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Heilt der Knochen?

Frag das Implantat.

 

Dank „intelligenter“ Knochenimplantate bleibt womöglich bald manchen Patienten mit Knochenbrüchen eine zusätzliche Operation erspart. 


Die mit einer Mikroelektronik ausgestatteten Systeme ermöglichen es dem Arzt, den Heilungsverlauf telemedizinisch zu überwachen. Auf diese Weise lassen sich Komplikationen vermeiden beziehungsweise frühzeitig erkennen. Erfolgreich getestet wurden diese Implantate bereits bei Patienten mit einer Pseudarthrose, also nicht heilenden Frakturen. Von einer Pseudathrose sprechen Experten, wenn eine Fraktur nach sechs bis acht Monaten noch nicht knöchern verheilt ist. Exakte Zahlen gibt es nicht, Schätzungen gehen davon aus, dass es bei etwa ein bis zwei Prozent aller Knochenbrüche zu dieser Komplikation kommt. Betroffen sind oft lange Röhrenknochen wie Unter- oder Oberschenkel, Oberarm und Elle. Die Ursachen für eine Pseudarthrose sind vielfältig: Erkrankungen wie Diabetes oder eine arterielle Verschlusskrankheit können dahinterstecken, Durchblutungsstörungen, Weichteile können sich in den Frakturspalt geschoben haben, das betroffene Körperteil wurde eventuell nicht ausreichend ruhig gelagert oder zu früh belastet. „Für Ärzte gibt es bisher nur wenige Möglichkeiten, den Verlauf einer Frakturheilung zu kontrollieren: klinische Erfahrungswerte und Röntgenuntersuchungen“, erläutert Professor Dr. med. Klaus Seide, Oberarzt und Leiter Wissenschaft und Forschung am Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus Hamburg. Die Medizintechnik bietet nun Alternativen – zumindest bei Knochenbrüchen, die in einer Operation mit Schrauben, Nägeln, Platten oder Drähten fixiert wurden. Chirurgen setzen „intelligente“ Implantate ein, die mit einer modernen Mikroelektronik ausgestattet sind. Sie ist in der Lage, telemetrisch die Belastung der Platte zu messen. „So lässt sich der Verlauf der Knochenheilung überwachen und eine Überbelastung frühzeitig erkennen“, sagt Professor Seid. Die Implantate mit Messsystem wurden am Unfallkrankenhaus Hamburg bereits bei 65 Patienten mit Pseudarthrose erfolgreich eingesetzt, bei denen zum Teil der Knochenbruch auch nach mehreren medizinischen Versuchen nicht hatte geheilt werden können. „Besonders bei komplizierten Verläufen ist das System hilfreich. Weitere operative Eingriffe könnten in vielen Fällen vermieden werden“, erklärt der Facharzt. Mittelfristig ist auch routinemäßig ein Einsatz bei frischen Knochenbrüchen vorstellbar. „Die mikroelektronische Technik hat mehrere Vorteile“, ergänzt Seide. „Es werden weniger Röntgenuntersuchungen nötig sein, das erspart den Patienten schädliche Strahlen. Zudem ermöglicht sie eine sichere und schnellere Knochenheilung gerade bei schwierigen Fällen.“