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Editorial Herbst 2016

Ich bin ehrfürchtig.Ehrfürchtig, wenn ich meinen Großvater beobachte. Mit seinen 92 Jahren führt er noch immer ein vitales Leben: er pflegt seinen Garten, fährt Fahrrad und übersetzt Fachtexte aus dem Englischen.

 

Ich bin beeindruckt.Beeindruckt von der modernen Medizin, die es ermöglicht Krankheiten wie den „Grauen Star“ (ab S. 88) frühzeitig zu erkennen, es schafft das ihm auch im hohen Alter ein Herzschrittmacher eingesetzt werden kann und seine Altersleiden erträglich macht. 

 

Ich bin dankbar. Dankbar, dass meine Mutter sich informiert, telefoniert, chauffiert und mit ihrem Einsatz dafür sorgt, dass meinem Großvater die bestmögliche medizinische Behandlung zu Teil wird.

 

Aber ich bin auch nachdenklich. Nachdenklich macht mich, dass nicht jeder so ein Glück hat wie mein Opa. Denn die moderne Medizin ist auch noch etwas anderes:eine unübersichtliche Industrie. Viele Stellen müssen koordiniert werden: Hausärzte, Fachärzte, Kliniken, Krankenkassen und einige mehr.

 

Und ich bin traurig. Traurig darüber, dass viele Patienten nicht die Voraussetzungen haben, das alles zu koordinieren. Diese Patienten sind auf kompetente Unterstützung angewiesen. Doch diese Unterstützung gibt es viel zu selten.

 

Ich bin erfreut.Erfreut darüber, dass der neue Beruf der Case-Managerin in Kliniken (ab S. 42) hilft schneller gesund zu werden und die optimale Behandlung zu bekommen. Wenn sich dieses Berufsbild verbreitet und dazu führt, dass mehr Patienten so unterstützt werden wie mein Großvater, dann...

 

...bin ich glücklich.