- November 02, 2025
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Stefan Raab hat es wieder getan, Nach fast einem Jahrzehnt ohne TV-Auftritt kehrt der Entertainer mit einem altbekannten Konzept zurück. Seine „Pokernacht“, früher unter dem Namen TV total PokerStars.de Nacht bekannt, erlebt 2025 eine Neuauflage. Diesmal in Kooperation mit der Plattform GGPoker.de und unter neuem Senderdach bei RTL.
Die Sendung bringt Prominente, Entertainer und einen Online-Qualifikanten an einen Tisch, um Texas Hold’em zu spielen und ist damit eine Mischung aus Show, Spannung und kalkuliertem Risiko. Das Format ist vertraut und zugleich neu. Während Raab früher selbst als Gastgeber auftrat, bleibt seine Rolle heute im Hintergrund. Er produziert über seine Firma Raab Entertainment, die Moderation übernimmt Jana Wosnitza.
Doch obwohl die Rückkehr des Kultformats für große Aufmerksamkeit sorgt, fällt das Echo verhaltener aus als erwartet. Die Einschaltquoten bewegen sich im soliden Bereich, aber ein Hype wie zu den besten Zeiten des Raab-Fernsehens bleibt aus.
Poker im Fernsehen und die entsprechende Nostalgie
Der Reiz des Pokerspiels hat sich über die Jahre verändert. Was einst als Trendformat galt, ist heute Teil einer globalen Spielkultur, die sich längst ins Digitale verlagert hat. Millionen Spieler verfolgen Live-Turniere im Internet, nehmen an Online-Events teil oder können selbst in Casinos mit echtem Geld spielen – jederzeit und ortsunabhängig.
Vor diesem Hintergrund wirkt Raabs Pokernacht fast wie eine Zeitreise. Die Sendung setzt auf Atmosphäre, Humor und bekannte Gesichter, etwa Mario Basler, Rebecca Mir oder Eko Fresh, um den Unterhaltungswert hochzuhalten. Doch das, was in den 2000er-Jahren als innovativ galt, trifft heute auf ein Publikum, das durch Streaming, Gaming und Social Media ganz andere Sehgewohnheiten entwickelt hat.
Poker im TV bleibt spannend, wenn es Geschichten erzählt, und zwar über Bluff, Nerven und Psychologie. Doch das klassische Studiokonzept steht in Konkurrenz zu interaktiven Formaten, bei denen Zuschauer live mitfiebern, Strategien austauschen oder selbst mitspielen können.
Und doch gilt Stefan Raab als einer der prägenden Köpfe des deutschen Fernsehens. Mit Sendungen wie TV total, Schlag den Raab oder Wok WM prägte er eine ganze Generation von Unterhaltung. Dass er sich nach Jahren der Abwesenheit ausgerechnet für ein Pokerformat entscheidet, ist kein Zufall. Es verbindet Show, Strategie und Witz – drei Elemente, die immer zu seinem Markenzeichen gehörten.
Doch anders als früher tritt Raab nicht mehr selbst als Moderator oder Spieler auf. Seine Präsenz ist indirekt, spürbar in der Produktion, im Konzept, im Stil. Die Sendung trägt seinen Namen, aber nicht mehr seine Handschrift im direkten Kontakt mit dem Publikum.
Diese Distanz könnte ein Grund dafür sein, dass die neue Pokernacht nicht den gleichen Zauber entfaltet wie das Original. Die Zuschauer erkennen die Struktur, aber sie vermissen die Energie, die Raab selbst einst auf die Bühne brachte.
Eine Show zwischen Tradition und Moderne
Das Format bleibt seinem Ursprung treu. Sechs Spieler sitzen an einem Pokertisch, der Preispool beträgt 100 000 Euro, und der Gewinner nimmt den Hauptteil mit nach Hause. Neben den Prominenten darf ein Wildcard-Gewinner teilnehmen, der sich über ein Online-Turnier auf GGPoker.de qualifiziert hat.
Diese Kombination aus TV-Unterhaltung und Online-Komponente ist durchaus clever. Sie bringt die klassische Show in Verbindung mit der heutigen Spielrealität, in der Poker längst Teil der digitalen Freizeitgestaltung ist. Gleichzeitig signalisiert sie, dass Raab die Verbindung zwischen Medienwelt und Online-Kultur erkannt hat, auch wenn die Umsetzung konservativ bleibt.
Die Moderation durch Jana Wosnitza verleiht der Sendung einen modernen Ton. Sie führt ruhig, souverän und mit journalistischer Note durch den Abend. Trotzdem ist klar: Das Format lebt weniger von Überraschungen als von Bekanntheit. Prominente wie Mario Basler bringen Witz und Schlagfertigkeit, doch echte Spannung entsteht selten.
Wie erfolgreich die Neuauflage wirklich ist, lässt sich derzeit nur bedingt beurteilen. RTL hat zwar weitere Sendetermine angekündigt, doch detaillierte Zuschauerzahlen werden bislang nicht regelmäßig veröffentlicht. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass die Einschaltquote im Mittelfeld liegt – solide, aber nicht spektakulär.
In den sozialen Medien sind die Reaktionen gemischt. Viele Fans freuen sich über das Wiedersehen mit Raabs Markenwelt, andere kritisieren die Vorhersehbarkeit des Formats. Besonders häufig fällt das Wort „nostalgisch“. Es scheint, als erinnere die Show das Publikum stärker an vergangene Zeiten, als dass sie neue Impulse setzt.
Auch die Medienbranche selbst beobachtet das Projekt mit Interesse. Denn Raabs Rückkehr gilt als Testfall: Kann klassische Unterhaltung im Zeitalter von Streaming und On-Demand-Angeboten noch funktionieren? Die Pokernacht liefert darauf bisher keine eindeutige Antwort.
Ein Comeback mit offenen Karten
Trotz aller Kritik darf man die Neuauflage nicht als Misserfolg betrachten. Für RTL ist Raabs Pokernacht mit GGPoker.de ein Experiment mit Potenzial. Die Show bietet Markenbindung, Prominenz und eine Zielgruppe, die zwischen 30 und 50 Jahren alt ist – Menschen also, die mit Raabs früheren Erfolgen groß geworden sind.
Ob daraus ein langfristiges Format entsteht, bleibt abzuwarten. Die nächsten Folgen sollen im Herbst und Winter 2025 ausgestrahlt werden, was darauf hindeutet, dass die Resonanz zumindest stabil genug ist, um das Projekt fortzusetzen.
Stefan Raabs Rückkehr ins deutsche Fernsehen sorgt für Gesprächsstoff, nicht wegen Skandalen oder Überraschungen, sondern wegen der Frage, ob Nostalgie allein genügt. Die neue Pokernacht ist professionell produziert, solide besetzt und unterhaltsam. Doch sie ist zugleich ein Symbol für die Spannungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart im deutschen Fernsehen.
Für Fans alter TV-Traditionen bietet die Sendung charmante Unterhaltung. Für ein jüngeres Publikum wirkt sie wie ein Relikt einer Ära, in der lineares Fernsehen noch verbindend war.
Raab bleibt dabei, was er immer war: ein kluger Stratege mit Gespür für Publikum und Timing. Ob sein Pokerprojekt jedoch als großer Wurf in Erinnerung bleibt oder als höflicher Versuch, das Rad der TV-Unterhaltung zurückzudrehen, entscheidet sich erst mit der Zeit.
Eines steht fest, die Karten liegen auf dem Tisch – und diesmal spielt Stefan Raab nicht selbst, sondern lässt andere das Blatt wenden.