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Zwei Dresdner kümmern sich um soziale Projekte gegen Armut

Seit Anfang 2011 sind Nussara (Avou) und Jürgen Wittmann ein Paar und leben mal in den Bergen von Nordthailand und mal in Deutschland. Kennengelernt haben sie sich auf einer Asienreise von Jürgen 2011 beim Neujahrsfest. Ihre gemeinsame Leidenschaft ist der Kaffee.

 

„Die Kaffee-Kultivierung ist bei vielen Bergvölkern stets präsent. Und so wurde es in kurzer Zeit für mich ein Thema“, sagt Wittmann. Im Jahr 2012 nahm eine Idee Gestalt an: auf dem Land seiner Frau Avou eine Plantage anlegen und nach und nach den Kaffee aus benachbarten Dörfern vermarkten. Aktuell haben Avou und Jürgen ca. drei Hektar (30.000 qm²) Farmland.

 

Neben der Kultivierung des eigenen Kaffees besteht die Hauptarbeit von Avou und Jürgen in der Zusammenarbeit mit den Bergvölkern, von denen sie die Rohkaffees und Tees beziehen. Die Zusammenarbeit ist sehr intensiv. Auch werden Verbesserungen (Ernte, Aufbereitung, Trocknung, Sortierung, Dünger), Erweiterungen (Trockentische, Neupflanzungen), Neuanschaffungen (Pulper, Dry Mill) und mehr gemeinsam mit den Partnern im Detail besprochen und umgesetzt.

 

Zusätzlich zu den vielen Reisen, ist die Arbeit in den Kaffeedörfern mit viel Abstimmungs- und Koordinationsarbeit verbunden. Die Dörfer liegen häufig jeweils fünf Stunden Autofahrt weit auseinander. Proberöstungen und Verkostungen, während und nach der Erntezeit, sowohl in Thailand (teilweise zusammen mit unseren Partnern), als auch in Deutschland nach Ankunft der Kaffees werden regelmäßig von Jürgen durchgeführt.

 

Auch die sprachliche Vielfalt und das nötige kulturelle Verständnis mit dem gewissen Feingefühl (gegenüber den Thais oder den verschiedenen Bergstämmen) bringen beide  mit. Mit Englisch kommt man in der Gegend nicht weit. So kann Avou neben ihrer normalen Sprachen Thai, Englisch und Deutsch ihr ganzes Repertoire an Dialekten anwenden.

 

2012 und Anfang 2013 war die Tätigkeit auf dem Farmland davon geprägt, das wachsende Tropenkraut wie Bambus zu entfernen. Zudem mussten kilometerlang Wasserrohre zu einem erhöhten Bergfluss verlegt und Wassertanks auf den Plantagen und der Ausbau des Bewässerungssystems vorangetrieben werden.

 

