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Kostja Ullmann: "Es kann jeden Moment wieder vorbei sein"

Für Kostja Ullmann könnte es derzeit kaum besser laufen. Der 30-Jährige, der schon im jungen Alter von 11 Jahren seine Karriere startete, zählt zu den gefragtesten Schauspielern in Deutschland. Der Durchbruch gelang ihm 2004 mit seinem Kinodebüt Sommersturm. 2014 begeisterte er dann gleich mit drei Kinofilmen seine Fangemeinde: in A Most Wanted Man, wo er an der Seite des bereits verstorbenen Philip Seymour Hoffmann spielte, in Saphirblau mit Josephine Preuß sowie in Coming In, wo er in der Rolle des schwulen Starfriseurs brillierte. Seit Anfang des Jahres ist er in der Komödie Drei Türken und ein Baby an der Seite von Rapper Eko Fresh im Kino zu sehen. Bei seinem neuesten Projekt übernimmt Kostja Ullmann die Rolle des Synchronsprechers: er spricht die Hauptrolle in der Cartoon Network Serie Hinter der Gartenmauer und leiht einem der beiden Brüder, dem Wirt, seine Stimme (zu sehen ab 30. März, Montag bis Freitag 18.40 Uhr bei Cartoon Network). Ein cooler Job für Kostja: in der US-Fassung Over the Garden Wall übernimmt diesen Part kein Geringerer als Herr der Ringe-Star Elijah Wood. Wir haben den Hamburger Schauspieler bei den Synchronaufnahmen zur animierten Mini-Serie in Berlin besucht.

Kostja, man kennt Sie in erster Linie als Schauspieler, im Moment sind Sie für die Cartoon Network Serie Hinter der Gartenmauer als Synchronsprecher tätig. Was war das Spannende an Ihrem neuen Job?
Kostja: Das Reizvolle war eigentlich, dass es nicht nur eine Sendung für Kinder ist, sondern wirklich für jedermann. Die Serie ist ein bisschen gruselig, hat einen Vintage-Look und zudem eine unglaubliche Komik, weshalb auch Erwachsene ihren Spaß daran haben werden. Bevor ich zugesagt habe, schaute ich mir schon einige Folgen in der Originalfassung an - ich habe mich dabei schlicht und einfach kaputtgelacht. Ich fand es so skurril, neu und anders. Deshalb habe ich nicht lange mit der Zusage gezögert. Ich habe Synchronarbeit schon einmal als Kind gemacht, dann lange Zeit nicht mehr. Es ist super, dass ich jetzt einmal wieder die Gelegenheit habe, im Synchronstudio zu stehen.

Worin liegt der größte Unterschied zur Schauspielerei?

Kostja: Die größte Herausforderung besteht natürlich darin, alles in die Stimme zu legen. Wenn ich vor der Kamera stehe, dann arbeite ich immer auch mit meinem Körper und mit meiner Mimik. Beim Synchronsprechen muss über die Stimme kommen. Das ist nicht so einfach, macht aber sehr viel Spaß. Eigentlich müsste man ein Foto von mir bei der Arbeit machen: weil es einfach bekloppt aussieht, wie ich da an diesem Pult stehe und jede Geste der Figur nachahme, um sie so real wie möglich rüberzubringen (lacht). Es gab deshalb schon wahnsinnig viele lustige und komische Momente.

Das heißt, Sie sind mit Händen und Füßen bei der Arbeit?

Kostja: Das kann man so sagen, ja.

Sie könnten sich also weitere derartige Projekte vorstellen?
Kostja: Wenn man mir diese Chance gibt und die Geduld hat, dies mit mir zu machen, dann freue ich mich natürlich darüber, klar. Ich hätte große Lust, so etwas weiterhin zu machen, auch wenn ich in erster Linie Schauspieler bin. Für mich ist das ein ganz anderer Beruf als der des Schauspielers, und ich habe dadurch noch einmal einen viel größeren Respekt vor allen Synchronsprechern bekommen. Es ist durchaus harte Arbeit.

Mögen Sie Ihre Stimme? Viele Leute erschrecken, wenn sie ihre eigene Stimme hören.
Kostja: Ich selbst habe mittlerweile kein Problem mit meiner Stimme. Als ich mit elf Jahren mit der Schauspielerei anfing, war es noch ein komisches Gefühl. Bei dieser Produktion musste ich meine Stimme allerdings erstmals beim Singen hören. Und das war nicht immer ganz so angenehm... (lacht). Denn ich sehe mich nun wirklich nicht als den begnadetsten Sänger. Aber in dieser Rolle muss bzw. darf ich singen. Das Gute ist aber, dass meine Figur ziemlich schräg und schief singt, weil er dazu gezwungen wird. Insofern war es okay und wirklich lustig.

Haben Sie dafür Gesangsstunden genommen? Oder haben Sie unter der Dusche geübt?

Kostja: Gesangsstunden habe ich nicht genommen, da nicht wirklich gut singen muss. Der Regisseur, Michael Ernst, ist auch Musical-Darsteller und konnte mich musikalisch ganz gut unterstützen. Dennoch habe ich auch unter der Dusche geübt. Was sich aber nicht so gut anhörte... (lacht).

Sie sind derzeit einer der gefragtesten Schauspieler in Deutschland, waren allein letztes Jahr dreimal im Kino zu sehen. Wie kommen Sie mit diesem Erfolg klar?

