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Editorial Sommer 2008
Wann wurden Sie das letzte Mal verblüfft?
Ich hatte das Erlebnis vor zwei Wochen in Boston in der U-Bahn. Gestresst vom Gedränge und in Zeitnot, da ich eine Buchlesung vorbereiten musste, saß ich inmitten ebenso gestresst wirkender Amerikaner. „Hallo Freunde, schön dass Ihr in meinem Zug fahrt", meldete sich der Wagenfahrer über Lautsprecher, und die Fahrgäste blickten überrascht auf. „Entspannt Euch, ich kümmere mich nun darum, dass Ihr sicher zu Eurem Ziel kommt." Eigentlich hat er nur die Aufgabe, über dieses Mikrofon den nächsten Halt anzusagen. Die Leute lächelten und man wartete gespannt auf seinen nächsten Spruch, denn vor jeder Station gab er seinen Fahrgäste etwas mit auf den Weg. Beim Stadion waren es gute Wünsche für die Fans und die Mannschaft, die spielte. In einer guten Wohngegend sagte er. „Falls Sie hier wohnen, herzlichen Glückwunsch." Und bei unserer Station kam: „Sagt der Sonne einen Gruß von mir und vergesst nicht, sie zu genießen." Er erinnerte uns auch daran, am Abend einen Schirm mitzunehmen, weil es dann regnen sollte. Dieser Mann rettete meinen Tag, und aus seinem Wagen traten nur lächelnde oder lachende Menschen. Wenn die DVB so einen Fahrer hätte, würde ich auf jedes Auto verzichten.
Er hat mich verblüfft, und so hat sich dieses überraschende, positive Erlebnis bei mir eingeprägt, und ich habe Ihnen davon berichtet. So einfach ist es als Geschäftsmann oder -frau, Kunden zu gewinnen und zu halten. In Dresden sucht man solche Verblüffungen zwar länger, aber man findet sie. Als ich einmal wegen eines Termins vorm Hilton hielt, bot mir der Portier an, mein Auto in die Tiefgarage zu fahren und es in der Zeit meines Lunches dort waschen zu lassen. Seitdem lege ich viele Termine in die Restaurants des Hotels. Obwohl bei Pattis viele Stammgäste kommen, konnte auch er sie mit einer netten Idee überraschen: Eine Zeit lang servierte er seine Desserts in Schalen mit Trockeneis, die dann in effektvollen, wallenden Nebelschwaden durch das Restaurant getragen wurden. Im Cuchi in der Priscopassage gab der Kellner zu den Sushi, die ich abholte, gleich eine große Flasche Sojasoße dazu. „Sie holen bestimmt noch oft Sushi hier", meinte er, und das tat ich bei so einem netten Menschen dann auch. Als ich mal bei Anna G. ein Kleid kaufte, das noch geändert werden musste, war die Zeit bis zum Event, wo ich es tragen wollte, so knapp, dass ich auf das gute Stück hätte verzichten müssen. Aber die Chefin des Ladens bot mir an, das Kleid direkt am Abend zu mir nach Hause zu bringen, was ich dankbar annahm. An meiner Tankstelle auf der Hüblerstraße bekam jede Frau zum Frauentag, den ich selbst vergessen hatte, eine Rose geschenkt und einen Gutschein für einen Reifenwechsel. Besonders aber erinnere ich mich an einen Arbeitstag, als ich plötzlich im Bademantel in der Wäscherei eines Dresdner Hotels landete, weil ich in der Stadt auf dem Weg zu einem Meeting von einem Regenschauer klitschnass geworden war. Eine Passantin mit Schirm, Mitarbeiterin des Hotels, hatte mich angesprochen und mir die Lösung zum Trocknen meiner Kleidung in der Wäscherei ihres Hotels angeboten, das an der nächsten Ecke war. Natürlich erzählte ich in den nächsten Wochen allen Leuten, die ich traf – und das sind immer sehr viele – von der Freundlichkeit der Mitarbeiter in diesem Hotel.
Es gehört nicht viel dazu, andere zu verblüffen. Aber die Wirkung ist nachhaltig und groß. Auch wir wollen unsere Leser und Kunden immer wieder überraschen. So feierten wir im letzten Jahr den Relaunch der Disy nicht einfach in einer Dresdner Location, sondern luden die Gäste, die meist stressige Berufe haben, gleich zu einer 10-tägigen Kreuzfahrt ein, bei der dann die Party stattfand. Das war so ungewöhnlich, dass es sich schnell auch bei denen rumgesprochen hat, die nicht dabei waren. Überhaupt lassen wir die Gäste zu vielen unserer Veranstaltungen von Fahrern abholen und danach auch wieder nach Hause bringen - wir wollen, dass sie sich erholen und ihr leben genießen (siehe Seite 132).
Doch nicht nur im Geschäft tut es gut, die Mitmenschen immer mal zu verblüffen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, dem Partner, der Freundin, den Eltern oder Kindern überraschend etwas Gutes zu tun. Mir fallen viele Dinge ein. Ihnen garantiert auch!
Herzlichst,
Ihre Anja K. Fliessbach