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Ulrich Finger: Alle denken, sie müssten immer mitreden.

Geschäftsführer Ulrich Finger bringt mit Struktur und Effizienz Schwung und Ordnung in die Messe Dresden.

 

Messen sind per se laut, hektisch und voll. Wie muss ein Messechef sein? Leise, strukturiert und effizient?

Finger: Ich versuche es. Ich habe gelernt, effizient zu sein – egal ob Dienstberatungen oder Aufsichtsratssitzungen. Ich gebe mir viel Mühe, doch manchmal lässt sich Hektik nicht vermeiden. 

 

Wie schaffen Sie das bei Messe-Events und den Vorbereitungen?

Finger: Das Entscheidende ist, zu delegieren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Man darf sich nicht wiederholen und mit Nebensächlichkeiten aufhalten. Wir sind immerhin auf Arbeit, um effektiv zu sein. Da sollte ich als Geschäftsführer mit gutem Beispiel vorangehen.

 

Sind Sie trotzdem entspannt?
Finger:
Ja. Ich bin der Geschäftsführer und gehe davon aus, das Sagen zu haben. Am Anfang habe ich von der Erfahrung der Leute profitiert, aber nach zehn Jahren weiß man wie es geht. Also kann ich entspannter sein. Das Problem ist, dass alle immer denken, sie müssten mitreden. Das lässt sich aber nicht immer durchhalten.

 

Irgendwann ist mal Schluss?
Finger:
Irgendwann ist mal Schluss, genau.

 

Steht Ihr Wort über den Anderen?
Finger:
Nein auf keinen Fall. Es ist schon eine Diskussion notwendig, aber es gibt immer unterschiedliche Meinungen. Am Ende muss Jemand entscheiden.

 

Sie wirken sehr gutherzig. Stimmt das?
Finger:
Absolut. Ich bin schon etwas harmoniesüchtig und versuche Kontroverses zu vermeiden. Aber ich kann Streit und Stress auch aushalten. Beginnend mit der Ansiedlung von Siemens im Jahr 1994 hat sich das bis heute über viele Stationen erhalten.

 

Sehen Sie als gebürtiger Dresdner immer noch Unterschiede zwischen Osten und Westen?
Finger:
Nicht in der Akzeptanz, aber in der Entscheidungsfähigkeit. Ich habe zum Beispiel viel mit Ingenieuren zusammengearbeitet. In der Technik braucht man am Ende Ergebnisse. Man kann nicht lange drüber reden, ob man eine Achter- oder eine Neunerschraube nimmt.

 

Wie schaffen Sie es, die Interessen Ihrer Mitarbeiter, Kunden und die der Stadt zu koordinieren?
Finger:
Da ich aus der Stadtverwaltung komme und dort 14 Jahre gearbeitet habe, kenne ich viele Leute bis zum Oberbürgermeister persönlich. Das hilft sehr, die Denkweisen der verschiedenen Akteure zu verstehen.

 

Gibt es trotzdem manchmal Probleme zwischen Ihnen?
Finger:
Eigentlich nicht wirklich, man muss einfach mit den Leuten reden. Ich habe den Zugang zu den jeweiligen Verantwortungsträgern und suche immer das Gespräch. Wenn ich etwas vorhabe, stelle ich den Verantwortlichen im Frühstadium meinen Plan vor. So kann man besser aufeinander eingehen und die Wünsche beider Seiten werden respektiert.

 

Das klingt ja ein bisschen wie eine Kramp-Karrenbauer.

Finger: Ich hoffe nicht.

 

Sind Sie eher so Merz-Typ?

Finger: Ich denke ja.

 

Planen Sie langfristig?
Finger:
Nicht wirklich. Unser Geschäft ist ziemlich kurzfristig. Natürlich gibt es ein paar Konstanten – Messen, andere wiederkehrende Veranstaltungen oder Kongresse die lange Vorlaufzeiten haben. Ich kann jedoch jetzt noch nicht genau sagen, was nächstes Jahr im Juni sein wird.

 

Haben Sie trotzdem eine Vision?
Finger:
Meine Vision war mal, die Messe schuldenfrei und ohne städtischen Zuschuss zu übergeben. Heute stehen wir kurz davor. Wir selber schreiben ja im operativen Geschäft eine operative Null. Das will und muss man erhalten. Ansonsten schöpfen wir unser Potenzial bei Tagungen und Kongressen noch nicht aus, daran gilt es besonders zu arbeiten.

 

Sie sagten gerade übergeben...Suchen Sie eine neue Vision oder einen Nachfolger?

Finger: Ich bin 64 Jahre alt und hoffe, ein bisschen länger bleiben zu dürfen. Doch irgendwann ist auch mal Schluss.

 

Und dann?
Finger:
Ich habe so viele Dinge im Kopf, die ich machen möchte. Als gebürtiger Dresdner liebe ich diese Stadt mit Kunst, Kultur und Landschaft... außerdem male gern.

 

Was malen Sie denn?
Finger:
Querbeet. Eine Zeit lang sahen die Ergebnisse eher aus wie bei Jackson Pollock. Seit einiger Zeit habe ich mich in der Dresdner Malschule angemeldet, das verbessert die handwerklichen Fertigkeiten enorm.

 

Kunst polarisiert. Wie reagieren Sie auf Kritik in Ihrem Hobby und in Ihrem Beruf?
Finger:
Man sollte immer aufpassen, dass man bei Kritik nicht ironisch wird. Wenn wir als MESSE Beschwerden bekommen, schreiben wir in einer hoffentlich souveränen, ruhigen Art eine Antwort oder suchen das direkte Gespräch. Wenn diese Lösung nicht funktioniert, muss man sich auch mal auseinanderdividieren und Schluss. 

 

Suchen Sie Kompromisse in solchen Situationen?
Finger:
Ja, als der z.B. der Künstlerbund ein Exklusivrecht haben wollte, haben wir das abgelehnt und stattdessen in unserer neuen Kunstmesse NEUE ArT eine halbe Halle angeboten. Das wollten sie nicht und sind nicht gekommen. Solche Dinge sind normal in unserem Geschäft.

 

Wie schaffen Sie es, damit umzugehen?
Finger:
Ruhig bleiben! Man versucht, den anderen zu überzeugen und seinen Standpunkt zu verdeutlichen. Man muss aber nicht von allen geliebt werden. Wenn es nicht geht, geht es nicht.

 

Was ist Ihr Rat in Bezug auf die Arbeit und das Leben?
Finger:
Ein grundlegender Punkt ist immer, die andere Seite zu sehen. Das heißt, auch in einem Streitfall oder in einer Diskussion sollte man versuchen, sich in die andere Seite hineinzuversetzen. Zuerst ein bisschen Abstand nehmen und versuchen, dir Beweggründe des Gegenüber zu verstehen. Und was das Leben angeht - Leben und leben lassen.

 

Was haben Sie vom Leben gelernt?
Finger:
Dass es kein besseres gibt. Ich bin unendlich dankbar und auch demütig. Genauso glücklich bin ich über die Wende. Ich konnte beide Seiten erleben und habe das zu schätzen gelernt. Trotz allen Unzulänglichkeiten, sollten wir uns bewusst werden, wie gut wir es haben.