihr im PRANA Zentrum. Hier in diesem Zimmer, wo Bücher von Dale Carnegie neben Meditiations- und Pranaliteratur stehen, wo Buddha im Lotussitz genauso vertreten ist wie bunte Energiebilder. „Man lernt immer“ – so hatte man mich zu dieser Pranasitzung eingeladen. Und so bin ich offen und ohne Vorurteile hergekommen, neugierig, was mich erwartet und bereit, Neues zu lernen. „Man muss lernen, irdische Dinge von seelischen, geistigen zu trennen“, so die Pranalehrerin.
Mit Prana könne man eine Technik in friedlichen Zeiten lernen und kultivieren, die einen in Stressphasen als Tool zur Verfügung steht. Dann hat man immer die Gewissheit, dass es auch bei Sorgen und Nöten einen Ausweg gibt. „Es befreit, sich zu erlauben, Fehler zu machen. Man darf nur in diesen Fehlern nicht stecken bleiben.“ Bei Prana lernt man, die Liebe zu sich selbst zu finden. Es gibt die ersten Krankenhäuser, in denen Pranaheilung praktiziert würde. Die Wissenschaft und die Esoterik würden sich da annähern. Alle Erkrankungen seien psychogen, jede Seele wisse genau, was die Ursache sei. Und die Wirksamkeit von Prana könne man inzwischen bei bildgebenden Diagnostikverfahren beweisen. Ich trinke einen Beruhigungstee und lasse das Gesprochene auf mich wirken. Es fügt sich in viele Themen ein, mit denen ich mich für Disy in den letzten Jahren beschäftigt habe. Bei allen heißt es etwas anders, alle haben abweichende Tools – aber alle, von Schamanen über Coaches und Wissenschaftler bis zu Religiösen und Esoterikern haben eine Gemeinsamkeit: Sie glauben, dass der Mensch sich selbst heilen und helfen kann, mit der Macht seines Unterbewusstseins.
Demnach stecken in uns Kräfte, die uns nicht bewusst seien. Alles könne zur Heilung und zum Gegenteil beitragen, wusste schon Paracelsus. Man überzeugt mich weiter und erzählt von Erdenergie, Erdstrahlung und der Bündelung der Strahlung bei tektonischen Verschiebungen. Dann sei an bestimmten Plätzen die Energie besonders stark. So wären zum Beispiel Kirchen meist an Kraftplätzen gebaut, die schon früher Kultplätze waren. Gebündelte Energie. Aber auch hier kann es negativ sein. Wenn man zum Beispiel an bestimmten Orten in der Wohnung schlecht schläft wegen geopathischen Störungen. Diese könnten Pranaspezialisten in Wohnungen finden und verändern helfen. Was man mir erzählt, ist kein Hokuspokus, sondern auf eine bestimmte Art logisch. Ich kuschel mich mit einer weiteren Tasse Tee in eine Decke auf den Sessel. Ich freue mich, dass ich da bin und habe das Gefühl, dass ich hier irgendwie Hilfe bekomme. Ich weiß zwar noch nicht für was, aber ich fühle mich wohl. Man müsse sich mehr geben, um sich selbst auszufüllen, erzählt man mir. Ich solle überlegen, was ich selbstin Regelmäßigkeit tun kann, um meine Energie aufzutanken. Pranaheilung sei eine Methode, um emotionale und mentale Blockaden zu lösen. Emotionale Hygiene wäre wichtig. Gedanken wären genauso real wie stoffliche Dinge (gebündelte Energieeinheiten). Ein wiederholter Gedanke wird Gedankenform und bleibt im Energiefeld. Deshalb können viele Menschen in Ruhepausen nicht abschalten. Man müsse achtsam sein, sich nicht vom Gehirn benutzen zu lassen. Ein Computernutzer ist eben nicht der Computer. Wie Prana genau wirkt, will man mir erklären, bevor die Behandlung beginnt. Die Zelle sei früher für die Menschen ein leerer Raum gewesen. Inzwischen weiß man, wie der Begriff Knopfzelle schon ausdrückt, dass da viel mehr ist. Farbe ist Schwingung. Das kennen wir aus den Sprüchen: „Farbe bekennen.“ „Alles im grünen Bereich.“
Die Seele speichert alles ab, Ängste, Erfahrungen – alles was mit starken Gefühlen verbunden war. Wir dürfen nicht zu hart zu uns sein. Dennoch ist es klug, seinen Baustellen nicht immer aus dem Weg zu gehen, sonst ist es schwer, Fortschritte zu machen. Wenn wir andere Menschen so annehmen wie sie sind und bereit sind, uns selbst immer wieder zum Guten zu wandeln, hat dies wohl den größtem Einfluss auf alle Ebenen unseres Seins. Ich versuche, zu verstehen, ziehe in Erinnerung Parallelen zu meinen Erlebnissen in Asien und mit dem Buddhismus und finde in meinem Inneren ein Kästchen mit dem Motto: „Weiß man´s?“ Gott ist Liebe, sagt man und ich erinnere mich an Nina Hagens gleiche Worte in ihrem Disy-Interview. Krankheit sei eine Manifestation nicht gelebter Liebe. Man müsse Liebe als Seinszustand entwickeln. „Ich bin liebend“, soll man sich sagen. Meine Prana-Lehrerin ist sicher, dass man in wirklichen Glückszuständen mit Gott auf einer Wellenlänge sei.
