• Januar 31, 2022
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Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher, und der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, Dieter Reiter, haben sich am Freitag auf eine gemeinsame Initiative zur Stärkung des gemeindlichen Vorkaufsrechts verständigt. Insbesondere auf angespannten Wohnungsmärkten in Gebieten mit Sozialen Erhaltungsverordnungen sind Vorkaufsrechte ein wichtiges Instrument, um gewachsene Strukturen von Bewohnerinnen und Bewohnern vor Verdrängung zu schützen, bezahlbaren Mietwohnraum zu erhalten und Immobiliengeschäften mit spekulativer Absicht entgegenzuwirken. Hintergrund der gemeinsamen Initiative ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2021, das eine vorsorgliche Nutzung des Vorkaufsrechts zu diesem Zweck untersagt. Die Bürgermeisterin und die Bürgermeister der drei größten deutschen Städte betonen die Wichtigkeit einer gesetzlichen Neuregelung des gemeindlichen Vorkaufsrechts auf Bundesebene, weil nur so eine rechtssichere Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zum Schutz der Wohnbevölkerung gewährleistet werden kann. Sie sehen dringenden Handlungsbedarf und werden sich auf Landes- und Bundesebene für eine Stärkung des gemeindlichen Vorkaufsrechts einsetzen. Gleichzeitig appellieren sie an den Bundesgesetzgeber und an die Länder, an einer bundesweiten Lösung mitzuwirken. 

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hierzu: „Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Berliner Rechtsstreit entschieden, das Urteil betrifft aber ganz Deutschland. Überall dort, wo die Wohnungsmärkte angespannt sind, brauchen wir wirksame und rechtssichere Instrumente zum Schutz von Mieterinnen und Mietern. Deshalb machen wir uns gemeinsam auf den Weg und werben beim Bund sowie den anderen Ländern dafür, hier die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die Kommunen in bestimmten Fällen in die Lage zu versetzen, das Vorkaufsrecht ausüben und Abwendungsvereinbarungen treffen zu können. Ich halte es für einen wichtigen Baustein in unserem Einsatz für mehr Mieterschutz auch in Berlin.“ 

Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher: „Das Wohnen in der Stadt muss bezahlbar bleiben. Das Vorkaufsrecht ist ein wichtiges Instrument, um Mieterinnen und Mieter vor Spekulation und Verdrängung zu schützen. Die gesetzlichen Vorkaufsrechte müssen neu geregelt werden, damit Städte dieses wichtige Instrument weiter nutzen können, wenn es erforderlich ist. Hamburg, Berlin und München werden sich gemeinsam dafür stark machen.“

Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, Dieter Reiter: „Wir als Kommune haben nur wenige Möglichkeiten, Mieterinnen und Mieter wirksam zu schützen. Mit dem Vorkaufsrecht konnten wir in den vergangenen Jahren oftmals sicherstellen, dass Wohnungen bezahlbar geblieben sind und eben nicht in Luxuswohnungen umgewandelt wurden. Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom November letzten Jahres wurde der Stadt die Möglichkeit der regelmäßigen Ausübung des Vorkaufsrechts genommen. Die jetzige Situation bedeutet für viele Mieterinnen und Mieter vor allem große Unsicherheit, ob ihre Wohnung auch morgen noch bezahlbar bleibt. Gemeinsam mit den Städten Berlin und Hamburg möchte ich dafür sorgen, den Sorgen der Münchner Mieterinnen und Mieter bundesweit Gehör zu verschaffen.“

In seinem Urteil vom 9. November 2021 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen ist, wenn das Grundstück zum Ausübungszeitpunkt im Sinne der Sozialen Erhaltungssatzung regulär genutzt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die gesetzliche Vorschrift (hier § 26 Nr. 4 Alt. 2 Bau-Gesetzbuch) so ausgelegt, dass es ausschließlich auf den Zustand zum Zeitpunkt des Verkaufs ankommt und nicht auf etwaige Absichten des Käufers in der Zukunft.

Das bedeutet, dass in Stadtteilen mit Milieuschutzsatzungen das gemeindliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann und mit Erwerbern auch keine sogenannten Abwendungserklärungen geschlossen werden können, wenn nur für Bewohnerinnen und Bewohner nachteilige, zukünftige Nutzungsabsichten der Erwerber als Begründung angeführt werden. So war im Berliner Fall die Ausübung des Vorkaufsrechts jedoch begründet worden.

Das Land Berlin hatte nach der Gerichtsentscheidung am 23.11.2021 sofort mit einer Bundesratsinitiative reagiert, über die derzeit noch nicht entschieden ist. Nachdem inzwischen die schriftliche Begründung des Urteils vorliegt, prüfen die Städte darüber hinaus weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Mit seinem Urteil hatte das Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg aufgehoben.