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Editorial Sommer 2007

Wenn man viereinhalb Monate nicht in der Heimat ist, kommt man in die eigene Stadt zurück wie ein Tourist. Man hat einen gewissen emotionalen Abstand von zu Hause, eine Art Überblick, vielleicht kann man nach einer Weltreise auch von Weitblick sprechen.

Das erste Event, an dem ich nach meiner Rückkehr von der Weltreise wieder teilnahm, war die Riverboat Shuffle. Da saß ich nun auf „August dem Starken" (dem Schiff!) und wurde gemächlich über die Elbe geschippert.

Ein paar Tage zuvor noch hatte ich so die Einfahrt des Kreuzfahrtschiffes „MS Amadea" in Venedig erlebt. Eigentlich war ich traurig gewesen, dass die Weltreise in Venedig zu Ende war. Außerdem hatte ich keine Lust, zwei Tage mit dem Bus durch Italien, Österreich und Deutschland zu kutschen. Aber unser Kreuzfahrtleiter Christian Adlmaier hatte dafür kein Verständnis gehabt: „Das ist doch eine wunderschöne Strecke. Norditalien, dann in die Berge hinauf und dann noch durch das schöne Bayern, meine Heimat." Da schwärmte ein Mann, der schon 26 mal um die Welt gefahren ist, der fast alle Metropolen und Inseln der Welt kannte, der in Sri Lanka lebte und außerdem auf dem Schiff zu Hause war, von Heimat. Und der Mann hatte recht. Es wurde eine wunderschöne Fahrt durch traumhafte Natur und malerische Landschaften.

Und ich saß da auf dem Dampfer und betrachtete die Innenstadt von Dresden. Auch wenn ich die Welt liebte und die Ferne, die Freiheit, Weite und den Raum brauchte, konnte ich mich eines überwältigenden Gefühls nicht erwehren: Was war Dresden doch für eine schöne Stadt! Im unmittelbaren Vergleich mit der Fahrt durch Venedig, bei schöner Morgensonne, konnte Dresden im Abendlicht nicht nur mithalten. Nein, diese Stadt war toll. Ich war Michael Lohnherr, dem Chef der Sächsischen Dampfschiffahrt dankbar für diese Perspektive, meine Stadt wiederzusehen. Vom Wasser aus – so wie ich in 128 Tagen 74 andere Städte und Orte dieser Welt gesehen hatte. Okay, Shanghai hatte seine futuristischen Wolkenkratzer, Rio seinen Zuckerhut und Singapur die Seilbahn nach Sentosa Island. Aber war, mit den Augen eines Touristen gesehen, dieses Dresden nicht viel schöner? Und war, mit den Augen einer gebürtigen Dresdnerin gesehen, nicht die Heimatstadt das, was Ruhe und Geborgenheit bedeutete?

 

Beim Friseur am nächsten Tag sprach ich mit einer Angestellten aus Stollberg, die in die Dresdner Neustadt gezogen war. Sie schwärmte, wie viel hier los sei, wie schön die Elbwiesen wären und was für eine wunderschöne Stadt Dresden doch wäre.

Ich freute mich über dieses Gespräch, zeigte es mir die Stadt doch noch aus einer anderen Perspektive. Doch egal ob Touristin, Einheimische oder Zugezogene - das Ergebnis war das gleiche: Dresden ist wunderschön, liebenswert und wir alle sollten uns das auch im Alltag immer wieder bewusst machen. Vielleicht einfach mal die Perspektive wechseln!

Herzlichst

Ihre Anja K. Fließbach

(Chefredakteurin)