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Editorial Sommer 2014
In den letzten Jahren habe ich mich viel mit Gesundheit, Krankheit und den entsprechenden Kliniken, Therapien, Medikamenten und Entwicklungen beschäftigt. Ehrlich gesagt, nicht unbedingt freiwillig.
Mein Vater litt viele Jahre an Prostatakrebs - die Diagnose war von vornherein aussichtslos. Meine Mutter leidet seit 2,5 Jahren an Leukämie, lange Zeit stabil, in den letzten Wochen hat sich die Lage zugespitzt. Jetzt hat man bei einer OP plötzlich auch noch weit fortgeschrittenen Darmkrebs entdeckt.
Unfreiwillig bin ich so in das Medizin- und Forschungsuniversum Dresdens eingetaucht und habe einen Einblick bekommen. Wahnsinn, wie weit die Forschung ist! Unglaublich, wie schnell sich alles entwickelt und es ist hoffnungsvoll, wie gut wir in Zukunft Krankheiten heilen können. In Dresden sind Professoren, Fachärzte und Medizinpersonal oft sehr professionell. Die technischen Möglichkeiten, Diagnostiken und Behandlungsstrategien sind ausgezeichnet.
Mein Vater hat vier Jahre länger überlebt, als prognostiziert. Das verdankte er seinem Willen und dem Willen und der Kreativität von Professor Manfred Wirth und seinem Team. Ich habe miterlebt, wie sie alle zusammen an der Spitze der Forschung agierten. Wenn ein Mittel nicht mehr half, hoffte man auf das nächste, das zugelassen werden sollte. Mein Vater nahm an mehreren Studien teil, ob es das richtige Mittel war oder nur Placebo, es hat ihn immer ein Stück weitergetragen.
Unglaublich zermürbend war die Erfahrung, das manchmal ein lebenswichtiges Arzneimittel nicht zugelassen wurde. Zum Beispiel beim Alpharadin telefonierten wir von der Disy mit Bayer, genauso wie mit der Parteispitze der Grünen, die blockierten und der zuständigen Entscheiderin bei der Bundeszulassungsstelle. Angeblich lag der Fehler immer beim anderen, während es meinem Vater schlechter und schlechter ging.
Es ist theoretisch so viel möglich auf dem Gebiet des Heilens und wenn man die Artikel hier in unserer Disy Gesundheit liest, staunt man über den Stand der Forschung. Nun muss man nur noch darauf achten, dass diese Erkenntnisse den Patienten auch zügig zugänglich gemacht werden. Es dürfen keine finanziellen Hinderungsgründe im Weg stehen. Meine Güte, es wird in Deutschland so viel Geld für weit weniger wichtige Sachen ausgegeben! Es sollten auch keine politischen Interessen einzelner Parteien oder wirtschaftlich-strategische von Pharmafirmen oder Kliniken eine Rolle spielen. Vorschriften und Verwaltungsstrukturen sind wichtig, dürfen aber den Lauf der Dinge von der Forschung über die Entwicklung zum Patienten nicht blockieren. Es sind im Endeffekt immer leidende Menschen, die die Auswirkungen oft dramatisch zu spüren bekommen. Das dürfen alle Beteiligten nie vergessen! Auch in den Ambulanzen und Kliniken. Es ist verständlich, dass Ärzte und Personal aus Selbstschutz, Überarbeitung oder Routine manchmal nicht mehr den einzelnen Patienten mit seinem individuellen Schicksal sehen können. Trotzdem sollten sich alle immer wieder erinnern, wie wichtig auch die Psyche des Patienten ist. Das habe ich immer wieder beobachten müssen. Ein unbedachter Satz kann Welten einbrechen lassen. Eine zu hart ausgesprochene Beurteilung eines Befundes, dem Patienten alle Hoffnung nehmen. Kaltes, realistisches Mediziner-Deutsch auf eine angeknackste Seele treffen. Das war nämlich ein weiterer wichtiger Faktor, warum Professor Wirth das Leben meines Vaters um vier Jahre verlängern konnte. Er hat ihm nie die Hoffnung genommen.
Und nun hoffe ich, dass meiner Mutti genauso geholfen wird und sie in der Uniklinik Dresden geheilt wird. Und ich hoffe generell, dass kranke Menschen viel, sehr viel weniger leiden müssen.
Danke!
Ihre Anja K. Fließbach