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Sabine Mai - Bitte gib mir nur ein "R"
Die Taste mag mich einfach nicht. Die klemmt. Und dann fehlt der Buchstabe. Aus „vor“ wird „vo“, aus „Rolle“ wird „olle“ und aus Redaktion „edaktion“.
In besagter Redaktion tippe ich auf einem Notebook Geschichten, Kommentare, bearbeite Fotos und ärgere mich manchmal über dieses verzauberte „R“. Chinesen wird es nicht kümmern, aber ich bin nicht aus dem asiatischen Raum. Ich bin Dresdnerin, mit Haut und Haaren. Deswegen arbeite ich bei Disy. Deswegen berichte ich über Ereignisse aus der Stadt. Oder heißt es besser: in der Stadt? Oder: von der Stadt? Besser ist: wie sich die Stadt entwickelt, da steckt nirgends ein vermaledeites „R“ drin. Aber das kann ich nicht wirklich so schreiben. Da fehlt noch etwas Pepp. Wichtig sind auch die Zeitformen. Geschah etwas in Dresden, passiert es jetzt, wird es noch stattfinden? Ich kann physisch nicht gleichzeitig in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sein, deshalb muss ich mich auch beim Berichten auf einer Ebene einfinden. Dort aktiv sein, die Leser mitreißen, aus Buchstaben Worte bilden, Sätze formen. Füllwörter sind auch nicht günstig. „Hier“ und „mal“, „genau“ und „richtig“ sollten nur im korrekten Zusammenhang verwendet werden. Aber noch nicht genug. Zum Verständnis bedarf es auch einer korrekten Rechtschreibung und Grammatikanwendung. Das ist gar nicht so einfach, selbst mit der automatischen Kontrolle des schlauen Rechners vor mir. Ich kann mich an neue Regeln bestimmt schnell gewöhnen, das ganze Hickhack um die Rechtschreibreform ließ mich kalt. Schwierig ist es dagegen, die durch Kreativität angefachten Emotionen und übersprudelnden Gedanken in chronologisch korrekten Inhalt und die richtigen Zeit zu bringen. Und das verzauberte „R“ für mich zu gewinnen. Deswegen sitze ich mit Wissensdurst, Neugier und hin und wieder „Fust“ in der Redaktion von Disy.
P.S. Und weil ich schon ein tolles Cabrio fahren konnte: Cabriotest