Keime unter Elektronenbeschuss - Neue Einsatzgebiete für die Sterilisation

Jessy Schönfelder vom Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP trägt den erst kürzlich geschaffenen Titel „Dr. rer. medic". Er kennzeichnet die diplomierte Chemikerin als Wissenschaftlerin, die in einem fachfremden Bereich studiert und dann mit einer Promotion am Fachbereich Medizin abgeschlossen hat. Gegenwärtig entwickelt sie als Leiterin der Arbeitsgruppe „Medizinische Applikationen“ ein Gerät, das mit niederenergetischen Elektronenstrahlen dort Keime zerstört, wo bisher nur Desinfektion möglich war. 

 

Warum ist es in der Medizin besser zu sterilisieren als zu desinfizieren?
Jessy Schönfelder
: Sterilisation bedeutet in erster Linie eine stark erhöhte Sicherheit, sämtliche Keime abgetötet zu haben. Nach den DIN-Normen dürfen von einer Million Keimen bei einer Desinfektion zehn überleben, bei einer Sterilisation lediglich einer. Mediziner benutzen dafür bis heute Dampfsterilisatoren, die
aber neben ihrer einstündigen Arbeitszeit auch noch hohe Temperaturen erzeugen. Dadurch schränkt sich der Kreis der so sterilisierbaren Gegenstände natürlich stark ein. 

 

Werden nur Bakterien getötet? 

Jessy Schönfelder: Man eliminiert auf jeden Fall alle Bakterien, aber auch andere Mikroorganismen wie Viren und Sporen werden durch unseren Elektronenstrahl vernichtet. Tödlich für die Erreger wirkt letztendlich der Beschuss ihrer Erbsubstanz. 

 

Wo in der Medizin kann das neue System angewendet werden? 

Jessy Schönfelder: Wir stellen uns den Einsatz des Geräts überall vor, wo perfekte Sauberkeit und Keimfreiheit nötig ist, also zum Beispiel im Krankenhaus bei einer Operation, wo nicht nur die Instrumente, sondern auch Implantate in wenigen Sekunden für den Eingriff tauglich gemacht werden können.

 

Was ist dadurch auf medizinischem Gebiet möglich? 

Jessy Schönfelder: Da wir den Elektronenstrahl auf Niedrigenergiebasis erzeugen, lässt sich die Sterilisation in kleinen Tischgeräten durchführen. Theoretisch sind aber auch Geräte jeder Größe herstellbar, womit Oberflächen und Gegenstände in jeder beliebigen Größe behandelt werden können. Mit unserem System, für das wir gerade einen Prototypen bauen, wäre es nun sogar möglich, auch hochsensible Geräte, wie optische Sensoren und Mikrochips zu reinigen, die bisher durch die hohen Arbeitstemperaturen der herkömmlichen Sterilisationsprozesse zerstört worden wären. 

 

Wo erreicht das System seine Grenzen?
Jessy Schönfelder
: Die Elektronen wirken hauptsächlich an der Oberfläche, somit ist eine Sterilisation in der Tiefe nicht möglich. Weiterhin müssen die Materialien resistent gegenüber Elektronenstrahlen sein.