Zudem haben Avou und Jürgen andere Hilltribe Dörfer, die bereits lange Erfahrung mit der Kultivierung von Kaffee und Obstbäumen haben und das Forschungszentrum für Landwirtschaft in Chiang Mai, über die einzelnen Schritte intensiv befragt, um jeweils das Beste aus allen Informationen auf den eigenen Plantagen umzusetzen. In dieser Entstehungsphase haben sie sich ein Netzwerk aufgebaut um stets an qualitativ hochwertige Jungpflanzen zu kommen. So gibt es seit Ende 2014, verteilt auf 1,5 Hektar, ca. 1.500 Kaffeebäume verschiedenster Arabica Varietäten (Catimor, Yellow und Red Catuai, Yellow und Red Caturra, San Ramon, Kona, Mundo Novo, Ruiru, Typica, Kent, K7, Arusha). Außerdem wurden ca. 500 Wald- und Obstbäume gepflanzt. Diese wiederum teilen sich in sieben verschieden Baumarten auf, davon vier Obstsorten (Avocado, Litchi, Lam Yai, Pamelo), die sehr gut zum Kaffee hinsichtlich Wachstum, um Schatten zu spenden, Bodennährstoffe evtl. auftretender Schädlinge und deren natürlichen Bekämpfung, passen. Neben dem ganzen „Drum herum“ legen Avou und Jürgen auch stets bei den harten körperlichen Arbeiten selbst Hand an, was allerdings aufgrund der Größe der einzelnen Plantagen, der Vielfalt an jungen Bäumen, verbunden mit der bestmöglichsten Bewirtschaftung nur mit der Hilfe von zuverlässigen Arbeitern zu bewerkstelligen ist. Dazu muss alles in schwerster Handarbeit erledigt werden, da die Plantagen entweder an steilen Hängen liegen oder nur schwer zugänglich sind. Die beiden achten stets darauf, dass sie Leute aus dem Dorf oder Umgebung, die kein eigenes Farmland besitzen und auf andere Einnahmemöglichkeiten angewiesen sind, zu sich ins Boot zu holen. Auch Migranten aus Myanmar geben sie gerne eine Chance, Geld zu verdienen. Häufig sind diese aus der Militärdiktatur geflohen und werden in Thailand geduldet. Es fehlt ihnen jedoch an Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Selbstverständlich für Avou und Jürgen ist, für die jeweilige Arbeit angemessene Löhne zu zahlen. Diese sind stets doppelt so hoch, wie in der Gegend üblich. Zudem pflegen beide ein freundschaftliches Verhältnis zu ihren Angestellten, so dass es auch schon mal gemütlicher zugehen kann und die Leute abends ins Haus zum Essen und Trinken eingeladen werden. Auch mit neuer Kleidung und Spielzeug aus Deutschland für die Kinder macht man den Arbeitern eine Freude.

 

Die Philosophie von Avou und Jürgen Wittmann Avou und Jürgen arbeiten direkt, ohne weitere Zwischenhändler, mit den HilltribeDörfern und deren Farmer zusammen und sehen es somit als selbstverständlich an, faire Preise für deren Ernten zu zahlen. Den bestimmen die Farmer ohne jegliche Vorgabe und sie sind deutlich über den Beträgen, die zum Beispiel die Fair Trade-Initiative zahlt. „Wir bezahlen die Kooperativen wie gewünscht stets in der Landeswährung Baht und nicht etwa in Dollar oder Euro, damit eventuell auftretende negative Kursschwankungen nicht die Erzeuger treffen, sondern allein unser Risiko bleiben. Auch eine Vorfinanzierung der jeweiligen Ernten stellen wir den Mitgliedern unserer Kaffeepartner zur Verfügung, ohne diese in irgend einer Form zu verzinsen“, so Jürgen Wittmann. Aufgrund dieser Tatsachen und der generell sehr aktiven Vorgehensweise bei allen Schritten können sich Avou und Jürgen das sogenannte „Direct Trade“-Abzeichen auf die Brust malen und praktizieren diese offene Einstellung  auch gerne mit ihren Kunden. Zudem legen sie neben den Tätigkeiten auch gerne die Preisbildung zu den einzelnen Kaffees offen. „Wir sind der Meinung, dass die bestmöglichste Qualität unabhängig von offiziellen Labels, welche in der Masse der Bevölkerung bekannt sind und deren Zertifizierung oft nur was mit Prestige auf dem Papier zu tun hat, am besten durch direkte und offene Zusammenarbeit, angefangen bei den Farmern bis hin zu den Konsumenten, entstehen kann“, sagt Wittmann weiter.

 