Die Stressfrequenz ist nicht in Einheit mit der göttlichen Kraft. Deshalb gäbe es eine Deformation im Energiefeld. Je mehr ich an einer Kränkung festhalte, desto mehr würde sie mir schaden. Bei erschöpften oder kranken Menschen sei das Energiefeld sehr dünn. Man müsse die Energie wieder mit dem Universum in Einklang bringen. Und genau das will man mir nun zugutekommen lassen. Ich lege mich auf den Rücken auf eine Liege mitten im Raum. Ich sehe auf die lilafarbenen Wände, auf ein Bild mit Engeln. Die Pranaheilerin nimmt meine Füße und zieht und zupft an meinen Beinen. Ein Bein sei länger. Bisher waren die immer gleichlang. Bin ich einseitig gewachsen? Nein, verschoben wegen schlechter Haltung, meint die Expertin. Zuerst müsse das ausgeglichen werden. Sie nimmt meine Füße, schließt die Augen und ich entspanne mich. Ich gebe ihr und dem Prana eine Chance und lasse mich voll drauf ein. Plötzlich wird mein rechtes Bein wie Kaugummi. In dem Bild, das sich in meinem Kopf aufbaut, wird es doppelt so lang und weich wie Butter. Kurz erschrecke ich und reiße die Augen weit auf. Ich bleibe mal lieber konzentriert und wach bei der Sache, denke ich mir. Fertig. Dann gibt sie mir wieder eine Decke. Wärme fehlt mir offensichtlich. Dann geht sie zu meiner rechten Seite. Hat die Augen geschlossen, die Handflächen nach oben geöffnet und steht still da. Doch man sieht den Bewegungen ihrer Augenlider an, dass sie auf eine eigenartige Weise aktiv ist. Sie ist konzentriert. Dann beginnt sie mit der Arbeit. Sie nähert sich den verschiedenen Stellen meines Körpers mit der geöffneten rechten Handfläche. Ich habe gelernt, dass sie die Energie testet und Störungen erspürt und beseitigt. Dazu zupft sie die Störungen wie Früchte von einem Baum in schnellen, kurzen Bewegungen aus der Luft über meinem Körper. Ihre Handgelenke knacken. Sie ist wie in Trance. Immer wieder probiert sie zwischendurch, ob ihre Handfläche sich meinem Körper reibungsloser nähern kann oder ob sie noch mehr Energie reinigen muss. Da ist offensichtlich viel Arbeit zu tun. Denn sie nimmt einen großen Kristall zu Hilfe und sticht in der Luft herum. Ich weiß, sie zieht die schlechte Energie. Falls jemand zum Fenster herein schauen würde, wüsste der nicht so recht, was hier für ein irres Spiel gespielt wird. Dann schließe ich die Augen und wundere mich über ein Geräusch. Ein gleichmäßiges, zischendes Geräusch wie von einem Motor oder einer Pumpe. Was ist das? Ich bin abgelenkt und versuche, dieses seltsame Geräusch zu lokalisieren. Es kommt von ihr. Sie ist das. Es ist eine eigenartige Atmung durch die Nase. Wow, hier ist etwas im Gange. Sie arbeitet hart. Geht um mich herum und ist über meinem Kopf aktiv. Na, hier wird viel Energiechaos zu klären sein. Irgendwie bin ich dankbar, dass sie sich mit so viel Kraft darum kümmert. Ich stelle mir alles bildlich vor, was sie mir vorher erklärt hat und versuche, mit meiner Phantasie ihre Handlungen zu unterstützen. Nach rund einer halben Stunde ist sie fertig. Ich auch. Obwohl ich nur da lag, bin ich geschafft und schläfrig. Ich bedanke und verabschiede mich benommen. Geld will die Pranaheilerin nicht für die Behandlung. Eine Kiste für Spenden steht auf dem Schrank. Das nächste Mal machen wir das für Honorar. Sie freue sich, dass sie mir helfen konnte.
Fotos: Thaddäus Gulde