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Kunstsammeln ist Tradition in Dresden
Disy sprach mit Silke Wagler, leiterin des Kunstfonds des Freistaates Sachsen
Silke Wagler leitet den Kunstfonds seit 2003. Seit dem Jahr 2004 ist der Fonds Teil der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Er beinhaltet eine Sammlung von über 35000 Kunstwerken. Kernbestand ist ein multimedialer Bestand aus DDR Zeiten - Maler, Grafik, Fotografie, Plastik, Kunsthandwerk und auch neu- ere Medien. Der Bestand wird seit 1992 mit zeitgenössischer Kunst durch För- derankäufe des Freistaates Sachsen erweitert. Der Kunstfonds selbst hat bis auf das Schaudepot keine Räume für Dauerausstellung, aber organisiert in Kooperation mit anderen Museen, z.B. der SKD Ausstellungen mit Werken aus der eigenen Sammlung. Lesen Sie unser Interview mit der Che n des Kunstfonds, Silke Wagler.
Wird die Sammlung nur zu speziellen Zeiten für Besucher geöffnet?
Wagler: Es kommt immer auf das Thema der Ausstellung an, ob wir das nun hier im Schaudepot oder in anderen Räumen dem Publikum zugänglich machen. Der Vorteil im Schaudepot ist, dass der Besucher einmal hautnah an Museumsarbeit dran ist. Er kanneinen Blick hinter die Kulissen werfen und einen Eindruck gewinnen,was alles zu der täglichen Arbeit im Museumsbetrieb gehört. Das ist eine gute Sache, um Werbung für die museale Arbeit zu machen.
Werden die Ausstellungen im Schaudepot vom Publikum gut angenommen?
Wagler: Wir haben bisher neun Depot-Ausstellungen veranstaltet und die wurden sehr gut von der Dresdner Öffentlichkeit angenommen. Teilweise haben wir noch Sondertermine angeboten, um der Nachfrage gerecht zu werden. Einige Besucher waren stolz, alle neun Schaudepots gesehen zu haben.
Wie kommt es, dass der Kernbestand hauptsächlich DDR Kunst ist?
Wagler: Die Vorgängereinrichtung des Kunstfonds war das Büro für Bildende Kunst beim Rat des Bezirkes Dresden. Das war eine Einrichtung, deren Aufgaben es auch waren, öffentliche Aufträge und Ankäufe zu realisieren. Dann kommt noch hinzu, dass von der Treuhandin den 1990er Jahren der Kunstbesitz der vormaligen Parteien- und Massenorganisationen übernommen wurde.
Wie sind Sie persönlich zur Kunst gekommen?
Wagler: Mein Interesse bestand schon während der Schulzeit unddann im Studium, als ich Kunstgeschichte studierte und mich auf zeitgenössische Kunst und Künste der DDR spezialisiert habe.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?
Wagler: Der Umgang mit den zeitgenössischen Künstlern macht mir viel Spaß. Bei der Erforschung der Werke kann man noch direkt an die Künstler herantreten und sie zu ihren Werken befragen. Da bekommtman die Informationen aus erster Hand und muss nicht Dinge hineininterpretieren.
Was bedeutet Kunst für Sie?
Wagler: Kunst ist für mich nicht nur eine Bereicherung, sondern einwichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens, weil man sich mit Hilfevon Kunst Dinge auf eine andere Art erschließen kann und somit einen neuen Blick gewinnt. Kunst war und ist eine Inspirationsquelle, um die eigene Geschichte, das eigene Leben und das Umfeld neu zu betrachten.
Welche Bedeutung hat Dresden als Kunststandort?
Wagler: Dresden und Sachsen ist seit vielen Hundert Jahren ein Ortdes Sammelns und der Kunstproduktion. Dresden war und ist ein wichtiger Kunststandort. Hier wurden über die Jahrhunderte mit veränderten Voraussetzungen immer die Kunst gefördert, Werke erschlossen und für zukünftige Generationen bewahrt. Das ist auch ein wesentlicher Aspekt, weshalb man heute diesen Kunstreichtum vorfindet.
Warum ist Dresden und Sachsen Anziehungspunkt für Kunstschaffende?
Wagler: Die Dichte der Kunstsammlungen in Museen und auch die Qualität in der Ausbildung an den beiden Kunsthochschulen bewegt viele junge Künstler dazu, nach Sachsen zu kommen und hier Kunst zu studieren, weil man das hier gut vor den Originalen machen kann. Die weltweite Anziehungskraft ist hier in Sachsen gegeben. Es gibt Studenten aus China, Korea oder Südamerika, die den einmaligen Fundus an Kunstwerken zu schätzen wissen, davon profitieren und ihre Ausbildung in Sachsen und Dresden absolvieren.
Die Globalisierung umfasst den gesamten Kunstmarkt, ist die zunehmende Konkurrenz reicher privater Sammler ein Problem für öffentliche Einrichtungen?
Wagler: Die Möglichkeit, im öffentlichen Bereich weiter zu sammeln, ist vor allem im zeitgenössischen Sektor immer begrenzter. Da sinddie Ankaufsetats einfach sehr knapp bemessen. Beim Kunstfondsselbst, wird der Etat über die Förderetats des Freistaates Sachsens bzw.der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen bestimmt. Das passiert im Rahmen der Künstlerförderung. Das ist eine andere Art des Sammelnsals das museale Sammeln. Für Museen mit den knappen Ankaufsetatszunehmend schwierig am Kunstmarkt mit den Preisen für wichtige Künstler mitzugehen und Werke zu erwerben.
Sind solch hohe Preise für Kunstwerke am Markt noch zu rechtfertigen?
Wagler: Kunstwerke haben ihren Wert, der sich aus verschiedenen Kriterien bemisst. Der Preis wird natürlich durch die Nachfrage und das Angebot am Markt bestimmt. Wenn ein Künstler sehr gefragt ist,aber nur fünf Werke im Jahr malt, dann sind die Preise dementsprechend höher, als wenn 500 Werke verfügbar wären. Da entwickelt sich eine Dynamik. Die Preisentwicklung wird zudem weiter befeuert, seit Kunst verstärkt als Wertanlage begriffen wird. Dadurch passiert es, dass einige Künstler heute kaum noch für den Erwerb durch die öffentliche Hand zur Verfügung stehen, sondern hauptsächlich in privaten Sammlungen vorkommen.
Ist dadurch die Teilhabe der Öffentlichkeit an Kunst eingeschränkt?
Wagler: Ja und nein. Es kommt darauf an, wo die Kunstwerke dann hin gelangen. Es gibt auch große Privatsammlungen und private Museen, viele Galerien oder Kunstvereine, in denen dann auch Ausstel-lungen stattfinden. Aber der öffentliche Zugang zu den Werken kannerschwert werden, wenn viele Werke in private Sammlungen abwandern. Somit tragen Institutionen, wie der Kunstfonds dazu bei, die öffentliche Teilhabe auszubauen.