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Robert Rausch: Man muss dankbar für das Leben sein
Seitdem seine Tochter im Koma lag, hat sich Robert Rauschs Einstellung zum Leben geändert.
Warum ist Dankbarkeit für Sie so wichtig?
Rausch: Wir sind alle nur so kurz auf der Welt – man muss einfach dankbar sein. Man sollte nicht schauen, was die anderen machen, sondern bei sich bleiben. Meine Tochter lag vor zwei Jahren im Koma. In solchen Momenten merkt man zum ersten Mal, was wirklich wichtig ist. Jetzt kann ich darüber reden. Das ging lange Zeit nicht. Gute Vorsätze die man in solchen Momenten hat und jetzt merke ich, wie ich manchmal vergesse, dass ich nicht mehr so viel Kaffee trinken wollte und nicht bei jeder Veranstaltung ein Bier.
Das heißt, dass dieses Ereignis Sie verändert hat?
Rausch: Ja, schon. Gerade bei Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen, egal ob im Privaten oder im Beruf, sage ich mir häufig, dass das nicht so wichtig ist. Das wenigste worum man sich streitet ist, wirklich wichtig.
Was ist für Sie das Wichtigste im Leben?
Rausch: Familie. Neben dieser mein engster Freundeskreis, wir sind eine Sechser-Konstellation aus vier Damen und zwei Herren und sind fast jeden Tag zusammen unterwegs. In der Runde und mit meiner Familie sind wir sehr oft gemeinsam im Urlaub. Auch meine Eltern verbringen viel Zeit mit einander und sind gern unterwegs. Meine Vter ist sehr oft beim Segeln. Wichtig sind mir auch Dinge, wie beispielsweise das gemeinsame Gans braten, wie das meine Oma immer gemacht hatte. Es ist immer gut, Familie und Job unter einen Hut zu bekommen.
Schaffen Sie das?
Rausch: Ich denke schon. Manchmal versuche ich beides zu verbinden, wie zum Beispiel mit meiner Familie Dampfer zu fahren.
Was sind Sie für ein Vater?
Rausch: Meine Tochter ist mein Kind aus erster Ehe ich denke in den kurzen gemeinsamen Momenten, die wir meist an den Wochenenden haben, unternehmen wir sehr viel. Wenn sie fragen würden, würde sie sicher auch sagen, dass ich manchmal etwas zu streng bin.
Wie äußert sich das?
Rausch: Ich möchte das Sie gut durchs Leben kommt und ihr mitgeben, dass es nicht immer so läuft wie man sich das wünscht. Immer in Watte packen hilft aus meiner Sicht nicht. Sie wird immer mehr machen müssen als andere um an das gleiche Ziel zu kommen. Dabei bin ich sicher immer sehr fordernd.
Wieso?
Rausch: Nach ihrem Krankenhausaufenthalt wurde sie dreimal in der Reha-Klinik in Kreischa betreut und arbeitet jedesmal sehr hart an sich. Dabei nimmt Ihre Mutter eher den lieben Part und ich den fordernden ein. Und was dabei niemand gedacht hätte ist das sie mitlerweile wieder mit uns in Ischgl Skifahren kann.
War es ein Unfall?
Rausch: Auf dem erworbenen Grundstück hatten wir gemeinsam mit meiner Verlobten und mit den ersten Aufräumarbeiten begonnen. Dabei hatte sie uns geholfen nachdem sie wieder nach hause gefahren ist, erkrankte sie und hatte eine Woche lang 40 Grad hohes Fieber. Meine Ex-Frau ist Krankenschwester und reagiert genau richtig und wir brachten Sie direkt ins Krankenhaus. Dort stellt man Wasser in Magen auch in der Lunge fest. Aber irgendwie wussten sie auch nicht richtig, was los war, eine stimmige Diagnose gab es nicht.
Wie haben Sie da reagiert?
Rausch: Wir haben sie in das Universitätsklinikum verlegt, weil sie da mehr Möglichkeiten haben. Eine Nacht später ist sie ins Koma gefallen.
Wie lange lag sie im Koma?
Rausch: Rund eineinhalb Wochen.? Sofort bauen sich die Muskeln ab? und man muss alles neu lernen – essen, sprechen, schlucken. Es wurden? auch Einblutungen im Gehirn festgestellt. Nach dem Erwachen aus dem? Koma, hatte sie, speziell an den Ar?men, ein permanente Hypersensibi?lität in Bezug auf Wärme. Nachdem? sie soweit stabil war wurde sie nach Kreischa verlegt. Von Vorteil war,?das meine Ex-Frau aus ihrer früheren Tätigkeit dort die Kolleginnen noch kannt.
Glauben Sie an Schicksal?
Rausch: Gute Frage. Es gibt Dinge im Leben, bei denen ich denke, es kann doch kein Zufall sein. Sie hätte ja überall hin kommen können und wurde von den ehemaligen Kolleginnen betreut. Wir haben alle noch großen Respekt vor der Arbeit der Pfleger und Therapeuten.
Wie lange musste sie dortbleiben?
Rausch: Sieben Wochen.
Wie war diese Zeit für Sie?
Rausch: Für mich und meine jetzige Verlobte war die damalige Zeit der Ungewissheit sehr schwer. Wir planten bspw. unser Haus um und dachten das erste Mal über Dinge wie Barrierefreiheit nach und verbreiterten Türen und Räume, damit sie gegebenenfalls auch mit einem Rollstuhl reinkommen könnte. Ich habe gelernt, mehr Rücksicht zu nehmen und mich eben nicht mehr auf einen freien Behindertenparkplatz zu stellen, auch nicht, wenn ich es eilig habe und kein anderer Parkplatz mehr frei ist.
Wie geht es ihr heute?
Rausch: Sie hatte in Kreischa super Therapeuten und in der Mittelschule eine tolle und verständnisvolle Lehrerin. Sie legte einen super Schulabschluss hin. Jetzt geht es ihr soweit wieder gut und sie macht ein Freiwilliges soziales Jahr im Kindergarten.
Was haben Sie vom Leben gelernt?
Rausch: Man sollte auf jeden Fall nichts aufschieben. Nicht über seine Maße hinaus leben, aber das machen, was man gerne möchte. Als meine Tochter mich gefragt hat, was sie werden soll, habe ich gesagt mach etwas, was dir wirklich Spaß macht. Es geht nicht um das Geld. Es ist ein Vorteil, aber macht nicht unbedingt glücklicher.