Kostja: Eigentlich ganz gut, weil man es selbst nie so sieht wie es von außen dargestellt wird. Ich lebe in Hamburg eher zurückgezogen. Und ich habe auch einen Freundeskreis, der mit meiner Branche eigentlich nichts zu tun hat. Insofern konfrontiere ich mich selbst nicht damit. Wenn natürlich gerade ein Film wie derzeit Drei Türken und ein Baby im Kino läuft, dann ist die Aufmerksamkeit natürlich ein bisschen größer. Aber ich kann in Hamburg nach wie vor ganz entspannt über die Straße laufen. Natürlich wird man auch mal erkannt, aber das ist im Rahmen. Meine Eltern haben mir schon immer den Rat gegeben, dass ich das, was ich in meinem Beruf erlebe, schätzen soll. Und das tue ich auch. Es ist ein schnelllebiges Geschäft und ich weiß auch, dass es in jedem Moment wieder vorbei sein kann. Ich kann meinen Beruf aber auch ganz gut einordnen und weiß, dass dieser nicht die oberste Priorität hat. Ich mag meinen Job sehr. Aber es gibt wie gesagt wichtigere Dinge im Leben. Fußball zum Beispiel (lacht).

Fußball? Welche Mannschaft?
Kostja: Ich bin als Hamburger natürlich HSV-Fan, das habe ich mir nicht selbst ausgesucht. Gestern habe ich mir die Champions League angeguckt, und letzte Woche war ich in München und habe mir mit meinem HSV-Shirt und einer Bratwurst einen entspannten Tag im Stadion gemacht. So etwas muss manchmal sein. Fußball ist eine sehr große Leidenschaft von mir.

Wollten Sie als Kind Profi-Fußballer werden. Oder war Ihr Berufswunsch schon immer Schauspieler?
Kostja:
: Ich fand Fußball immer toll und habe früher auch leidenschaftlich gerne gekickt. Aber ich habe nie in einem Verein gespeilt, insofern stellte sich die Frage nicht. Ich habe auch gerne und gar nicht so schlecht Tennis gespielt. Aber ich hatte schon mit zwölf Jahren Knieprobleme, insofern wäre es mit dem Profisport ohnehin nichts geworden.

Dann haben Sie schon mit elf Jahren mit der Schauspielerei angefangen. War es in Ihren Augen richtig, schon so früh zu starten?
Kostja:
Ich kann nur für mich sprechen, aber für mich hat es sich immer gut angefühlt. Ich habe ja nicht pausenlos gedreht, sondern mal in den Ferien, wenn die Schule es erlaubt hat. Es war ein gesundes Maß. Ich hatte damals die Gelegenheit, mit wunderbaren Schauspielerin wie Michael Mendl vor der Kamera zu stehen, das war durchaus besonders. Ich habe den Beruf auf eine schöne Art und Weise kennen gelernt. Es war genau der richtige Zeitpunkt. Ich habe das damals aber auch nicht als Beruf gesehen, sondern vielmehr als Hobby, wie das Tennis spielen. Ein richtiger Beruf wurde es erst Jahre später.

Ihr Plan B war früher eine Ausbildung zum Erzieher.
Kostja:
Ich habe früher ein Praktikum im Kindergarten gemacht und damals auch viel babygesittet. Wenn es mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte, dann wäre ich vermutlich Erzieher geworden.

Warum gerade Erzieher? Für einen Mann ist das ein eher ungewöhnlicher Berufswunsch.

Kostja: Ich weiß nicht woher es kommt. Mir macht das Zusammensein mit den Kids einfach immer wahnsinnig viel Spaß. Kinder sind so offen und unvoreingenommen. Ich habe damals in einem Internationalen Kindergarten gearbeitet. Eigentlich sprach jedes Kind dort eine andere Sprache, aber trotzdem konnten sie sich problemlos miteinander verständigen. Das fand ich faszinierend. Bei Erwachsenen ist das irgendwann nicht mehr so einfach. Das Praktikum ging damals drei oder vier Wochen, und daraus sind dann die Babysitter-Jobs entstanden. Das habe ich dann solange gemacht bis die Kinder aus dem Alter raus waren und mich nicht mehr brauchten. Bei meinem letzten Kinofilm, Dre Türken und ein Baby konnte ich mit einem Kind arbeiten, was toll war.

Werden Sie auch heute noch als Babysitter eingespannt. Von Freunden für deren Kinder oder Patenkinder?

Kostja:
Im Moment nicht so oft. Aber mit meiner Filmtochter Klara und deren Mutter habe ich immer noch Kontakt. Ich besuche die beiden immer wenn ich in Frankfurt bin. Ich komme aber jetzt in das Alter, wo die ersten Freunde eigene Kinder bekommen. Wahrscheinlich kommen bald wieder die ersten Jobs als Babysitte (lacht).

Wie geht es beruflich bei Ihnen weiter?
Kostja: Ich bin jetzt noch zwei Tage im Studio. Danach bereite ich mich auf mein nächstes Projekt vor, das im Sommer in München gedreht wird. Der Titel lautet Mein Blind Date mit dem Leben. Eine sehr spannende Geschichte aus dem wahren Leben, die viel Vorbereitungszeit braucht. Ich spiele einen Blinden namens Saliya Kahawatte, der seine Umwelt über viele Jahre in dem Glauben gelassen hat, sehen zu können. Obwohl er blind ist hat er sein Abitur geschafft und in einem Hotel gearbeitet. Nach vielen Drogen und Eskapaden kam die Wahrheit nach acht Jahren ans Licht. Es ist wirklich eine unglaubliche Geschichte. Ich spiele also einen Blinden, dem man nicht ansieht, dass er blind ist. Das macht es umso schwieriger.

Text: Andrea Vodermayr