Dadurch, dass beide neben Deutschland den Großteil ihrer Zeit in der Bergwelt Nordthailands zu Hause sind, können sie jeder Zeit bei allen HilltribeDörfer sein und eng mit den Farmer zusammen arbeiten. Vor allem in der Kaffee-Erntezeit von November bis März sind sie stets vor Ort, begleiten die Familien bei allen Arbeiten von Anfang bis zum Ende der Kaffeesaison.  Von der Abfüllung in die Säcke, deren Transporte, der Abwicklung aller Importdokumente und bis zur gesamten Logistik. Bei Entscheidung gewisser Dinge unterstützen sie die Partner auch bei der Umsetzung, sowohl finanziell, als auch bei der praktischen Arbeit (Training für alle Farmer, Bau von Trockentischen, Herstellung und Bereitstellung von organischen Dünger). „Wir pflegen einen sehr engen Kontakt zu allen Beteiligten und haben mit sehr viel Zeit und Geduld und finanziellen Invest das nötige Netzwerk aufgebaut, um die hochwertigen Kaffees und Tees von den Bergen Thailands auch nach Deutschland zu bringen. Wir streben dadurch langfristige Partnerschaften mit unseren Abnehmern an, was ebenso die Bergdörfer weiter motiviert, auch zukünftig beste Qualität zu produzieren.“ Beide motiviert es, zu erleben, wie Stück für Stück ihre wunderbaren Produkte entstehen, sei es auf den eigenen Plantagen oder in anderen Dörfern, und diese ohne Zwischenhändler, direkt über oder besser gesagt mit ihnen den Weg in die Läden und Haushalte Deutschlands finden. Zudem ist es eine generelle Lebenseinstellung, ärmeren und benachteiligten Menschen sinnvoll zu helfen. „Wir möchten hierzu ebenso unser Kaffee- und Tee-Unternehmen nutzen und geben gerne einen Teil unserer Einnahmen in Form von Sozialprojekten, welche wir persönlich umsetzen und dokumentieren, ab.“

 

Sozialprojekte

Aufgrund der generellen Einstellung, und das Avou und Jürgen nicht zuletzt mehr oder weniger täglich bei den Hilltribes in den Bergregionen Nordthailands zum Teil große Armut, bzw. Missstände sehen mussten, möchten sie das Unternehmen „MYSTIC HILLTRIBE Thailand“ nutzen und einen Teil ihrer Erlöse auch wieder an die beeindruckenden Bergvölker zurück geben. Dies werden sie nicht einfach in Form von finanziellen Mitteln machen, bei denen es schwer zu verfolgen ist, wofür sie eingesetzt werden, sondern versuchen nach und nach, je nach Möglichkeiten eigenständig Projekte umzusetzen und diese auch transparent zu dokumentieren.

 

Sie haben hierzu viele Ideen, die sie auch stets mit den Dorfbewohner besprechen. Nicht zuletzt hat Avou durch ihre berufliche Vergangenheit viel Erfahrung bei der Aufbauhilfe von ärmeren Regionen gesammelt und kann diese nun auf anderem Wege wieder anwenden.

 

Ein Auszug der Ideen die Avou und Jürgen je nach finanziellen Möglichkeiten umsetzen werden: Start von „MYSTIC HILLTRIBE“ – Mitte 2014 / Umsetzung erster Projekte - erstes Quartal 2015

 

1. Regelmäßige Bereitstellung von medizinisch notwendigsten Arzneimittel, Kleidung, Decken für die kalte Jahreszeit für gewisse Dörfer.

2. Regelmäßige Beauftragung eines lokalen Arztes, um in sehr abgelegenen Bergdörfer ohne Anschluss zur Außenwelt, oft Migranten aus Myanmar ohne jegliche Rechte in Thailand, vor Ort den Dorfbewohnern eine gewisse medizinische Selbstversorgung, Ersthilfe, Umgang mit Neugeborenen, usw. zu vermitteln.

3. Bereitstellung von sinnvollen Lehrmittel und Hilfestellung bei behördlichen Angelegenheiten, sowie die Förderung des Wissensausbau, um neue Wege gehen zu können.

4. Auf-, und Ausbau der Trinkwasserversorgung bestimmter Dörfer.

5. Aufbau und Begleitung abgelegener Dörfer in Bezug auf die Kaffeekultivierung, Aufbereitungen bis hin zum Abkauf der Ernten zu fairen Preise.

 

Wir, die KAFFANERO GmbH werden diese Sozielprojekte unterstützen und eng mit Avou und Jürgen Wittmann zusammenarbeiten. Ein erster Schritt dazu, war der Besuch der Beiden mit ihrem Sohn dieses Jahr im August in unserer Rösterei.