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Gehirnforscher bringt Licht in die „dunkle Materie“ der Nervenzellen

Welche Mechanismen regulieren die Ausdifferenzierung von Stammzellen zu Nervenzellen? Einige Antworten darauf finden sich in dem früher abwertend als Schrott bezeichneten Teil der nicht-codierenden Erbsubstanz, der "dunklen Materie". Erst seit diesem Jahr sind neue Messmethoden bekannt, die direkt diese Erbsubstanzen identifizieren können. Dr. Federico Calegari vom DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden - Exzellenzcluster an der TU Dresden (CRTD) hat nun eine erste Mauslinie entwickelt, mit der er die zeitliche und örtliche Regulationen von Erbsubstanzen der "dunklen Materie" exakt bei der Differenzierung von Nerven-Stammzellen zu Tochterzellen und Proteinen nachvollziehen kann. In allen Lebewesen enthalten die Gene die Erbinformation. Doch nur ein Bruchteil der Zell-DNA besteht aus Genen. Mehr als 95 Prozent der menschlichen DNA machen nichtcodierte Erbsubstanzen aus, die keine Bauanleitungen für Proteine enthalten. Proteine sind für die biologische Entwicklung eines Lebewesens und den Stoffwechsel in der Zelle notwendig. Die nicht-codierende DNA, die "dunkle Materie", kann erst seit kurzem mit neuentwickelten Messemethoden identifiziert werden. Sie reguliert die Aktivitäten der Gene. Bei Störungen können falsche Gene aktiviert oder Zellen unerwünschte Eigenschaften verliehen werden.Im Forschungsprojekt wurden Mäuse mit identischem Erbgut mit rot und grün fluoreszierenden Reporterproteinen als Marker gezüchtet, die Populationen der Stammzellen, Tochterzellen und neugebildeten Nervenzellen in der örtlichen und zeitlichen Regulation bei der Gehirnbildung sichtbar macht. Genauer untersucht haben die Dresdner Gehirnforscher die nicht codierende Erbsubstanz Miat der "dunklen Materie". "Im Kern der Nervenzelle kann Miat als winzige Punkte sichtbar gemacht werden", berichtet Doktorandin Julieta Aprea. "Niemand wusste bisher, welche Funktionen Miat besitzt." Es konnte nachgewiesen werden, dass Miat die Erzeugung neuer Nervenzellen kontrolliert. Das Mausmodell der Dresdner Wissenschaftler, das das exakte und sichtbare Nachverfolgen von Populationen der Stammzellen, deren Tochterzellen und neuen Nervenzellen sowie nicht-codierenden Erbsubstanzen erlaubt, ist ein bedeutender Fortschritt für die Stammzellforschung und die Entwicklung neuer Therapien für neurodegenerative Erkrankungen oder Verletzungen des zentralen Nervensystems.